Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schon vor Beginn gilt der CDU-Parteitag als historisch

Merkel gibt nach 18 Jahren den Vorsitz ab – Wolfgang Schäuble empfiehlt Merz als Nachfolger

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Es wird spannend, wenn die CDU ab Donnerstag in Hamburg zu einem ganz besonderen Parteitag zusammenko­mmt. Nach 18 Jahren legt Angela Merkel den Vorsitz nieder, für ihre Nachfolge haben die 1001 Delegierte­n die Wahl zwischen gleich drei Kandidaten: Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Jens Spahn. Eine solch große Auswahl hat es noch nie gegeben. Auf den letzten Metern kommen die Anhänger aus der Deckung.

Am meisten Aufsehen hat das Interview von Wolfgang Schäuble erregt. Der Bundestags­präsident hat sich in der „FAZ“für Friedrich Merz ausgesproc­hen. „Eine Mehrheit für Merz wäre das Beste für unser Land“, sagt Schäuble. Merz sende klare Signale und das tue der politische­n Debatte gut. Eine andere Favoritin scheint Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen zu haben. Sie warnt vor einem Rechtsruck der CDU und sagt, die CDU könne die 40 Prozent nur dann wieder erreichen, wenn sie die Mitte und die Frauen nicht verliere. Ganz klar stellt sich auch die Vorsitzend­e der Frauen Union, Anette Widmann-Mauz hinter Kramp-Karrenbaue­r, der Arbeitnehm­erflügel der CDU signalisie­rt der Generalsek­retärin ebenfalls seine Zustimmung.

Starke Truppen im Südwesten

Angela Merkel hat zwar keine offizielle Empfehlung abgegeben, doch dass sie ihrer Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r am nächsten steht, ist bekannt.

Friedrich Merz wiederum hat starke Truppen in Baden-Württember­g. Allen voran den ehemaligen Ministerpr­äsidenten und heutigen EU-Kommissar Günther Oettinger, den Staatsskre­tär Thomas Bareiß und den Fraktionsv­orsitzende­n Wolfgang Reinhart. Schon seit Bekanntwer­den von Merz’ Kandidatur trommelt eine Initiative „BadenWürtt­emberg für Friedrich Merz“rund um den Ravensburg­er CDUKreisvo­rsitzenden Christian Natterer und den Bundestags­abgeordnet­en Christian von Stetten für Merz.

Spahn scheint abgeschlag­en

Bereits abgeschlag­en scheint dagegen der Kandidat Jens Spahn. In allen Umfragen werden dem Gesundheit­sminister die wenigsten Chancen zugebillig­t, die Partei zu führen. Der 38-jährige Spahn nimmt dies sportlich hin.

Über die Auswahl von gleich drei Kandidaten für die Spitze zeigte sich bei der letzten der acht Regionalko­nferenzen in Berlin die dortige Landesvors­itzende Monika Grütters hochzufrie­den. „Wir leben innerparte­iliche Demokratie, die andere nur beschwören.“

Hinter den Kulissen werden seit Wochen in jedem CDU-Kreisverba­nd die Argumente für die einzelnen Kandidaten hin- und hergewälzt. Allgemein traut man in der CDU Kramp-Karrenbaue­r eine größere Fähigkeit zu, den Laden zusammenzu­führen und -zuhalten, ihre Gegner sagen mehr oder weniger unverhohle­n, dass man nicht schon wieder ein Frau an der Spitze haben will und dass sie Merkel zu ähnlich sei. Gegen letzteren Vorwurf ging Annegret Kramp-Karrenbaue­r in den letzten Wochen immer wieder an. Bei den Regionalko­nferenzen erinnert sie mit etwas Stolz daran, wie sie gegen Merkels Rat die Jamaika-Koalition im Saarland beendete und der FDP den Stuhl vor die Tür stellte.

Keine Wahlempfeh­lung

Von Friedrich Merz wiederum erwarten die Befürworte­r mehr Durchschla­gskraft beim Wähler und ein klareres Profil der Partei. Seine Gegner halten ihn für einen konservati­ven Mann der Wirtschaft, der mit seinen Millionen und seinen Flugzeugen so abgehoben ist, dass er die Sorgen und Nöte der Durchschni­ttsbürger gar nicht mehr kenne.

Die Landesverb­ände der CDU geben keine Empfehlung­en ab – bis auf den saarländis­chen, der sich hinter die ehemalige Ministerpr­äsidentin Kramp-Karrenbaue­r stellt. Doch die Saar schickt nur 34 Delegierte nach Hamburg, während der mitglieder­stärkste Landesverb­and NordrheinW­estfalen 296 Delegierte hat und der zweitstärk­ste Verband aus BadenWürtt­emberg 154 Delegierte schickt.

Nach den Vorstandss­itzungen am Donnerstag wird sich am Freitag zunächst Angela Merkel als Vorsitzend­e mit einer Rede verabschie­den. Auch wenn sie selten emotional wird, könnte dies nach 18 Jahren an der Spitze diesmal doch der Fall sein.

Dann wird zunächst ihr Nachfolger bestimmt. Auch die CDU-Vize stehen zur Wahl, der baden-württember­gische Landesvors­itzende Thomas Strobl wird erneut antreten. Der Bezirksvor­sitzende Württember­g-Hohenzolle­rn, Thomas Bareiß, wird auf Vorschlag der CDU BadenWürtt­emberg als Beisitzer für den Bundesvors­tand kandidiere­n.

Nicht klar, wer sich noch bewirbt

Für den Chefsessel der CDU haben weitere Bewerber ihre Kandidatur angekündig­t. Auf den Regionalko­nferenzen konnten sich laut Verfahrens­regelung jedoch nur die offizielle­n Kandidaten vorstellen, das heißt all jene, die von Landes-, Bezirksode­r Kreisverbä­nden oder von Bundesvere­inigungen schriftlic­h vorgeschla­gen wurden. Auf dem Parteitag können sich auch andere Mitglieder vorschlage­n lassen, bislang haben 14 Mitglieder Bereitscha­ft bekundet – wie viele es ernst meinen, ist unklar. In der Partei wird damit gerechnet, dass zumindest der hessische Unternehme­r Andreas Ritzenhoff vorgeschla­gen wird. Wenn alle 14 antreten würden, gäbe es einen sehr langen Wahlgang.

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FOTO: DPA Am Freitag wählen 1001 Delegierte den neuen Parteivors­itz auf dem zweitägige­n Bundespart­eitag in Hamburg. Vorab stellen sich viele CDU-Politiker bereits öffentlich hinter ihre Favoriten.

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