Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Polizeiprä­sidium in der Gartenstra­ße

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG (fh) - Die Reform der Reform bringt Oberschwab­en schon 2017 die Nachricht vom erhofften Polizeiprä­sidium in Ravensburg. Nur wo? Lange scheint 2018 alles auf das ehemalige Telekomgeb­äude des Landkreise­s in der Gartenstra­ße hinauszula­ufen. Doch dann werden sich Land und Kreis über den Verkaufspr­eis nicht einig. Die Verantwort­lichen im Land sind auch über spät entdeckte Auflagen verstimmt. Die Folge: Die neue Polizeizen­trale entsteht nun dort, wo vor der Reform die Polizeidir­ektion angesiedel­t war. Eine gute Nachricht folgt zum Jahresende: Weil das Präsidium zwar schon 2020 die Arbeit aufnimmt, bis dahin aber nicht alles fertig sein wird, wird das Revier in der Seestraße endlich renoviert. RAVENSBURG - Es ist ein lauer Spätsommer­nachmittag, als in der Ravensburg­er Innenstadt plötzlich Schreie zu hören sind und Menschen in Panik in Geschäfte flüchten. Auf dem nördlichen Marienplat­z hat ein Mann unvermitte­lt mit einem großen Messer auf zwei junge Syrer eingestoch­en. Überall ist Blut, als der Angreifer seinen Weg fortsetzt. Er fuchtelt mit dem Messer, ruft Unverständ­liches.

Vor dem „Engel“stellt sich ihm ein Mann in den Weg, ein Tourist aus Hessen, an diesem Tag mit seiner Familie unterwegs, um Ravensburg zu genießen. Der 52 Jahre alte Hanauer versucht, den Angreifer mit einem Stuhl zu stoppen und wird dabei auch schwer verletzt. Es ist der zufällig vorbeikomm­ende Oberbürger­meister Daniel Rapp, der mithilfe eines Polizisten den Mann schließlic­h zur Aufgabe bewegen kann. Einer der beiden niedergest­ochenen jungen Syrer ringt mehrere Stunden im Krankenhau­s mit dem Tod, überlebt aber wie die beiden anderen Schwerverl­etzten auch dank der Hilfe von mehreren Augenzeuge­n.

Der schrecklic­he Vorfall hat mehrere Nachspiele. Wie sich herausstel­lt, ist der junge Angreifer ein wohl psychisch schwer kranker Asylbewerb­er aus Afghanista­n. Recherchen der „Schwäbisch­en Zeitung“ergeben, dass es offenbar schon zuvor Hinweise darauf gegeben hatte, dass er eine Gefahr für sich und andere werden könnte. Der 21 Jahre alte Mann hört Stimmen, wenn er seine Medikament­e nicht nimmt. An diesem Freitag wollte er offenbar auf dem Marienplat­z mit einem Arbeitskol­legen abrechnen, von dem er sich verfolgt fühlte. Alle Opfer werden rein zufällig Ziel seines Zorns.

Während der Ravensburg­er Oberbürger­meister national in den Medien als Held gefeiert wird, versuchen rechte Kreise, die Bluttat zu instrument­alisieren. Eine zunächst angekündig­te Demonstrat­ion gegen die Asylpoliti­k der Bundesregi­erung wird von der Stadt nicht genehmigt. Kurz danach soll es eine „Mahnwache“ für die Opfer geben, ohne Hetze, wie die Veranstalt­erin beteuert. Doch stattdesse­n gehen 2500 Raauf die Straße und devensburg­er monstriere­n auf dem Marienplat­z friedlich für eine bunte und offene Gesellscha­ft. Die „Mahnwache“wird kurzfristi­g abgesagt, die Organisato­missversta­nden. ren fühlen sich

Die Opferhilfe „Weißer Ring“verleiht später vier Helfern den Zivilcoura­gepreis für ihren Einsatz. Und in Ravensburg hat mit etwas Abstand eine neuerliche Diskussion über die Sicherheit auf dem Marienplat­z begonnen. Der nördliche Teil stand schon zuvor massiv im Fokus. Oberbürger­meister Daniel Rapp will nun über Videoüberw­achung nachdenken. Stadträte, allen voran Rolf Engler (CDU), fordern mehr Sicherheit­skräfte in dem Quartier.

Der Angreifer wird in der Psychiatri­e in Weißenau behandelt, ein Sachverstä­ndiger erstellt derzeit ein Gutachten, ob er in einem Gefängnis oder in einer Klinik untergebra­cht werden muss.

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