Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Pferdchen gewechselt
Bei Ferrari muss Teamchef Maurizio Arrivabene offensichtlich Mattia Binotto weichen
MARANELLO (dpa/SID) - „Rote Revolution“für Sebastian Vettels Angriff auf die Silberpfeile: Ferrari will einem Medienbericht zufolge mit einem neuen Teamchef die Titel-Ära von Mercedes in der Formel 1 beenden. Wie „La Gazzetta dello Sport“am Montag berichtet hat, soll die Zeit von Maurizio Arrivabene nach gut vier Jahren an der Spitze des italienischen Rennstalls mit dem Cavallino Rampante (dem springenden Pferdchen) vorbei sein. Der ehemalige Manager eines Tabakkonzerns soll vom bisherigen Technischen Direktor Mattia Binotto abgelöst werden. Im Moment habe man zu dem Thema nichts zu sagen, erklärte ein Teamsprecher auf dpa-Anfrage.
Der 49-jährige Binotto arbeitet seit dem Abschluss eines Maschinenbaustudiums in Lausanne für die Nobelmarke. 1995 kam er zu Ferrari; er durchlief sämtliche Stationen in der Fabrik und im Formel-1-Team. 2004 wurde er Ingenieur im Rennsportbereich, 2007 Chefingenieur der Ferrari-Gruppe. 2014 ernannte ihn Sergio Marchionne zum Leiter des gesamten Motorenbereichs, ehe Binotto sich seit 2016 als Technischer Direktor auf den Formel-1-Rennstall konzentrierte. Er und der 61 Jahre alte Arrivabene sollen sich nicht wirklich gut verstanden haben.
14:58 Siege in der Ära Arrivabene
Tatsache ist, dass die Scuderia den Ansprüchen auch im vierten VettelJahr hinterherfuhr. Insgesamt holte Ferrari seit dem Amtsantritt Arrivabenes 14 Siege. Im gleichen Zeitraum gewann Mercedes 58 Rennen. Die Fahrer- und Konstrukteurstitel gingen bereits seit 2014 an den deutschen Werksrennstall, Ferrari triumphierte bei den Piloten zuletzt 2007 durch Kimi Räikkönen, in der Teamwertung zuletzt 2008. Arrivabene ist seit Anfang 2014 im Amt, er war vom mittlerweile verstorbenen Fiat-ChryslerPräsidenten Sergio Marchionne zum Teamchef ernannt worden. Fiat-Präsident John Elkann und Personen aus dessen engstem Umfeld hätten sich nun entschlossen, Arrivabene durch Binotto zu ersetzen, schrieb die italienische Sportzeitung unter der Überschrift „Rote Revolution“. Überraschend kommt diese Revolution nicht unbedingt, gegen Ende der vergangenen Saison wurde des Öfteren über einen Wechsel an der Spitze des Teams spekuliert. Arrivabene hatte sich dazu meist eher gelangweilt und genervt geäußert. Allerdings sollte er bald öffentlich die seiner Meinung nach unzureichende Weiterentwicklung des Autos bemängeln – und damit Binotto frontal angreifen.
Zur Disposition soll dem „Gazzetta“-Bericht zufolge auch Ferrari-Geschäftsführer Louis Camilleri stehen. Arrivabene und der 63-Jährige arbeiteten früher zusammen für denselben Zigarettenhersteller.
Möglicherweise könnte nun auch die Rolle von Laurent Mekies im Ferrari-Team noch einmal überdacht werden. Ihn hatten die Macher in Maranello bereits vor einiger Zeit vom Internationalen Automobilverband FIA verpflichtet. Das Engagement des hochrangigen FIA-Angestellten hatte für Aufsehen gesorgt, da er durch seine ehemalige Tätigkeit auch weitreichende Einblicke in Prozesse, Strukturen und technische Fortschritte anderer Teams hatte. In der kommenden Saison soll der 41 Jahre alte Franzose nach bisheriger Planung eigentlich als Sportdirektor bei Ferrari arbeiten. Denkbar ist aber, dass der ehemalige Stellvertretende FIARennleiter nun zum Technik-Direktor aufsteigen könnte.
Der Druck auf Ferrari ist auf jeden Fall enorm. Am 15. Februar wird der Rennstall den neuen Wagen für die kommende Saison vorstellen, in der nicht mehr der Finne Kimi Räikkönen, sondern der Monegasse Charles Leclerc an der Seite des viermaligen Weltmeisters Vettel starten wird. Was sich sonst noch verändert, wird sich zeigen.
Saisonbeginn ist am 17. März in Melbourne.