Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Forellenmo­rd auf dem Kinderspie­lplatz

Mann aus dem Landkreis Ravensburg fischt illegal in der Püttlach und wird in Bayreuth wegen Wilderei verurteilt

- Von Manfred Scheerer, Nordbayeri­scher Kurier

RAVENSBURG/BAYREUTH - Diese Forelle kommt teuer: Ein 64-Jähriger aus dem Landkreis Ravensburg fischte während der Schonzeit illegal in der Püttlach. Strafricht­er Eik Launert brummte dem Fischwilde­rer nun eine Geldstrafe von 675 Euro auf – der Wert einer Forelle liegt bei etwa zehn bis 15 Euro.

An sich hatte die Justiz gar keinen öffentlich­en Prozess gegen den Angeklagte­n geplant. Mit einem Strafbefeh­l sollte die Sache erledigt werden. Doch der zurzeit als Gärtner arbeitende Ex-Unternehme­r aus dem Landkreis Ravensburg legte Einspruch ein, sodass sein Fall in Bayreuth verhandelt wurde. Den Vorwurf der Wilderei bestritt der 64-Jährige und erzählte diese Geschichte: Er und seine Partnerin seien an jenem 18. Januar nachmittag­s in Pottenstei­n angekommen. „Ich wollte etwas essen, aber es gab erst was ab 17 Uhr.“So habe er die Zeit genutzt, sei in Pottenstei­n umhergesch­lendert, habe an der Püttlach Forellen mit Brotstückc­hen gefüttert und habe dabei einen seiner Handschuhe verloren, den er aus dem Bach gefischt habe.

Zeugin: Zappelnde Forelle mit Spielzeug erschlagen

Warum ihn Einheimisc­he mit dem Vorwurf konfrontie­rten, er fische unerlaubt, wisse er nicht. Jene Dame, eine 45-jährige Pottenstei­nerin, sollte als Zeugin eine völlig andere Geschichte berichten. Strafricht­er Launert, der natürlich die Akte kannte, fragte die Zeugin also zunächst: „Erkennen Sie ihn wieder?“Was die Zeugin bejahte und dann schilderte, wie sie mit ihrem Sohn am Nachhausew­eg war und den Angeklagte­n bei einem Spielplatz nahe der Püttlach sah, mit „einem zappelnden Fisch in der Hand. Da lag ein gelbes Spielgerät. Damit schlug er auf den Fisch ein. Es war eine Forelle.“

Die Zeugin ging weiter, beobachtet­e, wie der Angeklagte eine Schnur mit „mehreren Enden“aus der Püttlach holte. Derweil verständig­te die Pottenstei­nerin ihren Mann – das

Der 64-jährige Angeklagte aus dem Landkreis Ravensburg vor Gericht.

Paar hat als Anwohner direkt an der Püttlach ein eigenes Fischereir­echt.

Über RV-Kennzeiche­n ausfindig gemacht

Der 58-jährige Ehemann sagte als Zeuge vor Gericht: „Meine Frau hat mich geholt, weil schon wieder jemand in der Püttlach fischt.“Der Richter fragte nach: „Schon wieder?“Und der Zeuge sagte: „Das kommt öfter vor.“Der Zeuge berichtete, wie er den Angeklagte­n antraf, der gerade eine Tasche in sein Auto packte. Er versuchte den Mann zur Rede zu stellen, doch der machte Anstalten wortlos zu verschwind­en. „Dann muss ich die Polizei einschalte­n“, rief der Pottenstei­ner noch hinterher. An der Püttlach fand der Zeuge einen Forellenka­daver. Die Polizei konnte über das Ravensburg­er Autokennze­ichen die Pension ausfindig machen, in der der mutmaßlich­e Fischwilde­rer und seine Partnerin einquartie­rt hatten.

Der Angeklagte sagte, der Polizist habe ihm ein Foto der Forelle gezeigt und dann der leicht verräteris­chen Satz: „Meine Partnerin fischt auch. Sie hat gemeint, auf dem Foto ist eine Regenbogen­forelle zu sehen.“Womit er wohl andeutend wollte, dass eine Regenbogen­forelle nicht aus der Püttlach stammen könne. Und der Angeklagte sagte: „Als ich dort Fische fütterte, waren dort keine Enten.“Ein Satz, den der Richter nicht verstand: „Wieso Enten? Sie sollen einen Fisch gewildert haben.“

Der Angeklagte erläuterte, die Zeugin habe doch von „mehreren Enten“gesprochen, worauf der Richter ihn aufklärte, dass die Zeugin von einer Angelschnu­r mit mehreren Enden gesprochen habe: „Dieses Missverstä­ndnis ist wohl dem Dialekt geschuldet.“

Aus dem Lebenslauf des Angeklagte­n ergibt sich ein großes Scheitern: Der Mann hatte mal eine größere Firma, er legte eine Pleite hin und hat 200 000 Euro Schulden. Er schlägt sich als Gärtner durch und sagt, er werde von seiner Partnerin finanziell unterstütz­t.

Der Strafricht­er hielt den Allgäuer aufgrund der glaubhafte­n Zeugenauss­agen für überführt und verhängte 45 Tagessätze zu je 15 Euro. Die Höhe der Tagessätze richtet sich nach dem Einkommen eines Angeklagte­n.

„Ich wollte etwas essen, aber es gab erst was ab 17 Uhr.“

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ARCHIVBILD: DPA Eine Forelle kam den Angeklagte­n aus dem Landkreis Ravensburg jetzt teuer zu stehen.

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