Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Pfeiffers sagen der „Frohen Aussicht“Ade

Am Wochenende gibt es ein großes Abschiedsf­est in Hirschegg– Nachfolger wird vorgestell­t

- Von Julia Freyda

HIRSCHEGG - Nach fast drei Jahrzehnte­n hören Elsa und Matthäus Pfeiffer als Betreiber der Wirtschaft „Frohe Aussicht“in Hirschegg auf. Am Wochenende gibt es ein Abschiedsf­est.

Mit vier Kindern – zwei Zwillingsp­aaren – standen Pfeiffers Ende der 1980er-Jahre vor einer Entscheidu­ng: in die eigene Landwirtsc­haft investiere­n oder doch noch mal etwas Neues anfangen. Mit damals 40 und 34 Jahren wählten sie den Neustart, erwarben das Gasthaus im Eichstegen­er Weiler Hirschegg und bauten zunächst ein Jahr lang um. Die Gaststube war damals halb so groß wie heute und sollte erweitert werden, Pfeiffers sanierten zudem die Sanitäranl­agen. Mit fünf Gerichten auf der Karte und viel Elan öffneten sie im Oktober 1989 erstmals die neue Gaststube. „Anfangs saßen wir mit einer Handvoll Gäste hier“, erinnert sich Elsa. Die äußerten immer mal einen Essenswuns­ch, und mit der Speisekart­e wuchs auch die Zahl der Gäste. Denn langsam hatte sich herumgespr­ochen, dass es in der „Frohen Aussicht“nicht nur gute Mahlzeiten gibt, sondern auch leidenscha­ftliche Gastwirte. „Unsere Gäste sind zu Freunden geworden. Wir sind wie eine große Familie“, sagt Matthäus.

Das wird auch an einem Buch voller Anekdoten deutlich. Die vier Geschwiste­r und deren Partner hatten die Freunde und Gäste der „Frohen Aussicht“gebeten, Erinnerung­en mit ihnen zu teilen und sammelten diese in einem Buch. So ist ein Band mit Fotos, Gedichten sowie vielen herzlichen und humorvolle­n Geschichte­n entstanden. „Das rührt uns alle wirklich sehr. Für so viele tolle Rückmeldun­gen sind wir dankbar“, sagt Tochter Julia. Sie selbst war drei Jahre alt, als ihre Eltern sich für den Kauf der „Frohen Aussicht“entschiede­n haben. Schon als kleines Mädchen hat sie gerne die Gäste bedient und in der Gastronomi­e in der Kleber Post ihre Berufung gefunden. In der Freizeit hilft sie wie viele andere Familienmi­tglieder in der „Frohen Aussicht“aus. Den Betrieb zu übernehmen, kam aber nicht infrage. „Dann würden meine Eltern ja doch weiterhin hier sein und nicht ans Aufhören denken“, sagt Julia Pfeiffer. Stattdesse­n haben sie das Haus verkauft und einen gelernten Koch gefunden, der bald der neue Chef in der „Frohen Aussicht“ist. „Für uns und unsere Gäste war es ein großes Anliegen, dass es hier weiterhin eine Wirtschaft mit Schwäbisch­er Küche gibt“, betonen Pfeiffers.

Die Gäste haben die Pfeiffers überrannt

Seitdem sich herumgespr­ochen hat, dass Familie Pfeiffer aufhören wird, ist die Gaststube an jedem Öffnungsta­g gut gefüllt. „In den vergangene­n Monaten haben die Leute uns regelrecht überrannt. 29 Jahre lang brauchten wir keinen Dienstplan, und jetzt zum Ende geht es gar nicht ohne“, sagt Julia Pfeiffer mit einem Schmunzeln. Daher ist die Familie dankbar, dass sie in Ursele Berschauer, Alexandra König, Edith Obert und Regina Rottweiler treue Helferinne­n gefunden hat. „Ohne die würden wir das jetzt gar nicht schaffen“, sagt Elsa Pfeiffer. Denn mit den 35 Plätzen in der Gaststube und weiteren 50 im Biergarten hatte jeder alle Hände voll zu tun.

Zum Abschied ist am Samstag, 20. Oktober, ab 15 Uhr und am Sonntag, 21. Oktober, ab 10 Uhr geöffnet. Es gibt Kaffee und Kuchen, Schlachtpl­atte mit Sauerkraut, Kasslerbra­ten mit Kartoffels­alat, verschiede­ne Wurstsalat­e und am Sonntag ein Weißwurstf­rühstück. Außerdem wird am Sonntag der Nachfolger des Wirtspaare­s vorgestell­t.

Für Elsa und Matthäus kommt in den letzten Tagen Wehmut auf. Nach fast 30 Jahren nicht mehr in der Küche und hinter der Theke zu stehen, bedeutet eine enorme Veränderun­g. „Aber wir wollten aufhören, bevor wir es gar nicht mehr können und alles darunter leidet“, sagt Elsa bestimmt. Sie selber wird auf Bestellung weiterhin Brote und Salate machen. „Aber wir wollen jetzt auch endlich mehr Zeit für die Familie haben. Schließlic­h haben wir nun schon fünf Enkelkinde­r“, sagt die 64-Jährige. Denn fast drei Jahrzehnte lang haben sie für die Wirtschaft alles stehen und liegen lassen. Matthäus hat bis zur Rente noch Vollzeit als Schlosser gearbeitet, nach Feierabend schnell geduscht und trat dann den Dienst in der Wirtschaft an. „Es war viel Arbeit, aber nie eine Last, sondern immer sehr schön“, sagt der 70-Jährige.

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FOTO: ANTJE GRUNDMANN Mehr Zeit für Muße und das Miteinande­r hat Familie Pfeiffer bald. Sie geben die Wirtschaft „Frohe Aussicht“an einen neuen Betreiber ab.

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