Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ein Mann des Suchens, des Zweifelns und feinen Spotts“
Hunderte Menschen nahmen in der Basilika Abschied von Alt-OB Gerd Gerber am rot-weiß geschmückten Sarg
WEINGARTEN - Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in der Basilika bei einem vom Basilikachor untermalten Gedenkgottesdienst von Oberbürgermeister Gerd Gerber a. D. Abschied genommen. Noch zu Lebzeiten hatte Gerber verfügt, es solle auf seiner Trauerfeier neben Dekan Ekkehard Schmid nur eine Person einen Nachruf sprechen. Die Wahl fiel auf Alfred Schick, langjähriger Gemeinderat und ehrenamtlicher Vertreter Gerbers.
Mitten unter der Basilika-Kuppe stand der aufgebahrte Sarg des am 30. Dezember verstorbenen Ehrenbürgers der Stadt Weingarten, flankiert von der Ehrenwache – drei Männern der Stadtgarde und drei Feuerwehrmännern – und umgeben von Blumenkränzen. Im Altarraum wachten Mitglieder der Blutreitergruppe Weingarten und der Kolpingfamilie. Im Hauptschiff haben sich neben der Familie etwa 500 Trauergäste niedergelassen. Unter den barocken Deckenfresken schwebten die erhabenen Töne von „Amazing Grace“, gespielt vom Bläserensemble des Städtischen Orchesters. Draußen fegte der Sturm pudrige Schneeböen von den Ziegeln der Dächer. Während hunderte von Menschen in den kalten Kirchenbänken standen und trauerten, nahm die Natur draußen weiter ihren Lauf. Ein schönes Bild, das Gerd Gerber vermutlich gefallen hätte.
In seiner Ansprache nahm Dekan Schmid zunächst Bezug auf den Mann Gerd Gerber: Geistreich und leidenschaftlich habe er ihn erlebt, witzig und doch mit klarer Haltung. Um eine Verabschiedung und einen Gottesdienst in der Basilika habe er gebeten, der ansonsten stets bescheidene Mensch. „Spielerisch, doch nie verspielt. Kindlich, aber nie kindisch“, habe er das Mitglied seiner Kirchengemeinde St. Martin erlebt. Getroffen hat Dekan Schmid AltOberbürgermeister Gerber zuletzt am Martinstag. „Der Tag, an dem er sonst zur Mantelteilung immer das Glöckchen im Amtshaus läutete“. In seiner Predigt schließlich nahm Dekan Schmid Bezug auf Psalm 90. „Lehre uns, Herr, bedenken, wie wenig Lebenstage uns bleiben, damit wir ein Herz voll Weisheit erlangen“. Der Psalm, den auch die hinterbliebene Familie für seine Todesanzeige gewählt hat.
„Genug nüchterne Selbstkritik“bescheinigte Dekan Schmid dem Verstorbenen in seiner Ansprache, den er als „Mann des Suchens, des Zweifelns und des feinen Spotts“kennengelernt habe. Und bei den Fürbitten wird nicht nur Gerd Gerbers gedacht, sondern auch dem „schwer erkrankten Markus Ewald und seinem Partner“. Zeitweise sogar in italienisch, denn zwei Geistliche aus Mantua waren eigens zur Trauerfeier angereist, darunter Monsignore Giancarlo Manzoli. Zudem auch eine Abordnung aus Bron, der französischen Partnerstadt.
Ihm, Alfred Schick, komme nun die Aufgabe zu, stellvertretend für alle mit Herrn Gerber verbundenen Institutionen, einen Nachruf zu sprechen, sagte der ehemalige Schulleiter und bis heute ehrenamtlicher Vertreter des Weingartner Oberbürgermeisters, als er auf das Rednerpult stieg. Gerbers „fürsorgliche Behandlung“der Schulen, die mutige Konversion des Argonnenareals, die hervorragend gelungene Neugestaltung des Münsterplatzes und des Stadtgartens, die Herstellung einer breiten wirtschaftlichen Basis für Weingarten – all das habe er an der Person Gerber geschätzt. Schick erinnerte an Gerbers persönlichen Einsatz bei der 900-Jahrfeier der HeiligBlut-Verehrung im Jahr 1994, seine Sprachbegabung und sein rednerisches Talent. „Er verstand es, alle, die Professoren und die Normalbürger, verständlich anzusprechen“, fasste Schick die augenfällige Beliebtheit eines Mannes zusammen, „der nie die Bodenhaftung verloren hat, den Menschen stets mit Wertschätzung begegnete“.
Unter den hunderten von Trauergästen waren langjährige politische Weggefährten wie die Erste Landesbeamtin Eva-Maria Meschenmoser, die Landtagsabgeordneten August Schuler und Manne Lucha. Auch Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp, Polizeivizepräsident Uwe Stürmer und Weingartens Bürgermeister Alexander Geiger nahmen an der Trauerfeier teil und trugen sich wie viele andere auch in das Kondolenzbuch ein, nachdem sie Gerd Gerber an seinem rot-weiß geschmückten Sarg die letzte Ehre erwiesen hatten.
Gerd Gerber wird auf dem Kreuzbergfriedhof in Weingarten seine letzte Ruhestätte finden. Die Urnenbeisetzung soll dann im engsten Familienkreis stattfinden.