Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der ruhige DJ

Was Friedrichs­hafens Diagonalan­greifer Bartlomiej Boladz so wertvoll für die Volleyball­er vom Bodensee macht

- Von Giuseppe Torremante

FRIEDRICHS­HAFEN - Die ZF-Arena ist am Montag wieder fest in der Hand der VfB-Volleyball­er. Die letzten Spuren des MTU-Cups für U15Fußball­er sind fast beseitigt. Auf dem Parkett hat Cheftraine­r Vital Heynen seine Angreifer versammelt. Auf dem Programm steht der Aufschlag. Mittendrin Bartlomiej Boladz, der 24-jährige Diagonalan­greifer des Vizemeiste­rs. Seine Sprungaufs­chläge sitzen, auch wenn der eine oder andere etwas zu lang gerät oder vom Netz aufgehalte­n wird. Im Training haut der Pole drauf, als ob es kein Morgen gäbe, im Spiel bevorzugt er eher Flatterauf­schläge.

Vielleicht liegt das daran, dass der in Gorzów Wielkopols­ki (früher: Landsberg an der Warthe) geborene 2,03 Meter große Angreifer eher ein ruhiger Typ ist. Er ist besonnen, überlässt nichts dem Zufall, ist aber auch ein offener Mensch. Aus der Haut geht Bartlomiej Boladz erst im Bus, wenn die Mannschaft nach einem Sieg feiert. Boladz spielt den DJ und sorgt für gute Laune.

Der 24-Jährige muss im Training gebremst werden

Im normalen Leben und auch im Training ist er ein harter Arbeiter. „Er will sich immer weiter verbessern und deshalb muss ich ihn oft nach Hause schicken, sonst würde er bis zum Umfallen trainieren“, sagt Vital Heynen. Er schätzt seinen Diagonalan­greifer als Mensch und Volleyball­er. „Ich kenne keinen im Team, der ihn nicht mag“, so Heynen. Im Spiel wünscht sich der VfB-Trainer etwas mehr Konstanz. Aber ein 24-jähriger Volleyball­er ist eben noch nicht fertig mit seiner Entwicklun­g.

Dabei hat er ein gutes Spielverst­ändnis und einen harten Schlag und vor allem keine Angst, wenn ein Monsterblo­ck ihm die Sicht auf das Spielfeld versperrt. Hier liegt aber auch das kleine Problem. Ein erfahrener Angreifer spielt mit den Händen der Gegenspiel­er, Boladz verheddert sich manchmal. „Das ist nichts anderes als mangelnde Erfahrung“, meint Heynen.

Solche Situatione­n kommen immer wieder vor. In manchen Spielen löst Boladz seine Aufgabe mit Bravour, in anderen sieht er sich das Geschehen dann von außen an. Atempause für einen ehrgeizige­n Spieler. Mit Daniel Malescha hat er einen guten Kollegen, der dann der Mannschaft hilft.

Bartlomiej Boladz sieht sich nicht nur als Punktesamm­ler, sondern fühlt sich wohler als Teamplayer. So ist nicht verwunderl­ich, wenn die Zuschauer den Diagonalan­greifer in der Abwehr von Bällen erleben. „Ich sehe mich als Teil des Ganzen. Eigentlich ist es egal, wer die Punkte macht, Hauptsache wir gewinnen“, sagt Boladz. Und so spielt es für ihn auch keine Rolle, ob sein Name aufgerufen wird, wenn es darum geht, den besten Spieler zu küren. „Im Mannschaft­ssport ist ein starkes Individuum zwar wünschensw­ert, aber kein Garant für den Erfolg. Die Mischung im Team muss stimmen“, sagt er. Schließlic­h könne ein einzelner Spieler nicht annehmen, zuspielen und punkten zugleich.

Der Pole ist gerne Profi und will so lange wie möglich spielen. Dass er nach Karriereen­de etwas anderes machen muss, um Geld zu verdienen, weiß er. Während seiner Zeit bei Czemi Radom hat er ein Sportstudi­um abgeschlos­sen. „Ich kann als Lehrer oder Trainer arbeiten“, sagt er. Nun will er sein zweites Studium beenden: Psychologi­e. Ihm fehlt noch die Abschlussa­rbeit. „In Polen muss man mit 35 Jahren arbeiten, um Geld zu verdienen“, sagt Boladz mit seiner ruhigen Art. Doch diesmal schmunzelt er.

Der VfB Friedrichs­hafen spielt innerhalb einer Woche zweimal zu Hause gegen Düren. Am Donnerstag (19.10 Uhr, live auf Sport1, Bundesliga) und am 13. Dezember (18 Uhr) im DVV-Pokal.

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ARCHIVFOTO: GÜNTER KRAM Keine Angst vor Monsterblö­cken: VfB-Diagonalan­greifer Bartlomiej Boladz setzt sich gegen die Dürener Spieler Romans Sauss (links) und Tim Broshog durch.
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