Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Axel Müller schärft sein Profil
Bundestagsabgeordneter legt sich mit AfD an und bekommt dafür den „Homo-Orden“
WEINGARTEN - Der ehemalige Weingartener Stadtrat Axel Müller (CDU) arbeitet im Bundestag immer stärker an seinem Profil. Dabei macht er aktuell besonders mit der scharfen Kritik an der AfD auf sich aufmerksam. So hat er bei Sitzungen in den vergangenen Tagen mehrfach deutliche Worte gefunden. Etwas überraschend: Gerade bei den Themen „UN-Flüchtlingspakt“und „Ehe für alle“schlug Müller ungewohnt neue Töne an. Das bringt ihm nun sogar den „Homo-Orden“des schwul-lesbischen Onlineportals „Queer“ein.
So überzeugte Müller den „QueerAutor“mit seiner Aufforderung an die AfD, sie solle die demokratische Entscheidung des Bundestages für die Ehe für alle akzeptieren. Auch wenn Müller wohl vor allem als Jurist argumentierte, berührte er den Autor. „Weil er als CDU-Politiker deutlich gemacht hat, dass Homophobie keine Meinung, sondern eine echte Gefahr für die Demokratie ist“, schreibt er und fordert: „Mehr Axel Müllers können der Union nur guttun! Aus diesem Grund erhält der 55Jährige unseren Homo-Orden!“
Eine solche öffentliche Wahrnehmung kommt ein wenig überraschend. Denn in seiner Zeit als Weingartener Gemeinderat war Müller nie damit aufgefallen, sich für Homosexuelle einzusetzen. Auch als es 2017 eine große öffentliche Debatte gab, hielt sich Müller mit seiner Meinung zurück. Klar war aber schon damals: Für ihn bilden Mutter, Vater und Kind die Familie. Doch weiß Axel Müller auch demokratische Entscheidungen zu akzeptieren. Und das drückte sich auch in der besagten Rede im Bundestag aus. Denn konkret ging es um das Begleitgesetz zur Ehe für alle. Und an dieser Stelle kam der fleischgewordene Jurist zum Vorschein. Axel Müller lebt die Juristerei und damit auch die Demokratie. Daher verwundert es wenig, dass er in dieser – rational betrachtet – Sachfrage klar Stellung bezog. Denn Müller sieht als Demokrat einerseits die unverrückbare Entscheidung des Bundestages zur Ehe für alle. Als Jurist kann er zudem einordnen, ob das Begleitgesetz sinnvoll ist.
Diese Expertise sprach er in der Sitzung der AfD ab. „Sie haben sich auch mal unterzuordnen, auch wenn Ihnen das schwerfällt“, sagte er. „Sie, die das ganze Jahr von Disziplin und Ordnung sprechen, sind offensichtlich nicht in der Lage, demokratische Spielregeln zu akzeptieren.“Dass Axel Müller aber auch emotional und spontan sein kann, zeigte er bei einem Dauerfeuer an Zwischenrufen, mit dem die AfD-Fraktion ihn aus dem Konzept bringen wollte. „Mit ihrem ewigen Nationalismus, mit dem Sie meinen, dieses Land in die Geisel nehmen zu können“, konterte er.
Doch damit nicht genug. Als die AfD ihn weiter unterbrach, platzte ihm der Kragen. „Mein Großvater war im KZ. Und der hat mir eins mitgegeben: Wenn diese Kräfte wieder in ein Parlament einziehen, verteidige die Demokratie mit allem, was du hast. Notfalls mit deinem Leben“, wurde Müller emotional und erntete damit lang anhaltenden Beifall der übrigen Fraktionen.
Wenige Tage später kam es dann erneut zu einer Auseinandersetzung zwischen Müller und der AfD. In einer aktuellen Stunde zum UNFlüchtlingspakt, die auf Verlangen der AfD-Fraktion einberufen worden war, suchte Müller abermals die Konfrontation. Mit Argumenten und fundierten Zahlen machte er sich für den Pakt stark und ging die AfD an. „Ihre Partei hat nichts zum Klimaschutz zu sagen. Ihre Partei hat nichts Substanzielles zur Inneren Sicherheit zu sagen. Sie haben kein Thema, das Sie wirklich beherrschen, außer dieses eine Thema, auf dem Sie die ganze Woche, aber auch schon seit Jahren immer herumreiten“, konstatierte Müller.
Dabei kommen die Äußerungen auf den ersten Blick etwas überraschend. Solch eine klare Abgrenzung, gerade in der Flüchtlingsfrage, hatte Müller im gesamten CDU-internen Vorwahlkampf zur Bundestagswahl und auch in der Folgezeit vermissen lassen. Vielmehr hatte er bei seiner Kandidatenvorstellung im Alt. Ochsen Weingarten manch fragwürdigen Wortmeldungen der anwesenden Bürgern keinerlei Einhalt geboten.
In der Flüchtlingsfrage halte er weiter an seiner Linie fest, betonte Müller nun mehr als zwei Jahre später im SZ-Gespräch: „Da habe ich nach wie vor eine klare Haltung.“Und dennoch macht Axel Müller gut ein Jahr nach seinem Eintritt in den Bundestag einen sehr aufgeräumten, fast schon lockeren Eindruck. Anders wäre es nicht zu erklären, dass er lachend sagt, dass er den „Homo-Orden“gerne annehmen möchte. Nur bei einer Sache versteht er aktuell gar keinen Spaß. „Die AfD wird immer schlimmer. Das ist unerträglich. Die AfD rückt immer weiter nach rechts“, konstatierte Müller im SZGespräch. Seit Beginn der Legislaturperiode habe sich das konstant verschlechtert. Eine Vielzahl an Äußerungen der AfD-Abgeordneten seien niveaulos und menschenverachtend. Daher ist für ihn nun endgültig der Punkt gekommen, das nicht weiter zu akzeptieren: „Das muss man jetzt auch mal bekämpfen.“
Ausschnitte aus den beiden Reden
von Axel Müller im Bundestag gibt es online unter: