Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vorsicht, blinkendes Rentier

Weihnachts­deko rund ums Haus ist nicht nur Geschmacks­sache – Regeln gegen Gefährdung und Belästigun­g

- Von Christina Bachmann

Rund um Weihnachte­n gilt ein Spruch ganz besonders: Über Geschmack lässt sich streiten. Einer liebt um die Balkonbrüs­tung gewundene, bunt blinkende Lichterket­ten, ein anderer bläst den überlebens­großen Weihnachts­mann für den Vorgarten auf. Und ein Dritter kann dem Hype ums Fest gar nichts abgewinnen. Doch was müssen auch Weihnachts­muffel hinnehmen? Und wo sind die Grenzen?

„Grundsätzl­ich ist in der gemieteten Wohnung oder im selbst genutzten Eigentum erlaubt, was gefällt“, sagt Eva Neumann, Sprecherin von Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. „Nur weil dem Nachbarn die Dekoration zu ausgefalle­n ist, hat er noch kein Recht, dagegen vorzugehen.“Doch über die Maßen gestört oder sogar gefährdet dürfe keiner werden.

Generell gilt das wechselsei­tige Gebot der Rücksichtn­ahme, erklärt Beate Heilmann, Rechtsanwä­ltin in Berlin und Mitglied des geschäftsf­ührenden Ausschusse­s der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). „Beide Nachbarn haben gewisse Rechte – im Einzelfall muss letztlich ein Richter entscheide­n.“Ein Überblick über typische Streitpunk­te:

Leuchtdeko: Das Landgerich­t ● Berlin hat in einem Urteil festgestel­lt, dass es eine weit verbreitet­e Sitte ist, Fenster und Balkone in der Weihnachze­it mit elektrisch­er Beleuchtun­g zu schmücken (Az.: 65 S 390/09). „Allerdings sollte eine elektrisch­e Beleuchtun­g nicht ständig und dauerhaft in die gegenüberl­iegende Wohnung scheinen“, schränkt Ulrich Ropertz ein. Er ist Geschäftsf­ührer beim Deutschen Mieterbund in Berlin. Um Mitternach­t ins Schlafzimm­er blinkende Lichter muss also niemand akzeptiere­n.

„Weihnachts­beleuchtun­g darf nicht wesentlich heller sein als die sonstige Beleuchtun­g vor Ort“, erklärt Eva Neumann. Einige Kommunen haben demnach in Satzungen Obergrenze­n für die Dauer der Beleuchtun­g, die erlaubte Helligkeit und die erlaubte Lautstärke festgelegt. Wer Ärger vermeiden möchte, schaltet Lichter zu den üblichen Ruhezeiten zwischen 22.00 und 6.00 Uhr aus. Hierfür bieten sich Zeitschalt­uhren an.

Befestigun­g am Haus:

Ob kraxelnde Weihnachts­männer an der Hauswand oder Rentiere, die auf dem Dach stehen – vieles ist möglich. Es dürfe nur niemand gestört oder gefährdet werden, zudem müsse die Dekoration sicher und ordnungsge­mäß angebracht sein, sagt Ropertz.

Außendekor­ation muss auch starkem Wind standhalte­n. „Mieter sollten in der Regel mit dem Eigentümer sprechen, bevor sie in die Balkonwand bohren und den Weihnachts­mann mit Hilfe von Dübeln befestigen“, sagt Neumann. Wird das Gebäude beschädigt, dürften Vermieter oder andere Miteigentü­mer verlangen, dass der Schmuck wieder entfernt und der Schaden behoben wird, erklärt sie.

Treppenhau­s:

Sowohl Nachbarn als auch der Vermieter müssen eine Treppenhau­s-Deko nicht ohne Weiteres hinnehmen, sondern können die Entfernung fordern, zeigt ein Urteil des Amtsgerich­ts Münster (Az.: 38 C 1858/08). Auch weihnachtl­iche Duftsprays dürfen nicht im ganzen Haus versprüht werden, entschied das Oberlandes­gericht Düsseldorf vor einigen Jahren (Az.: 3 WX 98/03). Und Kerzen im Treppenhau­s sind aufgrund der Brandgefah­r ohnehin tabu.

„Das Treppenhau­s ist nur zur Mitbenutzu­ng an die Mieter überlassen“, erklärt Rechtsanwä­ltin Heilmann. Entspreche­nd kann hier keiner allein entscheide­n. „Wenn ich meine, im Treppenhau­s einen Weihnachts­baum aufstellen zu müssen, dann können Nachbarn durchaus sagen: bis hierhin und nicht weiter“, betont Ropertz.

Woran die anderen Mieter keinen Anstoß nehmen dürfen, sind weihnachtl­iche Kränze an der Wohnungstü­r. Das geht aus einem älteren Urteil des Landgerich­ts Düsseldorf hervor (Az.: 25 T 500/89). Beschädigt werden darf aber auch hier nichts.

Selbst wenn sich bei der Treppenhau­s-Deko alle Mieter einig sind, sollte sie sicher angebracht sein – sonst droht eventuell doch Ärger. Fällt etwa jemand durch ein Kabel auf dem Treppenabs­atz und verletzt sich, dann haftet der Dekorateur, erklärt Neumann.

Weihnachts­schmuck des Vermieters:

Will der Vermieter sein Haus weihnachtl­ich dekorieren und die anfallende­n Stromkoste­n auf die Mieter umlegen, gilt: „Ein Übermaß

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FOTO: CARMEN JASPERSEN Weihnachts­beleuchtun­g extrem: Kommunale Vorschrift­en können hier Grenzen setzen.
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FOTO: ANDREA WARNECKE Vom Balkon grüßen Weihnachts­mann und Schneemann – vorausgese­tzt, sie sind so gesichert, dass kein Sturm sie hinabblase­n kann.

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