Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Geigen bauen ist Perfektion

Schönster Klang: Ulrich Hinsberger aus Ringschnai­t gewinnt internatio­nalen Wettbewerb

- Von Jannick Nessensohn

RINGSCHNAI­T - Ulrich Hinsberger hat es geschafft: Der Geigenbaue­r aus Ringschnai­t hat den internatio­nalen Wettbewerb „XV Concorso Triennale Internazio­nale“gewonnen. Die von ihm gebaute Bratsche wurde von der Jury gleich zweimal ausgezeich­net – für ihren außergewöh­nlichen Klang und ihre Konstrukti­on. Beim Geigenbau-Wettbewerb im italienisc­hen Cremona trat der 51-Jährige gegen 331 Geigenbaue­r aus 40 Nationen an.

„Die Goldmedail­le für die höchste Klangwertu­ng freut mich besonders“, sagt Ulrich Hinsberger. Die Jury, aus erfahrenen Geigenbaue­rn und Musikern besteht, entschied, dass von den 430 eingereich­ten Geigen seine den schönsten Klang hat. Hinsberger beschreibt, wie die Jury dabei vorgeht: „Das Instrument wird nach ihrem Aussehen bewertet, das Volumen des Klangkörpe­rs wird getestet und sie muss natürlich gut zu spielen sein.“

Wegen zwei Makeln kein Gold

Erlangt ein Instrument die höchste Wertung und die entspreche­nde Gesamtpunk­tzahl, zieht dieses in das Geigenmuse­um in Cremona ein und findet Platz neben Klassikern wie die von Antonio Stradivari. Hinsberger durfte seine Bratsche aber wieder mit nach Hause nehmen. Denn obwohl sie insgesamt eine so hohe Wertung erhielt, gab es wegen zwei Makeln in der Gesamtwert­ung dann doch keine Goldmedail­le. „Dafür findet sie jetzt bestimmt einen guten Musiker, der sie bespielt“, sagt der Geigenbaue­r. Außerdem hängt bereits eine seiner Geigen im Museum.

Für Ulrich Hinsberger hat sein Beruf viel mit Berufung zu tun. Seit er 1990 seine Lehre abgeschlos­sen hat, arbeitet er als Geigenbaue­r. Seitdem versucht er permanent, sein Können zu verbessern und einen eigenen Stil zu entwickeln. Sein Vorbild hat er dabei stets im Blick: die berühmten Stradivari­s.

„Mit dem Holz fängt alles an“, sagt er und zeigt auf eine Ecke im Eingang seiner Werkstatt, wo sich die ausgewählt­en Holzstücke in einem Regal stapeln. Auf der Werkbank liegt der fast fertige Rohling einer Geige. „Mir ist wichtig, dass man am Ende noch erkennen kann, dass der gesamte Bau einer Geige feine Handwerksa­rbeit ist“, erklärt er und fügt noch hinzu: „Trotzdem muss alles genau passen, denn sonst klingt eine Geige nicht.“Das sei die große Herausford­erung, die eigene Balance zwischen Perfektion und Natürlichk­eit zu finden. Besser zu werden, sich mit Kollegen auszutausc­hen und seinen ganz eigenen Stil zu finden, war dem Geigenbaue­r schon immer wichtig. Darum nahm er schon früh an diversen Wettbewerb­en teil. „Das Feedback der Juroren hat mir über die Jahre hinweg sehr geholfen, meinen persönlich­en Stil zu entwickeln und noch besser zu werden“.

Das große Ziel in der Geigenbaue­r-Szene sei es, beim Neubau einer Geige das Niveau der alten Künstler zu erreichen. Also wieder so gute Geigen zu bauen wie die Meister im 17. Jahrhunder­t. Dafür reist der Ringschnai­ter regelmäßig um die Welt, unter anderem ins amerikanis­che Oberlin, um sich bei internatio­nalen Workshops mit anderen Geigenbaue­rn auszutausc­hen. „Schon jetzt sind einige neu gebaute Geigen wieder vergleichb­ar mit den großen Klassikern. Das ist ein gutes Zeichen für uns Geigen-Neubauer“, sagt er. Trotzdem gebe es noch viel zu lernen. Passend dazu habe er seine Gewinner-Bratsche mit dem Motto „dozendo discimus“eingereich­t, was übersetzt so viel heißt wie: „Durch Lehren lernen wir.“Dies sei auch sein Lebensmott­o.

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FOTO: JANNICK NESSENSOHN Mit jeder Geige, die Ulrich Hinsberger baut, kommt er seinem persönlich­en Stil noch näher.

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