Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gold und Silber für vorbildliche Gebäudesanierung
Bürgerforum würdigt beim traditionellen Stadtrundgang das Engagement von Investoren
RAVENSBURG - Das Ravensburger Stadtbild habe sich 2018 wegen der enormen Bautätigkeit so rasant verändert wie noch nie in einem solchen Zeitraum, stellte Vorstandsmitglied Dietmar Hawran beim traditionellen Stadtrundgang in der Jahreshauptversammlung des Bürgerforums Altstadt Ravensburg fest. Dabei sprach er ein „Grundproblem“beim Bauen heutzutage an: Die Grundstücke würden so überbaut, dass kaum noch Fläche für Grün übrigbleibe. Hawran appellierte an die Stadtverwaltung, nicht nur auf städtischen Flächen für Grün zu sorgen, sondern auch mit privaten Investoren zu verhandeln, damit sie für grünen Ausgleich der Versiegelung sorgen. Drei Investoren zeichnete das Bürgerforum für vorbildliche Sanierung aus.
Gold erkannte das Gremium, das die diversen Objekte in Augenschein genommen hatte, der Bruderhausdiakonie und ihrem Architekten Andreas Ludwig zu. Was sie aus dem ehemaligen Backsteingebäude in der Holbeinstraße 32 gemacht haben, kann sich sehen lassen. Anfang Februar 2019 soll dort noch ein öffentlich zugängliches Café eröffnet werden. Mit Silber bedachte das Bürgerforum die Stadt Ravensburg für die Sanierung des Lederhauses, Marienplatz 35 – zuständig für das Projekt ist bei der Stadt Dietmar Diehm, Architekt Rainer Ewald. Hawran bezeichnete die Entscheidung als richtig, die Tourist-Info in das Lederhaus hineinzunehmen und somit mitten in der Stadt zu platzieren.
Nur Silber und nicht Gold gab es für die Lederhaus-Sanierung deshalb, weil man bei städtischen Projekten ja nie wisse, ob die veranschlagten Kosten erheblich überschritten werden. Sie sind auf 3,5 Millionen Euro für die Generalsanierung kalkuliert, einen angemessenen Betrag, wurden in der Versammlung Fachleute zitiert.
Noch vor Beginn des Christkindlesmarktes soll das Gerüst am Lederhaus fallen. Keine Auszeichnung erhielt die Stadt für den umgestalteten Bereich bei der Bushaltestelle am Frauentorplatz, obwohl das ganz gut gemacht sei, wie Stadtführer Hawran anerkannte. Aber die hölzernen Sitzflächen auf den Betonkörpern seien entschieden zu kurz ausgefallen, die Sitzmöglichkeiten noch kümmerlicher als an der Bushaltestelle in der Wilhelmstraße. Zur allgemeinen Erheiterung gab Hawran dem anwesenden Baubürgermeister Dirk Bastien ein hölzernes Sitzverlängerungsstück.
Schließlich überreichte er noch einmal Gold, und zwar an Peter Striegel und Architekt Dieter Allgayer für die vorbildliche Sanierung des stattlichen Gebäudes Bachstraße 31 (Café Cambley). Anschaulich schilderte Investor Striegel, wie schwierig und kostspielig es war den Vorgaben der Denkmalpflege zu genügen.
„Kampf verloren“
Bei seinem Rundgang erinnerte Hawran an eine ganze Reihe von Gebäuden, die abgerissen worden sind, obwohl sie seiner Meinung nach erhaltungswürdig waren. „Dem Tode geweiht“, so befürchtete er, sei wohl auch das derzeit noch von der Musikschule genutzte Gebäude, an der Friedhofstraße, das bekanntlich abgerissen werden soll, um einem Hotelneubau im Zusammenhang mit dem Storchen zu weichen. „Da haben wir den Kampf wahrscheinlich verloren“, bedauerte er. Wenn dem aber schon so sei, dann müsse wenigstens ein Architektenwettbewerb für das Hotelprojekt ausgeschrieben werden.
Am Goetheplatz, wo der Bagger beim Abriss von Altbauten inzwischen ganze Arbeit geleistet hat, werden zwar Wohnungen gebaut, aber keine günstigen Mietwohnungen, bedauerte Hawran. Um Letztere zu schaffen, bedürfe es in Ravensburg „dringendst“der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Die Stadt müsse unbedingt selber bauen, forderte er. Das Bündnis gegen Leerstand habe leider keine Resonanz gefunden. Als architektonisch ansprechend stufte er die Neubauten an der Ziegelstraße „Ziegelhöfe“ein.
Was die Kuppelnauschule betrifft, so äußerte er die Hoffnung, dass dort in Sachen Abriss und Neubau oder Sanierung noch nicht das letzte Wort gesprochen sei und brachte ein Bürgerbegehren ins Spiel. Dass die Evangelische Kirchgemeinde auf ihrem Gelände an der Weinbergstraße beim Matthäusgemeindehaus wegen eines Neubauprojektes riesige, gesund wirkende Bäume hat fällen lassen, wollte ihm gar nicht gefallen.
Er schloss nicht aus, dass womöglich auch die stattliche Rotbuche auf dem Grundstück Hindenburgstraße 12, wo das früher von Dr. Weber für seine Praxis genutzte Haus abgerissen werden soll, das gleiche Schicksal ereilt.