Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eschersteg im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler
Verein beklagt Geldverschwendung durch unsachgemäße Lagerung des Industriedenkmals
RAVENSBURG (vin) - Blamage für die Stadt Ravensburg: Der Bund der Steuerzahler hat den Eschersteg in sein berühmt-berüchtigtes „Schwarzbuch“aufgenommen. Darin werden einmal jährlich bundesweit Fälle besonders krasser Steuergeldverschwendung angeprangert.
Seit Jahren schwelt in Ravensburg ein Streit darüber, ob der 2005 demontierte stählerne Fußgängerüberweg über die Bahngleise wieder aufgebaut werden soll oder nicht. Das würde ohnehin erst nach dem Abschluss der Elektrifizierung der Südbahn Sinn machen, denn um nicht mit den Stromleitungen in Berührung zu kommen, muss der Steg höher gelegt werden als früher und zudem mit einem Aufprall- und Berührungsschutz versehen werden. Damit nicht genug: Seit es eine Unterführung am Bahnhof gibt, ist der Steg im Grunde überflüssig – die Ravensburger kommen auch ohne ihn sicher auf die andere Seite der Bahngleise.
Steg rostet vor sich hin
Da es sich um ein Industriedenkmal handelt, besteht das Amt für Denkmalpflege allerdings auf der Sanierung. Versuche der Stadt, die seltene Stahlkonstruktion aus der Denkmalliste des Landes streichen zu lassen, scheiterten. Derweil rostet der Steg auf einem abgelegenen Bauhofgelände unter freiem Himmel vor sich hin, was die Sanierungskosten deutlich in die Höhe treibt. Die Kosten wurden ursprünglich mal auf 800 000 Euro geschätzt, mittlerweile ist von mindestens 2 Millionen Euro die Rede. „Bei einem bestehenden Bauwerk wäre die Stadt vielleicht mit mehr Eifer an die dringend notwendige Sanierung herangegangen als bei einem Haufen Stahl, der fernab der Öffentlichkeit auf einem städtischen Betriebshof gelagert ist“, heißt es nun im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. „Hätte die Stadt nicht an der Lagerung gespart, käme sie beim Wiederaufbau deutlich billiger davon“, lautet das Fazit des Bundes der Steuerzahler.
Mit Unverständnis reagiert der Ravensburger Baubürgermeister Dirk Bastin auf die Kritik. „Es fragt sich doch, was für den Steuerzahler der größere Schaden ist. Einen Steg wieder aufzubauen, der ein paar Kilometer weiter in Biberach exakt identisch steht und der keinerlei Funktion hat, seit es die Unterführung gibt, oder der Schaden durch die Lagerung.“Außerdem meint Bastin, dass ein Steg, der fast ein Jahrhundert lang draußen stand, auch weiter unter freiem Himmel lagern könne. „Das Denkmalamt hat nie von uns verlangt, ihn zu überdachen.“Die schweren Schäden seien größtenteils schon vorher entstanden, als der Steg noch der Deutschen Bahn gehörte.
Bislang gebe es keine politische Willensbekundung seitens des Gemeinderates, das Denkmal wieder aufzubauen. Ein entsprechender Vorstoß der Stadtverwaltung im Jahr 2009 führte zu einer Vertagung – bis zum heutigen Tag. Eben auch, weil man zunächst auf die Elektrifizierung der Südbahn warten wollte. Es sei eine „spannende Frage“, wie der Gemeinderat die enormen Kosten für den Wiederaufbau und die Denkmalschutzbelange gegeneinander abwägen werde, so Bastin.