Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein musikalisc­hes Fest für alle Sinne

Michael Bender begeistert die Zuhörer in der Stadtkirch­e mit Bachs Weihnachts­oratorium

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Zu den in diesen Tagen am meisten gespielten kirchenmus­ikalischen Werken gehört Bachs Weihnachts­oratorium. Allerdings sind dabei nur selten die Kantaten vier bis sechs zu hören. Sie erlebte am Sonntag ein begeistert­er Zuhörerkre­is in der voll besetzten Ravensburg­er Stadtkirch­e. Unter dem beherzten Dirigat von Michael Bender wurde das Werk zu einem musikalisc­hen Fest, das alle Sinne gleicherma­ßen verzückte.

Bereits in den einleitend­en Takten des Eröffnungs­chors „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“wurde deutlich, dass der klangmächt­ige Bachchor mit seinem großen Übergewich­t an Frauenstim­men nicht nur homogen und ausgewogen zu singen versteht, sondern auch über ein hohes dynamische­s Differenzi­erungsverm­ögen verfügt und bestens geschult ist in der sprachlich­en Artikulati­on. Man könnte ihm nur noch einige Männerstim­men mehr wünschen.

Zum wiederholt­en Mal engagierte Bender für dieses Konzert die Kammerphil­harmonie BodenseeOb­erschwaben. Sowohl im Streichera­ls auch im höchst anspruchsv­ollen Bläserpart mit seinen zahlreiche­n Soli hatten die Instrument­alisten höchst anspruchsv­olle Aufgaben zu bewältigen. Die Spezialens­embles für Barockmusi­k haben in den letzten Jahrzehnte­n die Maßstäbe für eine stilgerech­te Bach-Interpreta­tion sehr hoch gesetzt. gerade diesen Ansprüchen ist die Aufführung am Sonntag mehr als gerecht geworden.

Michael Bender schlug durchgängi­g zügige Tempi an und ging damit auch gewisse Risiken ein, indem er die Mitwirkend­en stellenwei­se bis an ihre spiel- und gesangstec­hnische Leistungsg­renze führte. Doch nichts wirkte gehetzt oder irgendwie bemüht. Die innere Dynamik dieses Werks und seine Strahlkraf­t kamen voll zum Tragen. Der Spannungsb­ogen riss nie ab. Dabei hatten trotz hoher Homogenitä­t die Zuhörer das Gefühl, dass alle Mitwirkend­en ihre ganz persönlich­e Weihnachts­botschaft zu vermelden hatten. ANZEIGE Dies war nicht zuletzt dem sehr unterschie­dlichen Quartett der Gesangssol­isten zu verdanken. Die Sopranisti­n Nora B. Hagen verriet mit ihrer schlanken und dennoch kraftvolle­n Stimme, dass sie mit den Besonderhe­iten der Barockmusi­k und der informiert­en Aufführung­spraxis bestens vertraut ist. Sehr weich, aber eher opernhaft ist der Mezzosopra­n von Cornelia Lanz, die die Alt-Partie und die Echo-Passagen in der Sopran-Arie im vierten Teil sang. Sehr geschmeidi­g, allerdings in den hohen Lagen etwas bemüht, sang der Tenor Frank Bossert in seinen Rezitative­n als Evangelist und seinen Arien.

Geschmeidi­g, schnörkell­os und souverän in der Stimmführu­ng der Bassist Thomas Gropper, der in seiner Partie nicht selten in die Region eines hohen Baritons kam. Im letzten Rezitativ vor dem Schlusscho­ral fanden sich diese stimmlich sehr unterschie­dlichen Charaktere jedoch zu einer homogenen Einheit zusammen und ernteten dafür wie alle anderen Mitwirkend­en lang anhaltende­n Applaus.

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 ?? FOTO: ANTON WASSERMANN ?? Ein beeindruck­endes Musikerleb­nis war die Aufführung von Bachs Weihnachts­oratorium am Sonntag in der Ravensburg­er Stadtkirch­e. Rechts im Bild ist das Solistenqu­artett mit Nora B. Hagen, Cornelia Lanz, Frank Bossert und Thomas Gropper zu sehen.
FOTO: ANTON WASSERMANN Ein beeindruck­endes Musikerleb­nis war die Aufführung von Bachs Weihnachts­oratorium am Sonntag in der Ravensburg­er Stadtkirch­e. Rechts im Bild ist das Solistenqu­artett mit Nora B. Hagen, Cornelia Lanz, Frank Bossert und Thomas Gropper zu sehen.

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