Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polizeipräsidium in der Gartenstraße
RAVENSBURG (fh) - Die Reform der Reform bringt Oberschwaben schon 2017 die Nachricht vom erhofften Polizeipräsidium in Ravensburg. Nur wo? Lange scheint 2018 alles auf das ehemalige Telekomgebäude des Landkreises in der Gartenstraße hinauszulaufen. Doch dann werden sich Land und Kreis über den Verkaufspreis nicht einig. Die Verantwortlichen im Land sind auch über spät entdeckte Auflagen verstimmt. Die Folge: Die neue Polizeizentrale entsteht nun dort, wo vor der Reform die Polizeidirektion angesiedelt war. Eine gute Nachricht folgt zum Jahresende: Weil das Präsidium zwar schon 2020 die Arbeit aufnimmt, bis dahin aber nicht alles fertig sein wird, wird das Revier in der Seestraße endlich renoviert. RAVENSBURG - Es ist ein lauer Spätsommernachmittag, als in der Ravensburger Innenstadt plötzlich Schreie zu hören sind und Menschen in Panik in Geschäfte flüchten. Auf dem nördlichen Marienplatz hat ein Mann unvermittelt mit einem großen Messer auf zwei junge Syrer eingestochen. Überall ist Blut, als der Angreifer seinen Weg fortsetzt. Er fuchtelt mit dem Messer, ruft Unverständliches.
Vor dem „Engel“stellt sich ihm ein Mann in den Weg, ein Tourist aus Hessen, an diesem Tag mit seiner Familie unterwegs, um Ravensburg zu genießen. Der 52 Jahre alte Hanauer versucht, den Angreifer mit einem Stuhl zu stoppen und wird dabei auch schwer verletzt. Es ist der zufällig vorbeikommende Oberbürgermeister Daniel Rapp, der mithilfe eines Polizisten den Mann schließlich zur Aufgabe bewegen kann. Einer der beiden niedergestochenen jungen Syrer ringt mehrere Stunden im Krankenhaus mit dem Tod, überlebt aber wie die beiden anderen Schwerverletzten auch dank der Hilfe von mehreren Augenzeugen.
Der schreckliche Vorfall hat mehrere Nachspiele. Wie sich herausstellt, ist der junge Angreifer ein wohl psychisch schwer kranker Asylbewerber aus Afghanistan. Recherchen der „Schwäbischen Zeitung“ergeben, dass es offenbar schon zuvor Hinweise darauf gegeben hatte, dass er eine Gefahr für sich und andere werden könnte. Der 21 Jahre alte Mann hört Stimmen, wenn er seine Medikamente nicht nimmt. An diesem Freitag wollte er offenbar auf dem Marienplatz mit einem Arbeitskollegen abrechnen, von dem er sich verfolgt fühlte. Alle Opfer werden rein zufällig Ziel seines Zorns.
Während der Ravensburger Oberbürgermeister national in den Medien als Held gefeiert wird, versuchen rechte Kreise, die Bluttat zu instrumentalisieren. Eine zunächst angekündigte Demonstration gegen die Asylpolitik der Bundesregierung wird von der Stadt nicht genehmigt. Kurz danach soll es eine „Mahnwache“ für die Opfer geben, ohne Hetze, wie die Veranstalterin beteuert. Doch stattdessen gehen 2500 Raauf die Straße und devensburger monstrieren auf dem Marienplatz friedlich für eine bunte und offene Gesellschaft. Die „Mahnwache“wird kurzfristig abgesagt, die Organisatomissverstanden. ren fühlen sich
Die Opferhilfe „Weißer Ring“verleiht später vier Helfern den Zivilcouragepreis für ihren Einsatz. Und in Ravensburg hat mit etwas Abstand eine neuerliche Diskussion über die Sicherheit auf dem Marienplatz begonnen. Der nördliche Teil stand schon zuvor massiv im Fokus. Oberbürgermeister Daniel Rapp will nun über Videoüberwachung nachdenken. Stadträte, allen voran Rolf Engler (CDU), fordern mehr Sicherheitskräfte in dem Quartier.
Der Angreifer wird in der Psychiatrie in Weißenau behandelt, ein Sachverständiger erstellt derzeit ein Gutachten, ob er in einem Gefängnis oder in einer Klinik untergebracht werden muss.