Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Der Schuh erscheint mir viel zu groß“
Der Schuh, den die Ravensburger mit dieser Erklärung sich anziehen wollten, erscheint mir viel zu groß. Die Leute konnten höchstens für sich persönlich eine verbindliche Erklärung abgeben, aber nicht für ihre Kirchen. Der katholische Pfarrer hätte erst dann das Einverständnis erklären dürfen, wenn er von seinem Bischof dazu beauftragt gewesen wäre. Das war aber nicht der Fall.
Bei diesem Problem muss man jeder Kirche die Freiheit zu einer verantwortlichen Entscheidung lassen. Den katholischen Bischof Fürst oder die Bischöfe als alte Männer, als ewig Gestrige, als notorische Rechthaber zu beschimpfen, zeigt weder menschlichen Respekt noch ökumenische Verantwortung. Wenn ein katholischer Bischof verantwortlich entscheidet, dann sieht er sich gebunden an den Glauben der katholischen Weltkirche. Für sie gilt schon seit ihren Anfängen, dass nur dort Kommunionsgemeinschaft möglich ist, wo man von einem gemeinsamen Glaubensbekenntnis getragen und im selben Glauben gemeinsam lebt. Wenn der eine das Brot bei der Eucharistie nur für ein Symbol des Leibes Christi, aber nicht für den Leib Christi selbst hält, dann zeigt sich da ein fundamentaler Glaubensunterschied zum katholischen Bekenntnis, der eine gemeinsame Abendmahlsfeier mit der katholischen Kirche in diesem Fall nicht zulässt. Noch ein fundamentaler Unterschied: Nach dem katholischen Glauben ist nicht jeder Gläubige, aber auch nicht jeder Amtsträger befähigt, dieses Sakrament zu spenden, sondern nur derjenige, der in der Priesterweihe dazu ausgerüstet ist. Der Leib und das Blut Christi lassen sich nicht geradezu nach Wunsch herbeizitieren. Bis wir gemeinsam den Leib und das Blut des Herrn empfangen können, liegt noch ein weiter Weg bis zum gemeinsamen Glauben vor uns. Doch es gibt schon eine anfanghafte Einheit.
Dr. Gerhard Steigerwald, Nürtingen