Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gemeinderat segnet zweiten Verkaufssonntag ab
Am 31. März 2019 können die Ravensburger zusätzlich shoppen – Kontroverse Debatte, klare Mehrheit
RAVENSBURG - In Ravensburg wird es nächstes Jahr einen zweiten verkaufsoffenen Sonntag geben. Der Gemeinderat hat am Montagabend einem entsprechenden Antrag des Wirtschaftsforums pro Ravensburg (Wifo) mit klarer Mehrheit zugestimmt. Die beiden Kirchen in Ravensburg, die Gewerkschaft Verdi und die Betriebsseelsorge hatten die Pläne zuvor scharf kritisiert. Auch im Gemeinderat wurde diskutiert.
Am Sonntag, 31. März, werden viele Geschäfte in der Ravensburger Innenstadt von 13 bis 18 Uhr geöffnet haben – zusätzlich zum ersten Sonntag im Oktober. An diesem 31. März findet gleichzeitig der Mobilitätstag statt. Zum Hintergrund: In BadenWürttemberg dürfen Kommunen bis zu drei verkaufsoffene Sonntage festlegen, diese müssen allerdings an eine Veranstaltung gekoppelt sein. Im Oktober ist dies seit 1998 immer „Ravensburg interkulturell“.
Das Wifo begründet seinen Antrag für einen zweiten Sonntag damit, dass dieser „für den Standort Ravensburg und für eine nachhaltige und attraktive Stadtentwicklung wichtig ist“. Konkurrenz komme aus der Nachbarschaft – in Ulm, Friedrichshafen, Konstanz, Bad Waldsee, Tettnang, Bad Wurzach, Markdorf und Lindau gibt es schon zwei Sonntage, an denen Kunden einkaufen können – und aus dem Onlinehandel. Dieser habe den Einzelhandelsgeschäften bereits „massive Umsatzeinbußen“beschert. Am 31. März will das Wifo die Stadt „service- und kundenfreundlich präsentieren“und „insbesondere Familien die Möglichkeit zum gemeinsamen Einkaufserlebnis bieten“.
Um die Beschäftigen nicht über Gebühr zu belasten, wird im Gegenzug die lange Ravensburger Einkaufsnacht im Frühjahr gestrichen.
Die Katholische und die Evangelische Kirche in Ravensburg hatten sich klar gegen einen weiteren Einkaufssonntag positioniert. In der Begründung heißt es: „Der freie Sonntag verkörpert die Freiheit des Menschen von einer rein wirtschaftlich orientierten Lebensweise.“
Die Gewerkschaft Verdi kritisiert, der Schutz der Arbeitnehmer und Familien werde „ausgehöhlt“. Die IHK hingegen hat den Antrag des Wifo unterstützt. Es bedürfe „neuer Anstrengungen alle Akteure einer Innenstadt, um den Kaufkraftabfluss in den Onlinehandel abzumildern“.
Dies sah auch die CDU um August Schuler so. Der Vorschlag des Wifo habe „Maß und Mitte“. Fraktionschef Schuler: „Wir müssen uns der Sorgen des Handels annehmen.“Den Teilzeitkräften im Handel sei darüber hinaus der Sonntag als Arbeitstag lieber als der lange Samstag. Mehrheitlich waren auch die Grünen für den Antrag. Ozan Önder: „Nicht alle Händler jubeln allerdings. Und einem dritten verkaufsoffenen Sonntag würden wir uns verweigern.“
Unterschiedliche Meinungen gab es bei den „Bürgern für Ravensburg“. Berthold Traub will am Arbeitszeitgesetz und an freien Sonntagen festhalten und glaubt zudem, die Kunden könnten das Geld nur einmal ausgeben. „Der Tag des Herrn interessiert die Umsatzprofiteure nicht mehr“, sagte Heike Engelhardt, Fraktionschefin der SPD. Trost der Fraktion sei, dass die lange Einkaufsnacht entfalle. Jochen Fischinger (Freie Wähler) betonte, solche Aktionen sicherten den gebeutelten Einzelhändlern das Überleben.
Michael Lopez-Diaz (UL) stört sich daran, dass Konsum Kindern als gemeinsame Freizeitgestaltung verkauft werde. Oliver Schneider (FDP) hält die Belastung für Arbeitnehmer durch einen halben Sonntag für „verschwindend gering“. Wilfried Krauss (BfR): „Wir sind eine rauschsüchtige Spaßgesellschaft. Wir amüsieren und shoppen uns zu Tode.“