Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Kein Platz für Vorurteile“
Körperbehinderten Zentrum Oberschwaben feiert 50-jähriges Bestehen in einem Festakt
WEINGARTEN - „Vor 50 Jahren gab es für mich keine Schule. Und auch das Amt fühlte sich nicht zuständig“, berichtet Beatrix Lakus im prall gefüllten Saal des Laurentius-Speisehauses in Weingarten. Sie ist körperlich behindert und sitzt im Rollstuhl. Für Menschen wie sie, Menschen mit besonderen Herausforderungen, gibt es seit nunmehr einem halben Jahrhundert das KörperbehindertenZentrum Oberschwaben (KBZO). Am Freitag hat die Stiftung zu einem Festakt geladen, um genau das zu feiern.
Lakus ist von Beginn an mit dabei, eine echte „Alt-KBZOlerin“. 1968 gab es Begriffe wie „Inklusion“oder „Barrierefreiheit“noch nicht. Als in diesem Jahr Eltern den Verein „Hilfe für das körperbehinderte Kind e. V.“gründeten, mussten sie noch improvisieren: Im Wohnzimmer der Familie Koch in der Bischof-Ketteler-Straße in Ravensburg wurden die ersten Kinder mit Behinderung betreut.
Feste Institution in Weingarten
Für Beatrix Lakus ist der Gründungsmoment des KBZO zugleich der schönste Augenblick, den sie mit der Stiftung verbindet. Denn ohne diese Möglichkeit hätte sie in der Region nicht zur Schule gehen können. „Dann hätte ich nach Heidelberg müssen oder sonst wohin. Weg von meinen Geschwistern.“
Zu dem Festakt in Weingarten waren zahlreiche Freunde der Stiftung erschienen, auch aus der Politik. Oberbürgermeister Markus Ewald lobte die vielfältigen Projekte des KBZO und sprach sich für die Gleichheit untereinander aus. Das Ziel, so Ewald, müsse eine Gesellschaft sein, in der jeder das Recht habe, menschenwürdig zu leben.
Manfred Lucha, Minister für Soziales und Integration in BadenWürttemberg, hat einen ganz persönlichen Bezug zu dem Thema: Er ist gelernter Krankenpfleger und betont: „Für Vorurteile gibt es keinen Platz.“Dank des KBZO, so Lucha weiter, gehören Menschen mit Behinderung fest zum Alltag in Weingarten und der Region.
Menschen mit „KBZO-Gen“
Auch Beatrix Lakus ist froh über die Verbesserungen, die das KBZO bringt. „Es soll ja nicht jeder so kämpfen müssen wie wir“, erklärt sie. Sie selbst half dabei in ihrem Leben tatkräftig mit: 26 Jahre lang arbeitete Lakus in den Werkstätten der Stiftung. Wie so viele Mitarbeiter, die mit Herzblut dabei sind, habe auch sie das „KBZO-Gen“.
Zwischen Festreden und Gesprächsrunden gestalteten Kinder und Jugendliche der KBZO-Schulen das Festprogramm. Mit Zirkus, Akrobatik und Tänzen unterhielten sie die Menge. Die KBZO-Schüler Julien und Marvin trugen außerdem einen Poetry-Slam vor. Das moderne Dichten hätten sie in einem Workshop in der Schule gelernt, erzählt Marvin. Mittlerweile schreibe er auch in seiner Freizeit Texte und verarbeite so Themen, die ihn persönlich bewegen.
Am Ende des Fests sang ein großer Chor aus Schülern und Mitarbeitern „We are the world“. „Wir sind die Welt“– das könnte auch ein Motto des KBZO sein.
Für Beatrix Lakus markiert der 50. Geburtstag der Stiftung zugleich ein Ende. Sie ist 58 Jahre alt und wolle in Rente gehen. Doch ein Teil der KBZO-Familie bleibe sie natürlich weiterhin. Zu dem runden Jubiläum wünsche sie sich und ihren Kollegen vor allem eines: gute Gesundheit.