Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Biblische Weinprobe bereitet himmlisches Vergnügen
Bibelverse und Weinverkostung im Haus der Katholischen Kirche
RAVENSBURG - Das Evangelium auf neue Weise mit Kultur in Kontakt zu bringen, ist eines der Anliegen des Ravensburger Pastoralreferenten Michael Schindler. Mit Unterstützung des pensionierten Lehrers Alfons Ehrmann fand er in Weinhändler Wolfgang Tafel den richtigen Mann für sein erstes Experiment: Eine biblische Weinprobe im neuen Haus der Katholischen Kirche in Ravensburg.
Auf 25 Personen wollte das Trio die Teilnehmerzahl begrenzen, bei 40 schloss es die Anmeldeliste. Mit einem solch großen Interesse an der Veranstaltung hatte es nicht gerechnet. Ein bunt gemischtes Publikum fand sich in dennoch gemütlicher Runde an vier langen, gedeckten Tischen im Saal des Hauses ein.
Ein Tropfen vom Fuße des Berges Arafat
Im Mittelpunkt des vergnüglichen Abends stand die kulturgeschichtliche Verbindung von Wein und Bibel, die ein guter Christ nicht nur am Abendmahl festmacht. Wein, Weinberg, Weinstock, Weinrebe sind Begriffe, die in der Bibel häufig vorkommen. Diesen Bibelstellen nachzuspüren war das Anliegen des vor zwei Jahren von Esslingen nach Ravensburg gezogenen Pastoralreferenten. Er meisterte sie gekonnt im Wechsel mit Wolfgang Tafel, der für die Weinverkostung zuständig war. Der präsentierte fünf Weine vom Riesling über Rioja, Chianti und Primitivo bis hin zu einem Karasi Areni Noir vom Fuße des Berges Arafat. „Der gehört ja nun eindeutig zu einer biblischen Weinprobe“, erläuterte Tafel lachend mit Blick auf seinen armenisch-stämmigen Freund, der ihm zu diesem Ausnahme-Wein verholfen hatte.
Während Schindler zwischen der Verkostung Bibelstellen zur Verknüpfung von Wein mit Leben, Freude, Dankbarkeit, mit Liebe und gemeinschaftlichem Feiern zitierte, gab Tafel Auskunft über Rebsorte, Herkunft und Traditionen des Rebschnitts, kurz, alles weintechnisch Wissenswerte. Zwischendurch wurde zum Brot Wildschweinsalami, Schinken und Speck aus der Toskana und Käse aus der Region gereicht.
Schon im Schöpfungspsalm kommt Wein vor
Im Vortrag Schindlers erfuhr das Publikum, dass bereits Im Schöpfungspsalm 104, einem der ältesten Bibeltexte, die Rede ist vom „Wein, der das Herz des Menschen erfreut“. „Was ist das Leben, wenn der Wein fehlt?“, heißt es hier. Allerdings trage er nur „zur rechten Zeit und maßvoll getrunken“zur Heiterkeit der Seele bei. Neben Warnungen vor der Gefahr eines „Zuviel“überwiegen in der Bibel aber die Stellen, in denen der Wein als Symbol für positive menschliche Erfahrungen steht. „Viele dieser Bilder sind uns nüchternen Menschen heute fremd“, sagte Schindler. Er erinnerte nicht nur an die Liebe zu Gott : „Ich bin der Weinstock, Ihr seid die Reben“, sondern zitierte auch aus dem „Hohelied der Liebe“: „…deine Brüste sind wie Trauben“. Weitere Beweise für die erotische biblische Liebe wurden den Zuhörern vorenthalten, da plötzlich die entsprechende Manuskriptseite unauffindbar war. Lautes Gelächter war die Reaktion.
Der Abend, der altes Bibelwissen auffrischte und in neue Zusammenhänge stellte, endete mit den Worten Schindlers: „Danke, dass Sie zu diesem Experiment gekommen sind. Genießen Sie noch den Geschmack des Weines und der Bibel!“