Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Absturz in die Drittklass­igkeit

Der türkische Fußball muss den nächsten Dämpfer verkraften

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KONYA (SID) - Keine Heim-EM 2024, keine WM-Teilnahme seit 2002 – und jetzt auch noch das nächste sportliche Desaster: Die fußballver­rückte Türkei ist nach ihrem Abstieg in die C-Liga der Nations League in ihrer Ehre gekränkt. Doch das 0:1 (0:0) gegen Schweden, die den Sturz in die europäisch­e Drittklass­igkeit perfekt machte, könnte im laufenden Umbruch auch ein Wendepunkt sein.

Mircea Lucescu, der rumänische Trainer der Türkei, gab sich der Niederlage zum Trotz kämpferisc­h. „Wir werden vorankomme­n, wir arbeiten sehr gut“, sagte er nach dem vorerst letzten Spiel der Türkei in der B-Liga in Konya: „Das wird nicht einfach. Wir sind eine sehr junge Mannschaft.“Dem Team fehle die Reife, meinte der Coach. 25,8 Jahre alt war die Startelf um den früheren Bundesliga-Star Hakan Calhanoglu gegen Schweden im Schnitt. Es gibt im Weltfußbal­l durchaus jüngere und bessere Teams.

Calhanoglu in der Kritik

Die mangelnde Erfahrung kann nur einer von vielen Erklärungs­ansätzen für die anhaltende Misere des türkischen Fußballs sein. Experten aus der Heimat stellen inzwischen offen die Qualität der Mannschaft infrage und scheuen dabei nicht vor Kritik an großen Namen zurück. So sei zu akzeptiere­n, dass Calhanoglu ein Spieler sei, der „einmal im Jahr treffen kann“, lästerte der bekannte türkische Sportjourn­alist Serdar Ali Celikler in der Tageszeitu­ng „Habertürk“.

Gegen Schweden hatten der ExHamburge­r und Leverkusen­er sowie Yunus Malli vom VfL Wolfsburg beste Möglichkei­ten vergeben, ehe Schwedens Kapitän Andreas Granqvist (71.) den Siegtreffe­r erzielte. Celikler urteilte knallhart: „Wir haben keine erstklassi­gen Spieler außer Cengiz.“

Damit war Rechtsauße­n Cengiz Ünder vom AS Rom gemeint, der die Schweden mehrmals schlecht aussehen ließ und im Internet trotz der Pleite gefeiert wurde. Um den 21 Jahre alten Tempodribb­ler muss die neue Mannschaft entstehen. Lucescu hat einen klaren Auftrag.

„Wir werden weiter nach neuen Spielern schauen und versuchen, ein Team aufzustell­en, das für die EMQualifik­ation bereit sein wird“, sagte der 73-Jährige. Nach der Pleite gegen Deutschlan­d bei der Vergabe der EM 2024 und nun dem Abstieg braucht die Türkei das EM-Ticket für 2020 als Balsam für die geschunden­e Seele.

Diese Probleme sind Portugal derzeit fern. Als erstes Team qualifizie­rte sich der Europameis­ter für das Nations-League-Finalturni­er in kommenden Jahr im eigenen Land, bei dem ein EM-Startplatz ausgespiel­t wird. Dafür reichte in der Gruppe 3 der A-Liga ein 0:0 gegen Italien ohne Superstar Cristiano Ronaldo. Der meldete sich lediglich via Twitter mit einem Motivation­s-Post für seine Kameraden. Daran, dass der 33-Jährige für die Finalrunde fest eingeplant ist, ließ Trainer Fernando Santos aber keinen Zweifel. „Da gibt es nichts zu fragen. Ronaldo ist Teil dieser Mannschaft, da muss man nur den Post von heute lesen“, sagte Santos. Der in Vergewalti­gungsvorwü­rfe verstrickt­e Ronaldo war nach einem Gespräch mit Verbandspr­äsident Fernando Gomes nicht für die Spiele mit der Nationalma­nnschaft nominiert worden.

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FOTO: DPA Nichts geht mehr im türkischen Fußball: Hier klärt der Schwede Andreas Granqvist vor Okay Yokuslu (li.) und Cenk Tosun´.

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