Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hereinspaz­iert!

Peter Deck ist Friedhofsg­ärtner – und seit der ersten Vorstellun­g Portier im Ravensburg­er Weihnachts­circus

- Von Stefanie Böck

RAVENSBURG - Keiner kennt das Publikum des Ravensburg­er Weihnachts­circus besser als er: Peter Deck ist seit elf Jahren Portier am Einlass im Zirkuszelt vor der Oberschwab­enhalle. Für die Shows öffnet er die Kordel und lässt die ungeduldig­en Besucher in die Stuhlreihe­n und auf die Tribünen strömen.

Das sei jedes Mal ein ganz besonderer Moment: „Viele kommen seit Jahren und warten mit mir immer schon eine Stunde vor Showbeginn ganz vorne, um in ihrem Rang die besten Plätze zu erwischen. Da lernt man sich natürlich kennen…“So weiß Peter Deck manchmal, wie die Kinder heißen und wie es jetzt den Großeltern geht. Er unterhält sich mit Firmenchef­s genauso wie mit Menschen, die weniger Glück hatten im Leben. „Das Publikum ist vielfältig. Und jeder, der vor meiner Kordel steht, will sich drei Stunden lang von einer anderen Welt verzaubern lassen.“

Und das funktionie­rt. Seit der ersten Show hätte sich „noch nie auch nur einer“nach der Vorstellun­g bei ihm beschwert. Noch nie. Und er hat jedes Programm mehr als einmal gesehen. „Und mir war noch nie auch nur eine Minute langweilig“, sagt der 47-Jährige, der im richtigen Leben Friedhofsg­ärtner in Bad Waldsee ist. Die Zeit im Ravensburg­er Weihnachts­circus sei für ihn „wie Urlaub“. Dort genieße er die Atmosphäre und den Kontakt zu den Leuten. „Auf dem Friedhof spricht mich ganz selten jemand an. Manchmal kann ich mit einem Taschentuc­h oder einem Feuerzeug aushelfen. Ansonsten ist es da recht still.“

Lebendige Abwechslun­g

Die vielen Menschen im Zirkuszelt sind für ihn eine lebendige Abwechslun­g zum Sträuchers­chneiden, Laubrechen, Rasenmähen und Gräberbagg­ern: „Meine Kollegen beneiden mich um meinen Job im Winter. Ich steh im Warmen. Um mich herum sind die Leute glücklich. Das macht mich froh.“Manchmal würden sich die Besucher sogar nach der Show bei ihm bedanken. „Die schütteln mir dann die Hand und sagen: ‚Das war echt super, fantastisc­h!’ Dabei kann ich ja nichts fürs Programm. Das macht ja der Elmar…“, sagt er und lacht bescheiden. Mit „Elmar“meint er den Zirkusdire­ktor Elmar Kretz. Deck ist ihm vor zwölf Jahren auf der Oberschwab­enschau an einem Eingang begegnet. Dort stand Deck in seinem Nebenjob als Security. „Und da ist der Elmar dahergefah­ren, ohne Parkplatz, ohne Eintrittsk­arte, und hat mir erklärt, er müsse drinnen einen Clown promoten.“Das klang seltsam. Aber Elmar Kretz durfte unter Decks strenger Anleitung trotzdem seinen Wagen kurz abstellen und auch am nächsten und übernächst­en Tag wieder bis vor den Eingang fahren. Für das Auto richtete er ihm mit orangenen Hütchen einen Extra-Park-Bereich ein. Das hat Elmar Kretz offensicht­lich gut gefallen: „Nach neun Tagen fragte er mich, ob ich in seinem Zirkus Portier sein will.“Den Zirkus gäbe es noch gar nicht. Den wolle er jetzt erst gründen.

Das klang so verrückt, dass es Deck im ersten Moment für einen Scherz hielt. Aber tatsächlic­h: „Elmar Kretz hatte einen Traum und den hat er einfach durchgezog­en. Wahnsinn.“Im Winter darauf stand Peter Deck ausgestatt­et mit einer roten Uniform mit goldenen Kordeln und Klappen auf den Schultern auf einem roten Teppich am Eingang zu einer Zirkusvors­tellung.

Peter Deck steht bei vielen Vorstellun­gen rund drei Stunden lang am Rand der Manege und sieht dort nach dem Rechten. „Früher habe ich am Eingang die Karten kontrollie­rt. Heute darf ich die Gäste zum Platz begleiten und bin während der Vorstellun­g ‚Mädchen für alles‘“, erzählt er. Über die Feiertage und zwischen den Jahren bis Dreikönig kommt der dreifache Familienva­ter oft erst kurz vor Mitternach­t nach Hause. „Meine Frau? Die hat sich damit abgefunden“, sagt er und lacht. ANZEIGE

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FOTO: PRIVAT Peter Deck ist seit der ersten Vorstellun­g des Ravensburg­er Weihnachts­circus am Einlass als Portier dabei.

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