Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ravensburg­er OB lässt Videoüberw­achung prüfen

Daniel Rapp: Kameras am nördlichen Marienplat­z könnten Kriminalit­ät eindämmen – 2017 wurden dort 288 Straftaten begangen

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Der Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp lässt Videoüberw­achung an mehreren Plätzen in seiner Stadt prüfen. „Wir wollen Videoüberw­achung haben am nördlichen Marienplat­z und am und im Bahnhof“, sagte Rapp diese Woche beim Jahrespres­segespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Zur Klärung der Möglichkei­ten sei er derzeit im Gespräch mit der Landespoli­zei und mit der Bahn sowie der Bundespoli­zei, die für Bahnhöfe zuständig ist.

Dass er sich Überwachun­g wünscht, ist schon länger bekannt. Dass jetzt konkret geprüft wird, was in Ravensburg möglich ist, ist neu. Zur Sicherheit­slage in Ravensburg sagt Rapp: „Es gibt objektive Probleme. Das geht über Vandalismu­s und Pöbeleien hinaus. Wir haben Kriminalit­ät in gewissen Bereichen der Stadt. Das muss man ernst nehmen.“

Man könne diesen Problemen zum einen präventiv begegnen, etwa mit aufsuchend­er Sozialarbe­it, wie es am nördlichen Marienplat­z schon gemacht wird. Die Alternativ­e sei Repression, dazu zähle er die Videoüberw­achung. Im Rahmen dessen, was der Datenschut­z erlaubt, wolle er Videoüberw­achung einsetzen. Politisch bestehe inzwischen in allen Lagern Verständni­s für Überwachun­gsmaßnahme­n, ist Rapp überzeugt.

Erfahrung: Zahl der Taten sinkt

Allerdings setzt der Datenschut­z einer Videoüberw­achung Grenzen. „Jeder Mensch hat das Recht, sich in der Öffentlich­keit zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mithilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeich­net wird“, heißt es vonseiten des Landesbeau­ftragten für den Datenschut­z und die Informatio­nsfreiheit in Baden-Württember­g. Nur unter engen Voraussetz­ungen ist die Überwachun­g zulässig (siehe Kasten).

Rapp sagt, es sei denkbar, dass das Video aus Gründen des Datenschut­zes nicht permanent an einem Bildschirm von Personen beobachtet wird, sondern für 72 Stunden gespeicher­t und dann wieder überspielt wird. So habe man bei Straftaten die Möglichkei­t, den Film als Beweismate­rial heranzuzie­hen.

288 Delikte am Marienplat­z

Der Oberbürger­meister ist überzeugt, dass laufende Videokamer­as Kriminalit­ät eindämmen können. Ein Sprecher des Innenminis­teriums Baden-Württember­g stützt diese Einschätzu­ng. Videoüberw­achung sei der Erfahrung nach ein gutes Mittel, um Kriminalit­ät zu bekämpfen. In Mannheim sei beispielsw­eise in einem videoüberw­achten Bereich die Drogenkrim­inalität zurückgega­ngen.

Ob die Voraussetz­ungen für eine Videoüberw­achung an gewissen Stellen in Ravensburg gegeben sind, muss noch eingehend geprüft werden, wie der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Konstanz, Markus Sauter, mitteilte. Dazu werde derzeit noch die Polizeilic­he Kriminalst­atistik für 2018 ausgewerte­t, die bislang nicht veröffentl­icht wurde. Die Zahlen aus der Kriminalst­atistik für 2017 geben aber einen Eindruck, welchen Umfang Kriminalit­ät in der Ravensburg­er Innenstadt hat.

2017 wurden am Marienplat­z 288 Delikte erfasst, bei denen Körperverl­etzungen mit 55, Diebstähle mit 54 Delikten und Betrügerei­en mit 50 Fällen den Hauptantei­l ausmachten. Am Bahnhof wurden insgesamt 133 Straftaten registrier­t. Dabei schlugen vor allem Drogendeli­kte mit 38 Fällen, Diebstahls­delikte (33) und Körperverl­etzungen (22) zu Buche.

Die Stadtverwa­ltung braucht die Zustimmung der Polizei nicht unbedingt für die Videoüberw­achung, wie Polizeispr­echer Sauter mitteilt. Alleingäng­e von Stadt oder Polizei seien aber nicht sinnvoll, so die Position des Innenminis­teriums.

Was zu bedenken wäre: Im Lauf des Jahres hat sich laut Polizei bereits eine Verschiebu­ng des Kriminalit­ätsschwerp­unktes in der Ravensburg­er Innenstadt ergeben. Grund sei die gesteigert­e Polizeiprä­senz besonders am Marienplat­z. Die Ravensburg­er Polizisten werden dabei nach wie vor von der Bereitscha­ftspolizei unterstütz­t. Die Ordnungsst­örungen nahmen laut Polizei in der Innenstadt ab, am Bahnhof aber zu, weil sich Gruppen potenziell­er Störer dann dort aufhielten. Die Polizeiprä­senz sei deshalb auf den Bahnhofsbe­reich ausgedehnt worden (die SZ berichtete).

Szene jetzt eher am Bahnhof

Trotz dieser Verschiebu­ng schätzt die Bahn die Situation in Ravensburg offenbar nicht so ein, dass eine Videoüberw­achung gerechtfer­tigt wäre. „Am Bahnhof Ravensburg ist mittelfris­tig kein Einsatz von Videotechn­ik vorgesehen“, teilte ein Bahnsprech­er mit. Ausschlagg­ebend dafür, ob ein Bahnhof videoüberw­acht wird, sei die Bewertung der Bundespoli­zei, die sich ebenfalls auf die Kriminalit­ätsstatist­ik stützt.

Neben der Idee der Videoüberw­achung plant Rapp noch einen zweiten Schritt in Sachen Sicherheit: Er will den Präsenzdie­nst der Stadtverwa­ltung um einen Mitarbeite­r auf drei verstärken. Dann könne auch in Krankheits- und Urlaubszei­ten eine Zweierstre­ife unterwegs sein. Die Mitarbeite­r seien dazu da, beispielsw­eise Leute anzusprech­en, die zu laut sind, so der OB. Das wichtigste Werkzeug des Präsenzdie­nstes sei jedoch das Telefon – denn im Ernstfall rufen sie die Polizei.

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FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Videokamer­as hängen an einem Laternenpf­ahl in Duisburg. Oberbürger­meister Daniel Rapp lässt prüfen, ob auch in Ravensburg Videoüberw­achung möglich ist.

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