Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Glänzender Abschluss der Wintermusik
Trotz sehr widrigen Wetters ist die Alte Pfarr am Sonntag in Wolfegg voll besetzt gewesen
WOLFEGG - Eine Woche ist immer schnell vorüber, und so bedeutet das Konzert an Dreikönig für die Wintermusik auch einen Abschied bis zum nächsten Jahresende. Damit sich diese eigentlich trübe Aussicht in eine frohe Erwartung auf das nächste Mal verwandelt, hatten sich die insgesamt sieben Musiker ein ambitiöses und attraktives Programm ausgedacht, das in Erinnerung bleiben sollte. Und so geschah es auch.
Franz Schuberts einzelner Kammermusiksatz von 1827, das Adagio in Es-Dur D 897, das Inge-Susann Römhild, Winfried Rademacher und Susanne Eychmüller interpretierten, machte den Anfang und zeigte einmal mehr das Genie Schuberts. Von berührender Innigkeit getragen, gibt es den drei Instrumentenstimmen gleichgewichtige Parts, entwickelt ein erstes gesangliches, fast elegisches Thema, dann ein zweites energiegeladenes und schließt mit der behutsamen, variierten Wiederaufnahme des ersten ab. Ein vorbildlich ausmusiziertes und dynamisch entwickeltes Stück.
Musikalisch komplex
Dann bat Inge-Susann Römhild um Verständnis für die Umstellung des angekündigten Programms, denn es folgte zuerst Beethoven mit dem Quartett C-Dur op. 59/3, 1806 als drittes der sogenannten „russischen“Quartette für den Fürsten Rasumowsky komponiert. Das Werk hat es in sich, es ist musikalisch außerordentlich komplex und auch für den Hörer durchaus keine leichte Kost. Die Streicher, verstärkt um die zweite Violine von Isabel Trautwein und die Viola von Mischa Pfeiffer, führten die divergierenden Einzelstimmen wunderbar zusammen im ersten Satz, das Cello leitete mit einer schönen sonoren Kantilene das Andante ein und die Bratsche verdoppelte den dunklen Grundton.
Ein sicher schwermütiger, aber auch emotional dichter Satz mit einem hauchzarten Schlussteil, der den symphonischen Beethoven fast vergessen ließ. Das Menuetto vollrund, virtuos und präzis, dazu irrwitzig schnell und zum Schluss das Allegro molto mit einer tollen Verve gespielt. Selten so auf- regend vielseitig und zugleich geschlossen erlebt man dieses Werk.
Und dann ein weiterer Höhepunkt im zweiten Teil nach der Pause mit Gabriel Faurés Klavierquartett c-moll, op. 15. 1880 wurde es komponiert, vier Sätze mit mehreren Tempi-Angaben. Diesmal saß Konrad Elser am Klavier, Inge-Susann Römhild blätterte um und lauschte mit entspannter Freude den Kollegen. Es war ein Moment einer starken künstlerischen Gemeinschaft in den sich kreuzenden Blicken zu spüren, einem verständnisinnigem Lächeln zwischen Geiger und Cellistin oder Bratschisten. Dabei ist es beileibe nicht so, dass dieses Werk der Belle Epoque leicht zu spielen wäre. Und übertriebe man den emotionalen Schwung oder die impressionisti- schen Klangtupfer, könnte alles zu einem Brei zerfließen.
Hier wurden jedoch die einzelnen Stimmen – vom fein gewobenen Klavier bis zur Bratsche – strukturiert herausgearbeitet und sowohl die wehmütige Grundstimmung wie auch die jähen Aufbrüche und temperamentvollen Impulse wirkten unmittelbar zusammen. Schlicht exzellent und in gewisser Weise nach den unterschiedlichen Werken in diesen Tagen auch überraschend, wie erfrischend anders diese durch und durch französische Musik nach dem großartigen Beethoven-Stück klang. Drei große Meister an einem Abend: Das ist mindestens der Stoff für ein paar Tage Nachdenken und Nachhören im neuen Jahr – danke dafür!