Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Staatsanwalt: Angeklagter voll schuldfähig
Sechster Verhandlungstag in Ravensburg gegen 40-Jährigen wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes
RAVENSBURG/BAD SCHUSSENRIED - Auch am sechsten Verhandlungstag gegen einen 40-Jährigen aus dem Landkreis Biberach hat die Große Schwurgerichtskammer Ravensburg kein Urteil gefällt. Zwar wurden etliche Beweisanträge abgelehnt und die Beweisführung geschlossen. Das letzte Plädoyer der zweiten Verteidigerin steht jedoch noch aus. Außerdem dürfte der Angeklagte, der bislang zu den Anschuldigungen der Vergewaltigung und des versuchten Mordes an seiner 39-jährigen Sexpartnerin vor Gericht schwieg, das letzte Wort haben.
Der Staatsanwalt sah in seinem Plädoyer den Sachverhalt laut Anklageschrift im Wesentlichen bestätigt und hielt den Angeklagten für voll schuldfähig. „Sie haben einen wilden Ritt durch das Strafrecht hinter sich“, sagte der Staatsanwalt in seinen Ausführungen mit Blick auf frühere Verurteilungen – unter anderem wegen Volksverhetzung, Brandstiftung und versuchten Totschlags. Nun habe der 40-Jährige –wie die Ermittlungen ergeben hatten – eine 39-jährige Frau in deren Wohnung erst brutal mit der Faust zu penetrieren versucht, sie anschließend mit einem Handyladekabel drosseln wollen und schließlich mit einer Haushaltsschere mehr als 30 Mal auf sie eingestochen.
Staatsanwalt fordert 13 Jahre
„Vorsätzlich, intensiv und mit Durchhaltevermögen“, um die vorangegangene Vergewaltigung und ein drohendes neuen Verfahren zu vertuschen, habe er die Frau als einzige Zeugin zu töten versucht. Der Staatsanwalt forderte daher für versuchten Mord und Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung eine Gesamtstrafe von 13 Jahren und neun Monaten plus Sicherheitsverwahrung. Mildernde Umstände gäbe es nicht zu berücksichtigen – zumal der Angeklagte keine Reue gezeigt oder sich je bei der Geschädigten entschuldigt habe.
Das sah der Verteidiger ganz anders. Wobei nach dem knapp zweistündigen Plädoyer des Biberacher Strafverteidigers die Diskrepanz im zu erwarteten Strafrahmen doch ungewöhnlich hoch war. Er plädierte auf „nicht mehr als drei Jahre“, im Maßregelvollzug und bat, auf die Sicherheitsverwahrung („Das ist in Deutschland die schlimmste Bestrafung!“) zu verzichten. Neun Jahre sei sein Mandant als Straftäter nicht rückfällig geworden. Die Folgen der Tat seien „noch im Rahmen geblieben“, sagte er an die um Fassung bemühte Geschädigte gewandt. Er bat darum, die als „Sex gegen Geld“formulierte Vorgabe zum Treffen in der Tatnacht zu berücksichtigen: „Extrem viel“, nämlich 850 Euro sei sein Mandant zu zahlen bereit gewesen, insofern sei „Vergewaltigung“zwar ein sensibles Thema – aber hier nicht passiert. „Zumal die Nebenklägerin selbst ausgesagt hat, dass sie sich gegen das sogenannte Fisting offenbar wehrte, deshalb aber nicht zur Polizei gegangen wäre“, formulierte der Verteidiger.
Verteidiger: Eine Impulstat?
Den Mordvorwurf entkräftete der Verteidiger in seinem Plädoyer dadurch, dass es mit den beiden im Kinderzimmer schlafenden Kindern „ja gar nicht gereicht hätte“, nur seine Sexpartnerin umzubringen. Den Rest ließ Verteidiger Ziegler bedeutungsschwer offen. Für ihn sehe alles nach „einer Impulstat“aus und nach wie vor sei für ihn das Tatgeschehen nicht eindeutig geklärt. Die knapp ein halbes Dutzend Anträge der Verteidiger hatte die Kammer noch vor Beginn der Plädoyers zurückgewiesen. Weder sei an der Aussagetüchtigkeit der Nebenklägerin zu zweifeln, noch bedürfe es eines Gutachtens zu etwaigen Verletzungen im Intimbereich der Geschädigten. Für den 2. Januar 2019 ist nun das Plädoyer der zweiten Verteidigerin vorgesehen. Mit einem Urteil darf noch am selben Tag gerechnet werden.