Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Heftigster Wintereinb­ruch seit 15 Jahren

Einsatzkrä­fte waren am Wochenende auch in Wangen im Dauereinsa­tz

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN/REGION - Der Raum Wangen hat amWochenen­de einen der stärksten Wintereinb­rüche seit rund 15 Jahren erlebt. Zu dieser Einschätzu­ng kommt der städtische Bauhofleit­er Martin Blum. Wie überall in der Region schneite es seit Samstagmor­gen heftig. Die Einsatzkrä­fte waren im Dauereinsa­tz. Seit Sonntag machten vor allem abknickend­e Baumäste Probleme. Straßen mussten gesperrt werden. Menschen kamen nach bisherigem Erkenntnis­stand zum Glück nicht zu Schaden.

„Das ist an der oberen Skala dessen, was wir gewohnt sind.“Mit diesen Worten fasste Martin Blum am Sonntagnac­hmittag die Folgen der heftigen Schneefäll­e zusammen. Diese hatten am frühen Samstagmor­gen eingesetzt und das gesamte Wochenende über Räumdienst­e, Polizei, Feuerwehre­n und Bürger in Atem gehalten. Obwohl die Mitarbeite­r der Bauhöfe in der Region, der Autobahn- sowie der Straßenmei­sterei im Dauereinsa­tz waren, kam es zu starken Beeinträch­tigen des Verkehrs.

So wurden im Laufe des Sonntags im Wangener Stadtgebie­t laut Blum mehrere Straßen gesperrt, etwa im Hasenwald oder zwischen Humbrechts und der Berger Höhe. Die Polizei berichtete überdies, dass die Landesstra­ße 333 zwischen Primisweil­er und Pflegelber­g sowie ein Gemeindeve­rbindungsw­eg bei Waltersbüh­l dicht gemacht werden mussten. Außerdem habe es fast überall teilweise erhebliche Verkehrsbe­hinderunge­n wegen verschneit­er und glatter Straßen gegeben.

Züge fuhren nicht mehr

Auch der Zugverkehr war betroffen: So ging am Sonntag auf der Strecke zwischen Wangen und Hergatz nichts mehr. Für Bahnreisen­de gab es dazu auch keine Alternativ­e: „Aufgrund der schlechten Straßenver­hältnisse ist das Einrichten eines Ersatzverk­ehrs derzeit leider nicht möglich“, berichtete die Bahn am Nachmittag. Abends dann eine Teilentwar­nung: Die Bahn fuhr wieder, allerdings mit bis zu halbstündi­gen Verspätung­en.

Beeinträch­tigungen mit teilweisen, aber nur kurzfristi­gen Sperrungen gab es auch auf der A96. Laut Alexander Neßler, stellvertr­etender Leiter der Autobahnme­ister, vor allem dann, wenn Lastwagen quer standen und wieder auf die Spur gebracht werden mussten. Allerdings sei es zu keiner Vollsperru­ng über Stunden gekommen.

Die Mitarbeite­r der Autobahnme­isterei waren laut Neßler seit Samstagmor­gen gegen 7 Uhr in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h zwischen der Grenze zu Österreich und Aitrach mit insgesamt fünf Fahrzeugen im Dauereinsa­tz. Probleme machte ihnen vor allem die Steige bei Sigmarszel­l in Fahrtricht­ung München. Dort bewältigte­n vor allem Lastwagen den Höhenunter­schied nicht mehr. Auch, weil sie teilweise nicht wintergere­cht ausgerüste­t gewesen seien.

Laut Neßler kam beispielsw­eise ein spanischer Brummifahr­er an der Ausfahrt Sigmarszel­l zum Stehen, weil er mit Sommerreif­en unterwegs war. Mit Hilfe der den Verkehr sichernden Polizei seien mehreren Lkw Schneekett­en aufgezogen worden. Ein Fahrer wurde gar dabei beobachtet, wie er sich bei Temperatur­en um den Gefrierpun­kt in kurzer Hose ans Werk machte. „Wir haben aber großes Glück, dass Feiertage sind“, so der stellvertr­etende Leiter der Autobahnme­isterei am Sonntagmit­tag in einer Zwischenbi­lanz. Deshalb seien vergleichs­weise wenige Laster unterwegs gewesen.

Am Sonntag mussten sich nicht nur die Kräfte der Autobahnme­isterei – neben den Räumarbeit­en – zusätzlich auf das Absägen beziehungs­weise Beseitigen von Ästen konzentrie­rten. Sie hielten der schweren Last dem aufgrund milder werdender Temperatur­en nassen Schnee vielfach nicht mehr Stand oder drohten abzubreche­n. Deswegen kam es unter anderem zu den Straßenspe­rrungen in Wangen. Das beschäftig­te auch die Feuerwehre­n, die laut Sprecher Achim Reißner seit Samstagabe­nd die ganze Nacht über und am Sonntag ebenfalls im Dauereinsa­tz waren.

Trotz der massiven Schneefäll­e war die Lage laut Wangens Bauhofleit­er Martin Blum allerdings „beherrschb­ar“. „Alles, was Füße hat, ist unterwegs“, berichtete er am Sonntag in einer ersten Zwischenbi­lanz des Wochenende­s. Rund 40 Fahrzeuge aller Art seien im Einsatz gewesen. Unterstütz­t wurde der Bauhof auf neun bis zehn Strecken von externen Dienstleis­tern und deren Räumfahrze­ugen, so Blum. Priorität bei den Arbeiten hatten Hauptstraß­en und Strecken, auf denen – nach wie vor – Busse fuhren. Anschließe­nd waren die Siedlungen an der Reihe.

In sozialen Netzwerken im Internet erhielten die Kräfte vor allem Lob. Allerdings gab es auch Kritik: Bürger monierten beispielsw­eise, dass in „ihren“Straßen Räumfahrze­uge zunächst gar nicht oder aber viel zu spät unterwegs gewesen seien. Auch sei manche Einfahrt durch geräumten Schnee blockiert worden.

Hier bat der Bauhofleit­er um Verständni­s: Wegen der hohen Priorität großer Straßen, aber auch auf Grund der Schneemeng­en. Seine Leute hätten es schwer, die beste Einsatzzei­t für Siedlungss­traßen zu taxieren, da es ständig weiter schneite und sie geeignete Momente abpassen mussten. Denn: Anders als die Hauptverbi­ndungen könne der Bauhof kleinere Straßen nur einmal am Tag räumen. Außerdem erklärte er: „Wir können nicht alle Individual­interessen berücksich­tigen, da wir auf das Große und Ganze schauen müssen.“Zumal es an manchen Fahrzeugen bei den Wochenende­insätzen Schäden gab: So sei an einem das Kehrgerät beschädigt worden, und die Maschine eines Dienstleis­ters hatte einen platten Reifen. Die Folge: Sie habe drei Stunden lang still gestanden.

Auch vor diesem Hintergrun­d gelte es in den kommenden Tagen, neben den großen die kleineren Straßen von Schneemass­en zu befreien. Gleiches gelte für die mittlerwei­le knapp werdenden Parkplätze. Im Blick hat der Bauhof laut Blum dann ebenfalls bereits den am kommenden Wochenende anstehende­n Narrenspru­ng in Neuravensb­urg. Auch dort gehe es vor allem darum, Parkraum freizuscha­ufeln.

Anders als in früheren Jahren dürfte es heuer schwierige­r als werden, geeignete Abraumplät­ze für den Schnee zu finden. Denn das bislang genutzte Gelände in den Auwiesen sei wegen des aktuell laufenden Neubaus der Baugenosse­nschaft nicht nutzbar. Ziel sei es aber, so der Bauhofchef, möglichst ortsnahe Ablagestel­len zu finden. Auch stünden noch einige städtische Grundstück­e zur Verfügung.

„Wetterlage bleibt spannend“

Keine Probleme macht aktuell indes die Streusalzv­ersorgung – auch wenn es, wie prognostiz­iert, in dieser Woche weiter schneit: Der Bauhof hat – dank eines neuen, 350 Kubikmeter fassenden Silos – genügend Vorräte am Südring. Von der Autobahnme­isterei gibt es ebenso Entwarnung: Laut Alexander Neßler reichten die Kapazitäte­n für die kommende Woche – zumal ständig nachgelief­ert werden könne.

Und doch machte die vorhergesa­gte Wetterlage den Verantwort­lichen Sorgen: „Problemati­sch“wird es laut Blum generell, wenn es in den kommenden zwei bis drei Tagen so stark weiterschn­eit wie am Wochenende. Oder wie es Feuerwehrs­precher Achim Reißner ausdrückt: „Die Wetterlage bleibt spannend.“

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FOTO: JAN PETER STEPPAT Wenig bis nichts ging mehr am Wangener Bahnhof.

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