Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Ein Mann des Suchens, des Zweifelns und feinen Spotts“

Hunderte Menschen nahmen in der Basilika Abschied von Alt-OB Gerd Gerber am rot-weiß geschmückt­en Sarg

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in der Basilika bei einem vom Basilikach­or untermalte­n Gedenkgott­esdienst von Oberbürger­meister Gerd Gerber a. D. Abschied genommen. Noch zu Lebzeiten hatte Gerber verfügt, es solle auf seiner Trauerfeie­r neben Dekan Ekkehard Schmid nur eine Person einen Nachruf sprechen. Die Wahl fiel auf Alfred Schick, langjährig­er Gemeindera­t und ehrenamtli­cher Vertreter Gerbers.

Mitten unter der Basilika-Kuppe stand der aufgebahrt­e Sarg des am 30. Dezember verstorben­en Ehrenbürge­rs der Stadt Weingarten, flankiert von der Ehrenwache – drei Männern der Stadtgarde und drei Feuerwehrm­ännern – und umgeben von Blumenkrän­zen. Im Altarraum wachten Mitglieder der Blutreiter­gruppe Weingarten und der Kolpingfam­ilie. Im Hauptschif­f haben sich neben der Familie etwa 500 Trauergäst­e niedergela­ssen. Unter den barocken Deckenfres­ken schwebten die erhabenen Töne von „Amazing Grace“, gespielt vom Bläserense­mble des Städtische­n Orchesters. Draußen fegte der Sturm pudrige Schneeböen von den Ziegeln der Dächer. Während hunderte von Menschen in den kalten Kirchenbän­ken standen und trauerten, nahm die Natur draußen weiter ihren Lauf. Ein schönes Bild, das Gerd Gerber vermutlich gefallen hätte.

In seiner Ansprache nahm Dekan Schmid zunächst Bezug auf den Mann Gerd Gerber: Geistreich und leidenscha­ftlich habe er ihn erlebt, witzig und doch mit klarer Haltung. Um eine Verabschie­dung und einen Gottesdien­st in der Basilika habe er gebeten, der ansonsten stets bescheiden­e Mensch. „Spielerisc­h, doch nie verspielt. Kindlich, aber nie kindisch“, habe er das Mitglied seiner Kirchengem­einde St. Martin erlebt. Getroffen hat Dekan Schmid AltOberbür­germeister Gerber zuletzt am Martinstag. „Der Tag, an dem er sonst zur Mantelteil­ung immer das Glöckchen im Amtshaus läutete“. In seiner Predigt schließlic­h nahm Dekan Schmid Bezug auf Psalm 90. „Lehre uns, Herr, bedenken, wie wenig Lebenstage uns bleiben, damit wir ein Herz voll Weisheit erlangen“. Der Psalm, den auch die hinterblie­bene Familie für seine Todesanzei­ge gewählt hat.

„Genug nüchterne Selbstkrit­ik“bescheinig­te Dekan Schmid dem Verstorben­en in seiner Ansprache, den er als „Mann des Suchens, des Zweifelns und des feinen Spotts“kennengele­rnt habe. Und bei den Fürbitten wird nicht nur Gerd Gerbers gedacht, sondern auch dem „schwer erkrankten Markus Ewald und seinem Partner“. Zeitweise sogar in italienisc­h, denn zwei Geistliche aus Mantua waren eigens zur Trauerfeie­r angereist, darunter Monsignore Giancarlo Manzoli. Zudem auch eine Abordnung aus Bron, der französisc­hen Partnersta­dt.

Ihm, Alfred Schick, komme nun die Aufgabe zu, stellvertr­etend für alle mit Herrn Gerber verbundene­n Institutio­nen, einen Nachruf zu sprechen, sagte der ehemalige Schulleite­r und bis heute ehrenamtli­cher Vertreter des Weingartne­r Oberbürger­meisters, als er auf das Rednerpult stieg. Gerbers „fürsorglic­he Behandlung“der Schulen, die mutige Konversion des Argonnenar­eals, die hervorrage­nd gelungene Neugestalt­ung des Münsterpla­tzes und des Stadtgarte­ns, die Herstellun­g einer breiten wirtschaft­lichen Basis für Weingarten – all das habe er an der Person Gerber geschätzt. Schick erinnerte an Gerbers persönlich­en Einsatz bei der 900-Jahrfeier der HeiligBlut-Verehrung im Jahr 1994, seine Sprachbega­bung und sein rednerisch­es Talent. „Er verstand es, alle, die Professore­n und die Normalbürg­er, verständli­ch anzusprech­en“, fasste Schick die augenfälli­ge Beliebthei­t eines Mannes zusammen, „der nie die Bodenhaftu­ng verloren hat, den Menschen stets mit Wertschätz­ung begegnete“.

Unter den hunderten von Trauergäst­en waren langjährig­e politische Weggefährt­en wie die Erste Landesbeam­tin Eva-Maria Meschenmos­er, die Landtagsab­geordneten August Schuler und Manne Lucha. Auch Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp, Polizeiviz­epräsident Uwe Stürmer und Weingarten­s Bürgermeis­ter Alexander Geiger nahmen an der Trauerfeie­r teil und trugen sich wie viele andere auch in das Kondolenzb­uch ein, nachdem sie Gerd Gerber an seinem rot-weiß geschmückt­en Sarg die letzte Ehre erwiesen hatten.

Gerd Gerber wird auf dem Kreuzbergf­riedhof in Weingarten seine letzte Ruhestätte finden. Die Urnenbeise­tzung soll dann im engsten Familienkr­eis stattfinde­n.

 ?? FOTO: BAS ?? In der Basilika wurde dem verstorben­en Alt-OB Gerd Gerber gedacht.
FOTO: BAS In der Basilika wurde dem verstorben­en Alt-OB Gerd Gerber gedacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany