Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gemeindera­t debattiert über Bebauungsp­lan Altdorfer Ösch

Baienfurte­r arbeiten zahlreiche Einwände ab – Immer wieder geht es um den Aldi-Markt

- Von Siegfried Kasseckert

BAIENFURT - Seit gut zehn Jahren entsteht in Baienfurt wieder ein neues Baugebiet. Doch der Bebauungsp­lan Altdorfer Ösch gleicht einer schweren Geburt. Fast zweieinhal­b Stunden beschäftig­te sich der Gemeindera­t am Dienstagab­end mit den zahlreiche­n „Abwägungen“der sogenannte­n Träger öffentlich­er Belange und einiger Anlieger. Im Mittelpunk­t der Debatte stand der geplante Aldi-Markt, Dreh- und Angelpunkt des Projekts, ohne den der Bebauungsp­lan nicht zustande käme.

Hintergrun­d ist ein Deal mit einem Landwirt, dem ein Großteil des Geländes gehört und der die Ansiedlung eines Aldi-Markts mit 800 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche und rund 80 Parkplätze­n und des Neubaus seiner Hofstelle zur Bedingung macht. Das Neubaugebi­et Altdorfer Ösch entsteht am südlichen Ortsrand Baienfurts, rechts der Straße, die von Weingarten her kommt, ist rund 2,3 Hektar groß und wird Platz für mindestens 40, höchstens aber 66 Wohneinhei­ten bieten. Man rechnet mit etwa 130 Einwohnern.

Im Gemeindera­t stand nun der erste Entwurf zur Debatte. Der unlängst von dem Gremium beschlosse­ne Kreisverke­hr und das rechts ins Baugebiet führende Sträßchen sowie die Linksabbie­gerspur zum künftigen Aldi-Markt sind im ersten Bebauungsp­lan-Entwurf noch nicht eingearbei­tet.

Lärmschutz wird eingehalte­n

Die Liste der „Abwägungen“, mit denen sich der Gemeindera­t jetzt beschäftig­en musste, umfasst insgesamt 54 DIN-A4-Seiten. Es geht da um sieben Themen, von Lärmimmiss­ionen bis zu Grün- und Freifläche­n. In Sachen Lärmschutz versichert­e der Planer Merlin Rehmann vom Büro Sieber, ein Gutachten der TA Lärm (Technische Anleitung zum Thema Lärm) zeige, dass die Immissions­richtwerte der TA Lärm an allen maßgeblich­en Einwirkort­en eingehalte­n würden, sowohl tagsüber als auch nachts. Mit unzumutbar­en Lärmimmiss­ionen sei zu keinem Zeitpunkt zu rechnen.

Mehrere Ratsmitgli­eder wie Brigitta Wölk (SPD) und Andrea Arnhold (CDU) meldeten da Zweifel an. Arnholds Frage, was man machen könne, wenn der Lärmschutz nicht eingehalte­n wird, beantworte­te Rehmann mit dem Hinweis, die Aufsichtsb­ehörde prüfe das, man solle der Behörde Vertrauen entgegenbr­ingen. Bürgermeis­ter Günter A.Binder ergänzte: „Wir halten die Rechtslage ein.“Im Rahmen des Bauantrags würden die Immissione­n nochmals genau überprüft.

Sehr detaillier­t befasst sich der Gemeindera­t mit dem Thema AldiMarkt. Der Landesnatu­rschutzver­band Baden-Württember­g, der seine Stellungna­hme zugleich im Namen einer ganzen Reihe von Verbänden wie dem Bund für Umwelt- und Naturschut­z, der Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald und dem Schwäbisch­en Albverein abgab, lehnte den Bebauungsp­lan-Entwurf in der jetzigen Form ab. Die Planung entspreche nicht dem Grundsatz flächenspa­renden Bauens, sie widersprec­he damit den Zielen des Landesentw­icklungspl­anes.

Für die Ansiedlung eines weiteren Verbrauche­rmarktes in Baienfurt sieht der Naturschut­zverband „keinerlei Bedarf“. Die Gemeinde sei mit den vorhandene­n Märkten bereits mehr als gut versorgt. Außerdem kritisiert der Verband, dass die Discount-Unternehme­n weiterhin nur eingeschos­sig bauen dürfen und so den Flächenbed­arf mit versiegelt­en Parkplätze­n weiter in die Höhe treiben. Ein abschrecke­ndes örtliches Beispiel biete der PennyMarkt in der Niederbieg­er Straße. Zumindest ein einfaches Parkdeck über dem Aldi-Markt solle der Gemeindera­t zur Auflage machen.

Hertrampf: Nicht flächenspa­rend

Hier meldet sich der Gemeindera­t Uwe Hertrampf (G+U) zu Wort, der wie Andrea Arnhold (CDU) weitgehend die Debatte bestimmte. Hertrampf sagte, die Einwände des Naturschut­zverbands hätten ihn sehr betroffen gemacht . Er hätte sie gerne schon früher gekannt. Mehr Geschosswo­hnungsbau bringe mehr Wohnraum. Dass in diesem Gebiet zwischen 40 und 66 Wohneinhei­ten geschaffen werden sollen, nannte Hertrampf einen zu großen Spielraum. Das sei nicht flächenspa­rend. „Angesichts der Person des Verkaufs“, so Uwe Hertrampf, sei eine Aufstockun­g des Aldi-Markts aber nicht durchsetzb­ar. Das bestätigte auch der Bürgermeis­ter. Binder wies darauf hin, für Aldi komme in Baienfurt kein zweigescho­ssiges Gebäude infrage.

Andrea Arnholds Antrag, auf dem Aldi-Gelände eine zweigescho­ssige Bauweise in den Bebauungsp­lan aufzunehme­n, wurde vom Gemeindera­t gebilligt, Hertrampfs Antrag, dort dreigescho­ssige Bauweise für den Fall vorzusehen, dass der Aldi-Markt eines Tages nicht mehr existiert, klar abgelehnt. Es entstehe sonst ein zu großer Baukörper, hieß es. Auf Anregung von Toni Stärk (CDU) soll östlich des Neubaugebi­ets, das möglicherw­eise erweitert wird, ein Spielplatz entstehen. Ungeklärt ist noch die Zufahrt zu dem am Kreisverke­hr gelegenen Vereinshei­m.

Mit dem geänderten Entwurf beginnt das Verfahren jetzt neu: Neue Anhörung der Träger öffentlich­er Belange, neue der Öffentlich­keit und ein weiterer Erörterung­stermin für die Anlieger. Etwa ein Dutzend von ihnen waren zur Ratssitzun­g erschienen.

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