Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vermieterin wirft sich auf Mieterin
Mietstreit endet vor dem Amtsgericht Wangen
RAUM WANGEN (niky) - Wegen Körperverletzung hatte sich eine Vermieterin aus dem Raum Wangen vor dem Amtsgericht Wangen zu verantworten. Ein Streit zwischen ihr und einer Mieterin eskalierte und endete mit einem vermeintlichen Lendenwirbelbruch. Der Richter verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe.
Lange dauerte das Mietverhältnis zweier Damen Ende 30 nicht. Schon beim Einzug gab es Schwierigkeiten. Aus mehreren Gründen kam es schon am Ende des ersten Monats zum Eklat: Abgemacht war, dass die Mietzahlung Anfang des Monats erfolgt. Ein Teil der Miete stand jedoch noch aus. Zudem habe die angehende Mieterin ihre vielen Möbel bis zum vollendeten Einzug in einem Nebenraum abgestellt. „Ich habe sie mehrmals aufgefordert, die Sachen aus dem Nebenraum zu räumen“, so die Vermieterin. Das geschah jedoch nicht.
Zimmer war durch Möbel nicht mehr begehbar
Irgendwann habe die Vermieterin die ganzen Möbel selbst in das angemietete Zimmer gestellt, welches anschließend nicht mehr begehbar war. Die Mieterin wohnte zu diesem Zeitpunkt noch in ihrer alten Wohnung.
Sie war als Zeugin vor Gericht geladen. Jedoch fiel es ihr anfangs schwer, zu erzählen, da ihre angeklagte Ex-Vermieterin sie dauernd unterbrach. Der Richter musste eingreifen: „Jetzt lassen Sie die Zeugin doch mal ausreden, ich wäre Ihnen dankbar.“
Nachdem die Zeugin erfahren hatte, dass die ganzen Möbel in ihr Zimmer verfrachtet wurden, so dass sie es nicht mehr betreten konnte, kam es zum Streit. Beide hielten es für die beste Idee, die Polizei zu rufen. Ferner bestanden vor Gericht sogar beide darauf, die Polizei gerufen zu haben. „Noch während ich mit der Polizei sprach, hat sie im Hintergrund Dinge wie ,du blöde Kuh’ geschrien“, lautete die Version der Mieterin. Diese wollte anschließend in ihr Zimmer, was ihre Vermieterin dann mit allen Mitteln versuchte zu unterbinden mit der Begründung, sie hätte Angst gehabt, die Mieterin würde an ihren eigenen Möbeln randalieren, um es dann ihr in die Schuhe zu schieben. Trotzdem hätte die Mieterin ihr Zimmer aufgesucht. „Sie hat sich auf den Boden fallen lassen, es war Schwerstarbeit, sie aus dem Haus zu ziehen, ich war selbst k.o.“, so die Vermieterin: „Sie hat sich reingedrängt, ich habe sie rausgedrückt. Wir haben uns nicht geprügelt.“
„Nicht gerechtfertigte“Selbstjustiz
In der Version der Mieterin tauchte noch eine Ohrfeige auf, die die Vermieterin ihr verpasste. Zudem der Lendewirbelbruch. Dieser sei passiert, als die Mieterin gerade im Begriff war, aufzustehen und die angeklagte Vermieterin sich dabei von hinten auf sie warf. Sie sei dann noch einmal hineingekrabbelt, woraufhin sie erneut hinausgezerrt und in den Garten geschliffen wurde. Mittlerweile war die Polizei eingetroffen und rief aufgrund der Schmerzen der Mieterin einen Krankenwagen: „Ich habe am ganzen Körper gezittert.“
Staatsanwalt und Anwalt waren sich in einer Sache einig: Die Vermieterin hat kein Recht, eine vermietete Wohnung zu räumen. Zudem habe sie sich der Nötigung schuldig gemacht. „Es ist keineswegs gerechtfertigt, im Zuge der Selbstjustiz dermaßen rüde vorzugehen“, so der Staatsanwalt.
Letztendlich verurteilte der Richter sie wegen Körperverletzung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 30 Euro. Mit den Worten „so geht es nun einmal nicht“machte er deutlich, dass man bei einem kleinen Mietrückstand und den Möbeln im Nebenraum nicht so zu reagieren habe. Doch all das wollte die Angeklagte gar nicht mehr hören. „Ich fall’ vom Glauben ab, das ist ja das Allerletzte“, sagte sie laut – und noch während der Richter sprach, verließ sie den Sitzungssaal. „Sie verlässt den Sitzungssaal vor der Rechtsbelehrung – kann sie machen“, sagte daraufhin der Richter.