Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Philologenverband fordert strengere Noten
Pädagogen werben für höhere Maßstäbe bei der Bewertung von Gymnasiasten und mehr Verbindlichkeit bei der Grundschulempfehlung
BERLIN (dpa) - Abiturienten und Grundschüler in Deutschland sollen nach dem Willen des Deutschen Philologenverbands strenger bewertet werden. Die Forderung erntete am Montag deutlichen Widerspruch.
Philologenverbands-Chefin, Susanne Lin-Klitzing, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, nötig seien aussagekräftigere Abiturnoten. Dies sei erforderlich, „wenn wir wollen, dass die jungen Menschen gut auf das Arbeitsleben oder ein Studium vorbereitet werden“.
„Heute gilt ein Beschluss der Kultusministerkonferenz für die gymnasiale Oberstufe, dass eine Prüfung als bestanden gilt, wenn die Schülerin oder der Schüler weniger als die Hälfte der Aufgaben gelöst hat“, erläuterte Lin-Klitzing. „Hier sollte wieder die Hälfte als Mindestniveau gelten.“Zudem gelte aktuell, dass nur 90 Prozent der Aufgaben gelöst werden müssen, damit man ein „Sehr gut“erhält. „Hier sollte zu 100 Prozent zurückgekehrt werden.“
Lin-Klitzing begründete ihre Forderungen mit den Anforderungen im Berufsleben nach der Schule. „Andernfalls erhalten viele Schülerinnen und Schüler eine positivere Rückmeldung über ihre Leistung, als es ihrem realen Stand entspricht“, sagte sie.
Die Abinoten sind in den vergangenen Jahren zwar etwas besser geworden, doch nicht stark. So gab es zum Beispiel 2017 in Baden-Württemberg ein Notenmittel von 2,42. Zehn Jahre vorher waren es 2,40.
Auch für Grundschüler schlug Lin-Klitzing eine Änderung vor: „Die Grundschulempfehlung sollte wieder verbindlicher werden.“Sie kritisierte: „In den meisten Bundesländern können die Eltern heute alleine entscheiden, auf welche weiterführende Schulart ihr Kind wechselt.“
In Baden-Württemberg müssen Eltern die Grundschulempfehlung ihres Kindes inzwischen wieder bei der weiterführenden Schule vorlegen. Das hat die grün-schwarze Landesregierung beschlossen, nachdem die grün-rote Vorgängerregierung in der vorherigen Legislaturperiode diese Pflicht 2011 abgeschafft hatte.
Lin-Klitzing zufolge sollte es eine Kombination von Elternwunsch, Lehrerurteil und bundesweiten benoteten Tests in der letzten Grundschulklasse geben.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisierte die Vorstöße als „müßige Diskussion“. Noten seien nur begrenzt aussagefähig, sagte der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann. „Im Endeffekt geht es doch darum, dafür Sorge zu tragen, dass die Schülerinnen und Schüler mit dem Abitur tatsächlich nicht nur die Berechtigung, sondern die Befähigung zum Studieren oder für den Berufseinstieg erworben haben.“
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte der „Stuttgarter Zeitung“: „Ich denke nicht, dass wir in Baden-Württemberg eine strengere Bewertung unserer Abiturienten brauchen.“