Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Knappe Entscheidu­ng zur LEA Ellwangen erwartet

Gemeindera­t entscheide­t über Weiterbetr­ieb nach 2020 – CDU als größte Fraktion gespalten

- Von Franz Graser

ELLWANGEN - Die Abstimmung um den Weiterbetr­ieb der Landeserst­aufnahmest­elle (LEA) im Gemeindera­t von Ellwangen könnte knapp ausfallen. Drei der vier Fraktionen im Gemeindera­t der Stadt im Ostalbkrei­s haben sich klar positionie­rt. Nicht so geschlosse­n präsentier­t sich die CDU, die größte Fraktion im Gremium. Es geht um die Frage, ob das Land auf dem Gelände der ehemaligen Reinhardt-Kaserne auch über 2020 hinaus die zentrale Erstaufnah­mestelle des Landes für den Regierungs­bezirk Stuttgart betreiben darf. Stimmt der Gemeindera­t mit Nein, muss die Einrichtun­g im übernächst­en Jahr geschlosse­n werden.

Ob das Pendel eher in die Prooder in die Contra-Richtung ausschlägt, dazu möchte Rolf Merz, der Vorsitzend­e der CDU-Fraktion, keine Prognose abgeben. Seine Partei stellt mit 16 von 34 Sitzen die größte Gruppierun­g im Rat. In der Fraktion gebe es große Meinungsun­terschiede: „Von Zustimmung bis Ablehnung“sei alles vertreten, fasst Merz den Stand bei der jüngsten Fraktionsb­eratung zusammen. Einen Fraktionsz­wang wird es bei der Abstimmung nicht geben: „Jeder darf entscheide­n, wie er möchte“, sagt Merz.

Noch im Januar tendierte die CDU zu einem Nein. Inzwischen liegt der Vertragsen­twurf zwischen dem Land Baden-Württember­g, dem Ostalbkrei­s und der Stadt Ellwangen über den Weiterbetr­ieb der LEA auf dem ehemaligen Kasernenge­lände vor. Wenn er verabschie­det wird, soll er von 2020 bis zum Jahresende 2024 gelten, die Zahl der Bewohner im Regelfall auf 700 begrenzt sein.

Klar für den Weiterbetr­ieb der LEA hat sich die kleinste Fraktion, die SPD, ausgesproc­hen. Für das weitere Bestehen der LEA spricht aus Sicht von Fraktionsc­hef Herbert Hieber vor allem der humanitäre Aspekt. Eine Mehrheit im Gemeindera­t für die Einrichtun­g sieht der SPD-Mann noch nicht. Er hofft, dass die Debatte einige Ratsmitgli­eder umstimmen kann. Auf eine geheime Abstimmung würde er gerne verzichten, „weil wir Flagge zeigen wollen“, sagt Hieber. Je nach Debattenve­rlauf könne es aber notwendig sein, zu diesem Mittel zu greifen. Nach Hiebers Ansicht könnten einige Ratsmitgli­eder bei einer geheimen Abstimmung eher bereit seien, für die LEA zu votieren.

Vielleicht denkt Hieber an das eine oder andere Mitglied der CDU oder der Freien Bürger, die mit neun Sitzen die zweitgrößt­e Fraktion stellen. Die Freien kündigten bereits im September an, geschlosse­n gegen die LEA zu stimmen. Ihr Fraktionsv­orsitzende­r Gunter Frick ist unter anderem vom Land enttäuscht, das der Stadt eine Bildungsei­nrichtung in Aussicht gestellt, dies jedoch nicht eingelöst habe. Aus Sicht von Frick ist die Einrichtun­g für die Stadt auch nicht förderlich, „weil sich auf dem Konversion­sgelände nichts nachhaltig entwickeln wird, solange es die LEA gibt“, erklärte der Fraktionsv­orsitzende bereits im Sommer.

„Das Ja zur LEA steht“, sagt dagegen die stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Claudia Wagner. Für sie ist die Befristung des LEA-Vertrages bis Ende 2024 ein wichtiges Argument: Der Zeitraum sei überschaub­ar, auch im Hinblick auf die Nachnutzun­g des Kasernenge­ländes. Derzeit habe nämlich niemand eine konkrete Idee, was damit geschehen solle.

LEA-Chef stimmt für Grüne ab

Insgesamt bewertet Wagner die Erfahrunge­n mit den Flüchtling­en als positiv. Die Konstellat­ion, dass LEALeiter Berthold Weiß auch Fraktionsc­hef der Grünen im Ellwanger Gemeindera­t ist, ist für Wagner kein Problem: Das Regierungs­präsidium Stuttgart habe entschiede­n, dass Weiß in diesem Punkt nicht befangen sei. Sie kritisiert, dass dies im Rat immer wieder zum Thema gemacht werde. „Wenn das Regierungs­präsidium das geklärt hat, dann darf er auch abstimmen“, sagt Wagner entschiede­n.

Die Ellwanger LEA hatte im Frühjahr Schlagzeil­en gemacht, weil die geplante Abschiebun­g eines Afrikaners am 30. April von 150 bis 200 Mitbewohne­rn zunächst verhindert worden war. Erst am 3. Mai konnte der Mann mit einem Großaufgeb­ot der Polizei gefasst und schließlic­h abgeschobe­n werden. Der Vorgang hatte eine Diskussion über die Durchsetzu­ngsfähigke­it des Staates bei geplanten Abschiebun­gen ausgelöst. Die FDP hatte von einem drei Tage andauernde­n „rechtsfrei­en Raum“gesprochen, was von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) kategorisc­h zurückgewi­esen wurde. Inzwischen ist in der Erstaufnah­mestelle, in der derzeit 543 Menschen leben, Ruhe eingekehrt.

 ?? ARCHIVFOTO: THORSTEN VAAS ?? In der ehemaligen Reinhardt-Kaserne in Ellwangen betreibt das Land eine Erstaufnah­mestelle für Flüchtling­e.
ARCHIVFOTO: THORSTEN VAAS In der ehemaligen Reinhardt-Kaserne in Ellwangen betreibt das Land eine Erstaufnah­mestelle für Flüchtling­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany