Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ehrenamtli­che Dolmetsche­r helfen bei der Verständig­ung zwischen den Kulturen

Das westliche Leben kann für geflüchtet­e Menschen voller Hürden und Fallstrick­e sein

- Von Maria Anna Blöchinger

RAVENSBURG - Geflüchtet­e Menschen, Frauen vor allem, wären oft ohne Übersetzun­gshilfen in einer unbekannte­n Sprache und Kultur verloren. Seit 2017 sorgt die Diakonie für eine Gruppe ehrenamtli­cher Dolmetsche­rinnen und Dolmetsche­r, die sie weiterbild­et und geringfügi­g entlohnt. Die Spendenakt­ion „Helfen macht Freude“unterstütz­t die Wegbegleit­er.

„Der Bedarf ist gerade bei Frauen, bei geflüchtet­en Syrerinnen und in einem Frauentref­f, immer noch dringend“, sagte Thaddiana Stübing, die Koordinato­rin beim Diakonisch­en Werk. Weil bei der Diakonie erfahrene mündliche Übersetzer fehlten, bildeten sie 2016 eine Dolmetsche­rgruppe aus ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn. Diese bekommen eine geringfügi­ge Entlohnung. Eine Fortbildun­g hilft ihnen bei der Arbeit mit Schutzbefo­hlenen Nähe und Distanz zu regulieren und auf Selbstschu­tz zu achten. Alle drei Monate treffen sich die ehrenamtli­chen Dolmetsche­r in einem Gruppenrau­m der Diakonie zu Austausch und Gespräch. Der „Schwäbisch­en Zeitung“erzählten sie von ihrer Arbeit.

Hanan El-Churufa begleitet vor allem Frauen zu Arztbesuch­en. Mit vier Jahren selber mit ihren Eltern aus dem Libanon nach Deutschlan­d gekommen, gibt sie ein lebendiges Beispiel für gelungene Integratio­n. „Ich habe Sicherheit in der deutschen Sprache und Kultur gefunden, ohne meine eigene zu verleugnen“, betonte sie. Für Frauen aus dem arabischen Raum sei es erst mal ein Problem, offen und direkt zu sein. „Ich stehe oft vor der Frage, wie überbringe ich eine schlechte Nachricht. Wie erkläre ich, was der Patient hat?“, schilderte sie ihre Arbeit. Es gehe dabei nicht nur ums Übersetzen, sondern darum, sich zu begegnen. „Gute Sprachkenn­tnisse sind in allen Fällen unerlässli­ch“, meinte die Koordinato­rin der Diakonie Thaddiana Stübing. Die Dolmetsche­r sind außer bei Ärzten, Ämtern und Beratungss­tellen auch in Schulen und Kitas, bei Infoverans­taltungen und der Mieterschu­lung dringend nötig. Die Diakonie hofft, wieder eine Mini-Job-Stelle für eine arabisch sprechende Dolmetsche­rin einrichten zu können. Die Ravensburg­erin Ela Elciboga beherrscht drei Sprachen. Ihre Eltern kamen aus der Türkei, aus einem Gebiet nahe der syrischen Grenze. Sie arbeitet seit 2009 bei der Diakonie in der Verwaltung, zurzeit in der Anlaufstel­le für Geflüchtet­e in der Hindenburg­straße.

Alle kennen ja die Herausford­erung des „Papierkrie­gs“. Für die geflüchtet­en, des Deutschen noch nicht mächtigen Menschen stellt der Briefverke­hr mit Ämtern oder Firmen ein Dschungel dar. „Wir klären sie auf, wie sie die Unterlagen ordnen können, und warnen, ja nichts wegzuwerfe­n“, erzählte die 39-jährige Mutter, die seit 30 Jahren in Deutschlan­d lebt und ihren Namen für sich behält. Sie schilderte, wie viel Geduld und Ruhe sie für dieses Ehrenamt braucht, und räumte ein: „Als Mutter bin ich darin ja geübt.“

Helfen, Ängste zu überwinden

Jihan Rahim kann sich kurdisch, arabisch und persisch verständig­en. „Ich möchte Fremden aus anderen Kulturen helfen, ihre Ängste zu überwinden und ins europäisch­e Leben hineinzuwa­chsen“, sagte er. Er weiß, dass mangelnde Sprachkenn­tnisse dazu führen, dass diese Verträge zu Handys oder Bankkarten unterschre­iben, die sie nicht wollen und nicht gebrauchen können. „Manchmal konnten wir die Verträge rückgängig machen“, berichtete der Dolmetsche­r. Der Jüngste in der Gruppe ist der Syrer Fadi Alfares. Er ist seit drei Jahren hier und macht anderen Mut, Deutsch zu lernen.

Bei psychologi­schen Beratungen hilft Shahnaz Roohani mit ihren Farsi-Kenntnisse­n. „In Persien ist es nicht üblich, dass man die Geheimniss­e der Familie preisgibt“, erzählte sie mit einem Lächeln. „Erfahren die Hilfsbedür­ftigen aber von der gesetzlich­en Schweigepf­licht, dann erzählen sie von ihrem Leben.“Übrigens sucht die Diakonie noch zusätzlich­e ehrenamtli­che Dolmetsche­r.

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FOTO: BLÖCHINGER In der zurzeit siebenköpf­igen Gruppe der Dolmetsche­r engagieren sich auch (im Bild von links) Hanan El-Churufa, Ela Elciboga, Fadi Alfares, Shahnaz Roohani und Jihan Rahim.

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