Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Musiknacht trotzt dem trüben Wetter
Tolle Stimmung in den Weingartener Lokalen – 830 Karten sind verkauft worden
WEINGARTEN - „In Weingarten siedet bis kocht die Stimmung“– so haben sich die Veranstalter die Atmosphäre vorgestellt, auf der Weingartener Musiknacht am vergangenen Samstag. In acht Lokalen spielten acht Bands, verkauft wurden laut Veranstalter „mutmachende“830 Tickets. Häufigstes Accessoire der Musikfans war leider einmal mehr der Regenschirm, denn wieder war einer Weingartener Veranstaltung kein Wetterglück beschieden. Aber Spaß gemacht hat’s trotzdem.
Ungefähr so feucht wie draußen ist es auch im Café Museum. Die Fensterscheiben sind beschlagen. Die Luft im Café steht. So wie die Menge, die es nicht auf den Stühlen hält, bei den krassen Sounds, die „Thunderbells“durch die Hütte jagen: Extrem dicht am Original der australischen Kult-Rocker hauen die Jungs um Frontmann Brian D. Raven unablässig einen AC/DC Klassiker nach dem anderen raus. Und gehen so auf in ihrem Musikerjob mit harten Headbanger-Einlagen, dass Leadgitarrist Thomas sich schon bald seines T-Shirts entledigen muss und selbst zur Zugaben-Runde kein neues mehr überwirft. „Going down, party time – my friends are gonna be there too“– und die rappelvolle Hütte grölt die Refrains mit, feiert die Rocker, bis die Fans keinen trockenen Faden mehr am Leib haben.
Weitaus gesitteter geht es im ebenso gut besuchten Acapulco zu: Hier spielt das „Jazzensteiner Rockensemble“mit einem grandios fingerfertigen Vibraphonisten eine ganz beschwingt-bunte Mischung aus Blues, Jazz und Rock für ein ebenso buntes Publikum. „Das Wetter ist beschissen genug – wir spielen „Summertime“, verkündet der behütete Bandleader am Elektropiano und nicht nur die Pärchen wiegen sich zu diesem wohl meist gecoverten Evergreen. Auch im kleinen Altstadtstüble – der Location von Organisator Thomas Kubitza – steppt der Bär zu den Acoustic Party Hits seines Orga-Partners Martin Klinger, der mit Musikerkollege Buron aus Andreas Gabaliers Mitgröhl-Hit „Hulapalu“eine sexy Adaption macht. „Fuck Donald Trump“-Zeile inklusive. Und wer glaubt, man könne im Altstadtstüble nicht stage-diven, der hat Klinger noch nicht von der Eckbank hüpfen sehen. So begeistert sind die vielleicht 30 Fans, dass sie nicht einmal eine Pause durchgehen lassen wollen.
Die etwas karge Räumlichkeit im „Ochsen“schreckt weder die fünf Musiker von „Score“mit ihrer powerstimmen-Frontfrau noch die zwei Dutzend Fans der GotthardCoverband: Hier gibt’s amtlich was auf die Ohren und die Stimmung stimmt. Ebenso wie im Puppenstuben Ambiente des Betze-Stübles, wo „Black & Blond“für das kleine, volle Haus Acoustic Hits spielen. Im „Rössle“heizen „Cris Cosmo“und sein Drummer der vorwiegend weiblichen Fanbase mit tanzbarem Deutschreggae ordentlich ein. Im „Schinderhannes“gehen mindestens ebenso viele Tassen heißer Schokolade wie Weizenbiere über den Tresen, während der JürgenDrews-look-a-like-Frontmann Uli Maier mit seinen beiden Mannen von „Magic Buzz“Partyhit um Partyhit aus den 60ern, 70ern und 80ern abliefern.
Gähnende Leere ab 22 Uhr
Abliefern wollen auch „Scratch-NSniff“. Handrix und Stevie Ray Vaughn Songs haben die drei netten Jungs aus dem Südschwarzwald im Gepäck. Nur leider herrscht gegen 22 Uhr gähnende Leere in der Linde. Das hält die Thekenmannschaft nicht davon ab, Spaß zu haben und auch Wirtin Anja Sänger gibt sich zuversichtlich: „Wir sind halt weit ab vom Schuss. Aber die Leute kommen eher zu Ende der Musiknacht zu uns. Das wird schon noch voll.“ Solange wird eben backstage mit den Musikern geraucht, eine überbackenen Seele gemümmelt und über Eichhörnchen, ihre Nüsse-Vorlieben, über leichte Geburten und Luftbetten geschnabelt.
Und als um kurz vor Mitternacht im Café Museum der Leadsänger ein letztes Mal ein „Ihr ward geil!“ins Mikro röhrt und die entfesselte, feucht getanzte Hartrock-Meute in die Nacht entlässt, da machen sich hoffentlich mindestens die Hälfte noch auf in die „Linde“, ans andere Ende der Musiknacht-Meile. Dort wird nämlich traditionell mindestens bis ein Uhr morgens Musik gemacht. Wiegen und küssen: Musiknachtfans trotzten dem miesen Wetter.