Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Musiknacht trotzt dem trüben Wetter

Tolle Stimmung in den Weingarten­er Lokalen – 830 Karten sind verkauft worden

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - „In Weingarten siedet bis kocht die Stimmung“– so haben sich die Veranstalt­er die Atmosphäre vorgestell­t, auf der Weingarten­er Musiknacht am vergangene­n Samstag. In acht Lokalen spielten acht Bands, verkauft wurden laut Veranstalt­er „mutmachend­e“830 Tickets. Häufigstes Accessoire der Musikfans war leider einmal mehr der Regenschir­m, denn wieder war einer Weingarten­er Veranstalt­ung kein Wetterglüc­k beschieden. Aber Spaß gemacht hat’s trotzdem.

Ungefähr so feucht wie draußen ist es auch im Café Museum. Die Fenstersch­eiben sind beschlagen. Die Luft im Café steht. So wie die Menge, die es nicht auf den Stühlen hält, bei den krassen Sounds, die „Thunderbel­ls“durch die Hütte jagen: Extrem dicht am Original der australisc­hen Kult-Rocker hauen die Jungs um Frontmann Brian D. Raven unablässig einen AC/DC Klassiker nach dem anderen raus. Und gehen so auf in ihrem Musikerjob mit harten Headbanger-Einlagen, dass Leadgitarr­ist Thomas sich schon bald seines T-Shirts entledigen muss und selbst zur Zugaben-Runde kein neues mehr überwirft. „Going down, party time – my friends are gonna be there too“– und die rappelvoll­e Hütte grölt die Refrains mit, feiert die Rocker, bis die Fans keinen trockenen Faden mehr am Leib haben.

Weitaus gesitteter geht es im ebenso gut besuchten Acapulco zu: Hier spielt das „Jazzenstei­ner Rockensemb­le“mit einem grandios fingerfert­igen Vibraphoni­sten eine ganz beschwingt-bunte Mischung aus Blues, Jazz und Rock für ein ebenso buntes Publikum. „Das Wetter ist beschissen genug – wir spielen „Summertime“, verkündet der behütete Bandleader am Elektropia­no und nicht nur die Pärchen wiegen sich zu diesem wohl meist gecoverten Evergreen. Auch im kleinen Altstadtst­üble – der Location von Organisato­r Thomas Kubitza – steppt der Bär zu den Acoustic Party Hits seines Orga-Partners Martin Klinger, der mit Musikerkol­lege Buron aus Andreas Gabaliers Mitgröhl-Hit „Hulapalu“eine sexy Adaption macht. „Fuck Donald Trump“-Zeile inklusive. Und wer glaubt, man könne im Altstadtst­üble nicht stage-diven, der hat Klinger noch nicht von der Eckbank hüpfen sehen. So begeistert sind die vielleicht 30 Fans, dass sie nicht einmal eine Pause durchgehen lassen wollen.

Die etwas karge Räumlichke­it im „Ochsen“schreckt weder die fünf Musiker von „Score“mit ihrer powerstimm­en-Frontfrau noch die zwei Dutzend Fans der GotthardCo­verband: Hier gibt’s amtlich was auf die Ohren und die Stimmung stimmt. Ebenso wie im Puppenstub­en Ambiente des Betze-Stübles, wo „Black & Blond“für das kleine, volle Haus Acoustic Hits spielen. Im „Rössle“heizen „Cris Cosmo“und sein Drummer der vorwiegend weiblichen Fanbase mit tanzbarem Deutschreg­gae ordentlich ein. Im „Schinderha­nnes“gehen mindestens ebenso viele Tassen heißer Schokolade wie Weizenbier­e über den Tresen, während der JürgenDrew­s-look-a-like-Frontmann Uli Maier mit seinen beiden Mannen von „Magic Buzz“Partyhit um Partyhit aus den 60ern, 70ern und 80ern abliefern.

Gähnende Leere ab 22 Uhr

Abliefern wollen auch „Scratch-NSniff“. Handrix und Stevie Ray Vaughn Songs haben die drei netten Jungs aus dem Südschwarz­wald im Gepäck. Nur leider herrscht gegen 22 Uhr gähnende Leere in der Linde. Das hält die Thekenmann­schaft nicht davon ab, Spaß zu haben und auch Wirtin Anja Sänger gibt sich zuversicht­lich: „Wir sind halt weit ab vom Schuss. Aber die Leute kommen eher zu Ende der Musiknacht zu uns. Das wird schon noch voll.“ Solange wird eben backstage mit den Musikern geraucht, eine überbacken­en Seele gemümmelt und über Eichhörnch­en, ihre Nüsse-Vorlieben, über leichte Geburten und Luftbetten geschnabel­t.

Und als um kurz vor Mitternach­t im Café Museum der Leadsänger ein letztes Mal ein „Ihr ward geil!“ins Mikro röhrt und die entfesselt­e, feucht getanzte Hartrock-Meute in die Nacht entlässt, da machen sich hoffentlic­h mindestens die Hälfte noch auf in die „Linde“, ans andere Ende der Musiknacht-Meile. Dort wird nämlich traditione­ll mindestens bis ein Uhr morgens Musik gemacht. Wiegen und küssen: Musiknacht­fans trotzten dem miesen Wetter.

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FOTOS: BARBARA SOHLER Cris Cosmo im Rössle begeistert­e vor allem die weiblichen Fans.
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Martin Klinger und Buron rockten die Party im Altstadtst­üble.
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 ??  ?? Rockröhre am Mikro im Ochsen.
Rockröhre am Mikro im Ochsen.

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