Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Quälend lange Nächte
Ein Mangel an Schlaf macht krank – Was Experten Betroffenen raten
BERLIN (dpa) - Schlechter Schlaf ist auf Dauer die reinste Folter: Erschöpft und dauermüde ist man kaum in der Lage, seinen Tag zu bewältigen. Die gute Nachricht: Ist die Insomnie, so der Fachbegriff für gestörten Schlaf, noch nicht chronisch, können Betroffene durchaus noch ohne den Einsatz von Medikamenten etwas tun. Die schlechte: Nach Jahren der Schlaflosigkeit ist die medikamentöse Therapie beinahe alternativlos. Deshalb ist es ratsam, rechtzeitig zu handeln.
Gesunder Schlaf – was ist das? „Das ist äußerst individuell“, sagt Schlafforscher Eckart Rüther aus München. „Und nach seinen Bedürfnissen sollte man sich dringend richten.“Manche kommen mit fünf Stunden Schlaf aus, andere brauchen zwölf. Einige schlafen am Stück – andere in Etappen. Einige gehen spät ins Bett, andere lieber früh. „Diejenigen, die tagsüber erholt und fit sind, schlafen unter den gegebenen Bedingungen offenbar gut und haben keinen Grund, etwas zu verändern.“
Eine halbe Stunde vor dem Schlafen offline gehen
„Bewegung, Sport oder auch geistige Forderung sind gut und wichtig, um den Körper müde zu machen“, sagt die Psychologin Jana Hauschild. Aber Vorsicht: Bewegung direkt vor dem Zubettgehen ist ebenso wie große geistige Anstrengung eher hinderlich. Aufregende, gruselige oder besonders spannende Filme und Bücher können sich ebenfalls negativ auswirken.
„Eine halbe Stunde vor dem Schlafen offline gehen“, empfiehlt Ingo Fietze, Schlafmediziner an der Charité in Berlin. Manche gehen sogar noch weiter. „Studien haben gezeigt, dass das blaue Licht von elektronischen Geräten wie Handy, Laptop und auch E-Book-Reader die Ausschüttung des Hormons Melatonin verzögert“, erklärt Hauschild. Dieses Hormon ist aber wichtig, weil es den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen regelt. Das Licht einer Nachttischlampe ist dagegen weniger problematisch.
Und wie sieht es mit einem Betthupferl aus? Hungrig ins Bett zu gehen sei keine gute Idee, warnt Hauschild. Eisbein oder Schnitzel mit Pommes essen aber auch nicht. Der Körper braucht Nahrung, die nicht zu schwer im Magen liegt. Auch Flüssigkeit ist gut – Alkohol ist damit aber nicht gemeint. Damit bleibe der Schlaf eher oberflächlich.
Rituale und feste Routinen fördern den Schlaf
Stricken, häkeln, nähen, lesen, fernsehen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Mindestens eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen sollte man bewusst gestalten, mit einer nicht zu aufregenden Aktivität. Helfen kann auch eine feste Routine etwa aus duschen, eincremen, Zähne putzen und dann Hörbuch hören. „Die Regelmäßigkeit ist wichtig“, fügt Fietze hinzu. Das gilt auch für die Schlafenszeit.
Auch das Schlafzimmer selbst kann den Weg in die Traumwelt fördern oder behindern. „Generell soll- te ein Schlafzimmer etwa 17 bis 22 Grad haben, dunkel und lärmgeschützt sein“, sagt Fietze. „Was zählt, ist aber eigentlich nicht die Temperatur im Schlafzimmer, sondern die unter der Decke“, ergänzt Rüther.
Getrennte Betten können bei Schnarchern Ehen retten
Und wirkliche Ruhe, fügt er hinzu: „Ich habe Hunderte von Ehen durch die Empfehlung von getrennten Schlafzimmern gerettet.“Der eine schnarcht, die andere kann nicht schlafen. Einer friert, der andere schwitzt. Wer nicht zusammenpasst, der sollte getrennt schlafen.
Ratschläge für eine Verbesserung der Schlafsituation gibt es unendlich viele, sagt Fietze. „Ich rate Menschen immer, das Netz nach Tipps zu durchforsten und sich zu informieren, was zu ihnen passen könnte.“Vorsicht sei bei Produkten geboten, die einen besseren Schlaf versprechen. Und wer länger als drei Monate regelmäßig kaum schläft und bereits alles ausprobiert hat, sollte einen Arzt aufsuchen. Gemeinsam können er und der Patient Ursachen und Gegenmaßnahmen ausloten – bevor die Schlaflosigkeit chronisch wird.