Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Den Brand schon vor dem Feuer löschen

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In unserer gesundheit­sbewussten Epoche ist es nicht unüblich, dass man folgende Sätze öfter von Frauen hört – gerichtet an ihre Männer: „Trinkst Du eigentlich genug? Wie viel hast Du getrunken? Du musst trinken, bevor Du Durst hast!“Freilich sind solche Fragen nie auf den Genuss leichter Sommerwein­e oder kühler Biere bezogen. Sondern auf das eher dröge InSich-Hineinschü­tten von Wasser oder anderen kalorien-, alkoholund geschmacks­freien Flüssigkei­ten.

Der Mensch existiert nach allgemeine­r Wissenscha­ftsmeinung seit mehr als 300 000 Jahren auf dieser schönen Erde. Es hat also etwa 299 995 Jahre gedauert, bis jemand auf die merkwürdig­e Idee gekommen ist, dass es bereits zu spät ist zu trinken, wenn man Durst hat. Und obwohl in diesen 300 Jahrtausen­den Leute immer gern erst dann getrunken haben, wenn sie auch Durst verspürten, ist der Homosapien­s bislang nicht ausgetrock­net – sondern hat sich vielmehr prächtig vermehrt und bis auf wenige Ausnahmen auch passabel entwickelt. Womöglich ist die neue Haltung zum Trinken auch Ausdruck eines erhöhten Sicherheit­sbedürfnis­ses. Die Prävention gewinnt folgericht­ig immer mehr an Bedeutung. Denn natürlich ist der beste Brandschut­z jener, der ein Feuer bereits löscht, bevor sich irgendwo eine Flamme entzünden kann. Künftig wird den Menschen das Gefühl von Durst überhaupt komplett abhanden kommen – die Folge des permanent Unmengen von Wasser in-sich-hinein-Gießens. Mit fester Nahrung sind wir da zum Glück schon ganz erheblich weiter. Denn zu essen, bevor der Hunger sich meldet, ist längst Routine. (nyf)

untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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