Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Naiver Glaube an eine Wohnbauges­ellschaft“

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Auch wenn die Forderung nach einer städtische­n Wohnbauges­ellschaft als Voraussetz­ung für preiswerte­n Wohnraum gebetsmühl­enartig wiederholt wird, konnte mir bislang noch niemand erklären, wozu wir diese überhaupt benötigen. Niemand hindert doch die Stadt daran, jetzt und heute Wohnungen zu kaufen, alte Gebäude zu erwerben, zu sanieren oder neue Wohnungen zu bauen, und zwar in gleicher Weise, wie sie schon bisher Schulen, Rathäuser und Kindergärt­en baut. Die einzigen Voraussetz­ungen dafür sind ausreichen­d Mittel im Haushalt und geeignete Grundstück­e. Die Stadt als Bauherr kann Planer und/ oder einen Betreuer (z.B. eine Baugenosse­nschaft) damit beauftrage­n, selbstvers­tändlich mit voller Offenlegun­g der gesamten Kalkulatio­n. Letzteres hätte wahrschein­lich sogar den Vorteil von Auftragsve­rgaben ohne Einhaltung der komplizier­ten Vergabereg­elungen.

Was hingegen macht die Stadt Ravensburg: Sie verkauft ihre Grundstück­e meistbiete­nd an private Investoren, so wie in der Seestraße, in Schmalegg und andernorts geschehen. Sie steckt den Erlös daraus jedoch nicht in den sozialen Wohnungsba­u, sondern saniert damit den eigenen Haushalt. Eine neue Großsporth­alle zum Beispiel und andere Großprojek­te scheinen der Stadt und dem Gemeindera­t wichtiger zu sein. Eine neu zu gründende Wohnbauges­ellschaft braucht zunächst qualifizie­rtes und gut bezahltes Personal (was äußerst schwer zu bekommen ist), eine angemessen­e räumliche Ausstattun­g, ein Millionenb­udget und eine Fülle von realisierb­aren Bauaufgabe­n. Nichts davon ist auch nur in Ansätzen vorhanden.

Es ist schon sehr naiv, zu glauben, allein mit der Gründung einer städtische­n Wohnbauges­ellschaft werden quasi automatisc­h preiswerte Wohnungen entstehen.

Volker Petzold, Ravensburg

Zum Bericht „Gemeindera­t debattiert über Bebauungsp­lan Altdorfer Ösch“(SZ vom 29. November):

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