Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Europa soll bis 2050 klimaneutral werden
Ehrgeizige Pläne aus Brüssel lösen geteiltes Echo aus – Industrie warnt vor Alleingängen
BRÜSSEL (dpa/KNA) - Zum Ende eines Jahres mit Dürre, Hitze und zahlreichen Umweltkatastrophen hat die Europäische Union am Mittwoch in Brüssel ein ambitioniertes Strategiepapier zur Klimapolitik vorgelegt. Geht es nach der EU-Kommission, soll die Union bis 2050 als erste Volkswirtschaft der Welt klimaneutral werden. Bis dahin möchte Brüssel Energie, Verkehr und Industrie in Europa so umbauen, dass diese das Weltklima nicht mehr belasten. Im Fokus steht eine Abkehr von Öl, Kohle und Gas, weil bei der Verbrennung Kohlendioxid (CO2) freigesetzt wird.
Die zuständigen EU-Kommissare Maros Sefcovic und Miguel Arias Cañete sagten, der Umbau sei machbar, für den Klimaschutz unerlässlich und am Ende auch ein gutes Geschäft. „Wir können es schaffen, und wenn wir Erfolg haben, werden andere folgen“, sagte Arias Cañete fünf Tage vor dem Beginn der Weltklimakonferenz in Kattowitz.
Die Vorschläge seien ein Hoffnungsschimmer, wenn auch nicht ausreichend, erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter am Mittwoch. Ähnlich äußerten sich Umweltverbände wie Greenpeace und der WWF. „Das ist ein großer Schritt nach vorne, wenngleich der WWF sich dieses Ziel schon für 2040 wünscht“, erklärte WWF-Experte Michael Schäfer. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) begrüßten die Pläne. Müller jedoch sagte, es dürfe nicht bei Worten bleiben. Müller forderte die Kommission auf, selbst den ersten Schritt zu tun. Man dürfe nicht nur Forderungen an andere stellen, sondern „muss selbst bei sich anfangen“. Sein Ministerium wolle bis 2020 klimaneutral werden, die Bundesregierung bis 2030.
Die deutsche Industrie hat derweil kein Interesse daran, allein oder nur mit Europa als klimapolitischer Musterschüler dazustehen und im Wettbewerb ins Hintertreffen zu gelangen. Den Plan aus Brüssel wertete der Branchenverband BDI deshalb als gutes Signal vor der Konferenz in Kattowitz, nötig seien „globale Regeln“und „international gleiche Wettbewerbsbedingungen“.
In Kattowitz möchte sich Europa wieder als Vorreiter profilieren. Jedoch ist die EU nur für zehn Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich.