Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Umleitung: Schleichwege durch Untereschach und Oberzell stark befahren
Autofahrer meiden Baustellenumfahrung und düsen stattdessen durchs Wohngebiet – Anwohner werden beschimpft
RAVENSBURG - Eine Baustelle im Süden Ravensburgs Richtung Tettnang verleitet zur Zeit viele Autofahrer dazu, auf Schleichwege auszuweichen. Einer davon ist die Furter Straße in Untereschach. Dort gehen die Anwohner auf die Barrikaden, fühlen sich aber auch von Stadt und Polizei im Stich gelassen. Die Familien hoffen demnach nur auf das Ende der Baustelle am Freitag. Die Veränderung der Verkehrsströme im Süden durch das neu eröffnete B-30Teilstück belastet langfristig vermutlich auch die Ortschaft Oberzell.
80 Autos haben Lidija und Hubert Czernin innerhalb einer halben Stunde vor ihrer Haustüre in der ruhigen Wohnstraße in Untereschach gezählt. „Seit die Baustelle Richtung Tettnang besteht, haben wir ein starkes Verkehrsaufkommen. Vor allem fahren die Autos viel zu schnell. Wenn wir darauf hinweisen, dass es eine Spielstraße oder eine Anliegerstraße sei, werden wir meistens beschimpft“, schildert das Paar, das sich im Namen mehrerer Anwohner der Furter Straße an die „Schwäbische Zeitung“gewandt hat.
Wer zur Zeit Richtung Tettnang fahren will, wird über Meckenbeuren umgeleitet. Zwischen Obereschach und Liebenau ist die Bundesstraße 467 gesperrt. Grund ist der Anschluss dieser bestehenden Bundesstraße an das neue B-30-Teilstück. Aus Richtung Tettnang kommend, ist die Strecke nach einer zehntägigen Vollsperrung seit Montagnachmittag wieder frei. In Richtung Tettnang bleibt sie bis mindestens Freitag gesperrt.
Im Berufsverkehr nicht mehr vor dir Tür
Die Beschilderung der Umleitung ist nach Angaben der Stadt nicht zu bemängeln. Doch viele Autofahrer suchen sich offenbar ihre eigene Umleitungsstrecke. „Ortskundige probieren’s halt, suchen sich Schlupflöcher“, sagt Stadtsprecher Alfred Oswald. Die Anwohner leiden darunter: „Die Straße nach Furt ist sehr schmal, manchmal kommen die Fahrzeuge nicht aneinander vorbei, dann fahren diese auf Privatgrundstücke, um auszuweichen.“Es gebe keinen Gehweg. „Jeden Tag hoffen wir, dass keine Menschen zu Schaden kommen.“Ein anderer Anwohner erzählt, morgens im Berufsverkehr könne er nicht mehr wie gewohnt mit dem Hund vor die Tür gehen. Das wäre für ihn nahezu lebensgefährlich, meint er. Familie Czernin berichtet, man habe sich an die Ortschaftsverwaltung gewandt, auch die Polizei sei informiert. „Trotzdem haben wir das Gefühl, dass keiner zuständig ist. Als Einziges wurde ein Anliegerschild aufgestellt.“Das werde aber schlichtweg ignoriert.
Die Stadtverwaltung hat nach Angaben des Stadtsprechers das Problem, dass sie fließenden Verkehr nicht kontrollieren darf, lediglich die Geschwindigkeit dürfe gemessen werden. Für Verkehrskontrollen sei die Polizei zuständig. Auch dort ist die Problematik in der Furter Straße bekannt. Ein Polizeisprecher teilte mit, seine Kollegen hätten dort schon Autos angehalten, mit den Fahrern gesprochen und sie umdrehen lassen. Außerdem habe die Polizei die Möglichkeit, 20 Euro Bußgeld zu verhängen, wenn ein Ortsfremder in eine Anliegerstraße fahre. Auch in den verbleibenden drei Tagen der Sperrung werden demnach in der Furter Straße Verkehrskontrollen stattfinden.
Auch im nahe gelegenen Oberzell hatte man mit viel Schleichverkehr während der Sperrung der B 467 gerechnet, wie Ortsvorsteher Vinzenz Höss sagt. Doch eine Baustelle im eigenen Ort schrecke so manchen Autofahrer ab, diese Ausweichstrecke zu wählen. Für ein Jahr rechnet Höss aber durch die Neuordnung der Verkehrsströme im Ravensburger Süden mit Mehrverkehr in Oberzell. Grund dafür sei die Eröffnung des B-30-Teilstücks, dessen Fortführung aber voraussichtlich erst Ende 2019 fertig werde.
Bis dahin werde nach seiner Einschätzung wohl mehr Verkehr durch die Ortschaft fließen. Vom Regierungspräsidium Tübingen werde hingegen prognostiziert, dass es keinen Mehrverkehr gebe. Um Zahlenmaterial zu haben, sei die Zahl der Fahrzeuge in Oberzell vor der Eröffnung des B-30-Teilstücks gemessen worden und werde in ein bis zwei Wochen erneut gemessen. Gegen Durchgangsverkehr könne man allerdings nicht viel machen – höchstens einen Blitzer aufstellen, um so wenigstens auf die Einhaltung der Geschwindigkeit zu drängen.