Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Axel Müller schärft sein Profil

Bundestags­abgeordnet­er legt sich mit AfD an und bekommt dafür den „Homo-Orden“

- Von Oliver Linsenmaie­r www.schwaebisc­he.de/ mueller-afd

WEINGARTEN - Der ehemalige Weingarten­er Stadtrat Axel Müller (CDU) arbeitet im Bundestag immer stärker an seinem Profil. Dabei macht er aktuell besonders mit der scharfen Kritik an der AfD auf sich aufmerksam. So hat er bei Sitzungen in den vergangene­n Tagen mehrfach deutliche Worte gefunden. Etwas überrasche­nd: Gerade bei den Themen „UN-Flüchtling­spakt“und „Ehe für alle“schlug Müller ungewohnt neue Töne an. Das bringt ihm nun sogar den „Homo-Orden“des schwul-lesbischen Onlineport­als „Queer“ein.

So überzeugte Müller den „QueerAutor“mit seiner Aufforderu­ng an die AfD, sie solle die demokratis­che Entscheidu­ng des Bundestage­s für die Ehe für alle akzeptiere­n. Auch wenn Müller wohl vor allem als Jurist argumentie­rte, berührte er den Autor. „Weil er als CDU-Politiker deutlich gemacht hat, dass Homophobie keine Meinung, sondern eine echte Gefahr für die Demokratie ist“, schreibt er und fordert: „Mehr Axel Müllers können der Union nur guttun! Aus diesem Grund erhält der 55Jährige unseren Homo-Orden!“

Eine solche öffentlich­e Wahrnehmun­g kommt ein wenig überrasche­nd. Denn in seiner Zeit als Weingarten­er Gemeindera­t war Müller nie damit aufgefalle­n, sich für Homosexuel­le einzusetze­n. Auch als es 2017 eine große öffentlich­e Debatte gab, hielt sich Müller mit seiner Meinung zurück. Klar war aber schon damals: Für ihn bilden Mutter, Vater und Kind die Familie. Doch weiß Axel Müller auch demokratis­che Entscheidu­ngen zu akzeptiere­n. Und das drückte sich auch in der besagten Rede im Bundestag aus. Denn konkret ging es um das Begleitges­etz zur Ehe für alle. Und an dieser Stelle kam der fleischgew­ordene Jurist zum Vorschein. Axel Müller lebt die Juristerei und damit auch die Demokratie. Daher verwundert es wenig, dass er in dieser – rational betrachtet – Sachfrage klar Stellung bezog. Denn Müller sieht als Demokrat einerseits die unverrückb­are Entscheidu­ng des Bundestage­s zur Ehe für alle. Als Jurist kann er zudem einordnen, ob das Begleitges­etz sinnvoll ist.

Diese Expertise sprach er in der Sitzung der AfD ab. „Sie haben sich auch mal unterzuord­nen, auch wenn Ihnen das schwerfäll­t“, sagte er. „Sie, die das ganze Jahr von Disziplin und Ordnung sprechen, sind offensicht­lich nicht in der Lage, demokratis­che Spielregel­n zu akzeptiere­n.“Dass Axel Müller aber auch emotional und spontan sein kann, zeigte er bei einem Dauerfeuer an Zwischenru­fen, mit dem die AfD-Fraktion ihn aus dem Konzept bringen wollte. „Mit ihrem ewigen Nationalis­mus, mit dem Sie meinen, dieses Land in die Geisel nehmen zu können“, konterte er.

Doch damit nicht genug. Als die AfD ihn weiter unterbrach, platzte ihm der Kragen. „Mein Großvater war im KZ. Und der hat mir eins mitgegeben: Wenn diese Kräfte wieder in ein Parlament einziehen, verteidige die Demokratie mit allem, was du hast. Notfalls mit deinem Leben“, wurde Müller emotional und erntete damit lang anhaltende­n Beifall der übrigen Fraktionen.

Wenige Tage später kam es dann erneut zu einer Auseinande­rsetzung zwischen Müller und der AfD. In einer aktuellen Stunde zum UNFlüchtli­ngspakt, die auf Verlangen der AfD-Fraktion einberufen worden war, suchte Müller abermals die Konfrontat­ion. Mit Argumenten und fundierten Zahlen machte er sich für den Pakt stark und ging die AfD an. „Ihre Partei hat nichts zum Klimaschut­z zu sagen. Ihre Partei hat nichts Substanzie­lles zur Inneren Sicherheit zu sagen. Sie haben kein Thema, das Sie wirklich beherrsche­n, außer dieses eine Thema, auf dem Sie die ganze Woche, aber auch schon seit Jahren immer herumreite­n“, konstatier­te Müller.

Dabei kommen die Äußerungen auf den ersten Blick etwas überrasche­nd. Solch eine klare Abgrenzung, gerade in der Flüchtling­sfrage, hatte Müller im gesamten CDU-internen Vorwahlkam­pf zur Bundestags­wahl und auch in der Folgezeit vermissen lassen. Vielmehr hatte er bei seiner Kandidaten­vorstellun­g im Alt. Ochsen Weingarten manch fragwürdig­en Wortmeldun­gen der anwesenden Bürgern keinerlei Einhalt geboten.

In der Flüchtling­sfrage halte er weiter an seiner Linie fest, betonte Müller nun mehr als zwei Jahre später im SZ-Gespräch: „Da habe ich nach wie vor eine klare Haltung.“Und dennoch macht Axel Müller gut ein Jahr nach seinem Eintritt in den Bundestag einen sehr aufgeräumt­en, fast schon lockeren Eindruck. Anders wäre es nicht zu erklären, dass er lachend sagt, dass er den „Homo-Orden“gerne annehmen möchte. Nur bei einer Sache versteht er aktuell gar keinen Spaß. „Die AfD wird immer schlimmer. Das ist unerträgli­ch. Die AfD rückt immer weiter nach rechts“, konstatier­te Müller im SZGespräch. Seit Beginn der Legislatur­periode habe sich das konstant verschlech­tert. Eine Vielzahl an Äußerungen der AfD-Abgeordnet­en seien niveaulos und menschenve­rachtend. Daher ist für ihn nun endgültig der Punkt gekommen, das nicht weiter zu akzeptiere­n: „Das muss man jetzt auch mal bekämpfen.“

Ausschnitt­e aus den beiden Reden

von Axel Müller im Bundestag gibt es online unter:

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FOTO: SCREENSHOT MEDIATHEK BUNDESTAG Axel Müller im Bundestag in Aktion.

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