Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie aus Sperrmüll eine Krippe wurde
Ein modernes Kunstwerk von Bernhard Staudacher, Pfarrer von Baindt und Baienfurt
BAINDT - Fernab vom klassischen Modell einer Weihnachtskrippe aus Holz stellt der Pfarrer der Kirchengemeinden Baienfurt und Baindt, Bernhard Staudacher, seine künstlerische Darstellung der Weihnachtsgeschichte in der Baindter Kirche zur Schau. Ganz getreu dem Motto „aus Alt mach Neu“hat der Pfarrer diese Krippe liebevoll aus Pappmaché und Sperrmüll komplett eigenhändig erstellt.
Beim ersten Blick auf die Krippe scheint es nicht so, als würden die Figuren aus Pappmaché bestehen, sondern eher aus hochwertiger Bronze oder Messing. Bernhard Staudacher hat es durch die Bemalung der Figuren geschafft, den rund 20 bis 30 Zentimeter großen Figuren ein hochwertiges Aussehen zu geben.
Obwohl er ein großes Interesse für klassische Holzkrippen habe, hat Staudacher sich gegen die Holzvariante entschieden. Er begründet diese Entscheidung damit, dass er so dem Ganzen einen modernen Touch geben und seine persönliche Botschaft hinzufügen könne. Mit der ungewöhnlichen Materialwahl wolle er „das Gewohnte aufbrechen und zeitgleich Platz machen, um etwas Bekanntes neu zu entdecken“.
Der studierte Theologe will mit seinem Kunstwerk deutlich machen, dass es bei der Menschwerdung Gottes durch Jesus nicht um den materiellen und sachlichen Wert geht, sondern dass die Botschaft im Mittelpunkt steht. So erklärt er auch, dass die Wahl der minimalistischen Baustoffe kein Zufall war, sondern er dadurch verdeutlichen wolle, dass „Gott im Wertlosen und Unscheinbaren auf die Welt gekommen ist“.
Auch sich selbst hineingebastelt
Für ihn ist es wichtig, dass Menschen sich mit der Geschichte identifizieren können, ohne ihnen einen Glauben aufdrängen zu wollen. Seine Krippe bietet großen Spielraum zur Interpretation. Auch die Darstellung der Figuren bietet einen großen Identifikationswert. Beim genaueren Betrachten der Figuren fallen Details auf, die einen lokalen Bezug zur Gemeinde Baindt herstellen. So gibt es zum Beispiel die Figur eines Rollstuhlfahrers, der einerseits eine Neuauffassung der „gebrechlichen Figur“der traditionellen Krippe sei, wie Staudacher erklärt, und andererseits einen Bezug zur Blindenschule Baindt hat. Sogar sich selbst und seinen Hund hat Bernhard Staudacher in der Krippe verewigt: Er stellt sich als Pilger dar, der die Jakobsmuschel auf dem Rücken trägt. Dies soll ein Verweis auf seine mehrmaligen Wanderungen nach Santiago de Compostela sein.
Für ihn sei wichtig, dass sich der Betrachter in der besinnlichen (Nach-)Weihnachtszeit mit der Weihnachtsgeschichte auseinandersetzt, sie neu interpretiert, um dann diese Gedanken mit ins neue Jahr zu nehmen, so Staudacher.
Die selbst gebaute Krippe von Bernhard Staudacher ist
bis zum 2. Februar in der Baindter Kirche zu sehen. Durch kleine Verszitate und Hintergrundgeschichten gibt der Pfarrer Denkanstöße und stellt Interpretationsansätze zur Verfügung.