Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verlierer ist die Demokratie

- Von André Bochow

Ein Mann, ein Vater von sieben Kindern, wurde zusammenge­schlagen. Nach allem, was man bislang weiß, hätte der feige Angriff sein Leben kosten können. Der Mann ist AfD-Bundestags­abgeordnet­er. Die Wahrschein­lichkeit, dass es sich um einen Gewaltakt aus politische­n Gründen handelt, ist sehr groß. Die Verurteilu­ng des brutalen Anschlages war parteiüber­greifend, einhellig und eindeutig. Vom Bundespräs­identen bis zu Linkspolit­ikern gibt es klare Worte. Denn nichts, absolut nichts, rechtferti­gt Gewalt gegen Menschen als Mittel der politische­n Auseinande­rsetzung in einer demokratis­chen Gesellscha­ft. Dem Opfer gilt unser Mitgefühl. Punkt.

Uneindeuti­ger als die Aussagen der politische­n Konkurrenz sind die Wortmeldun­gen der AfD-Spitzen. Neben verständli­chem Entsetzen und Empörung werden Tat und Opfer instrument­alisiert. Hetze durch die sogenannte­n Altparteie­n und die Medien werden verantwort­lich gemacht. Kritik an der AfD wird so regelrecht kriminalis­iert, Demokraten in einen Topf mit radikalen Extremiste­n geworfen. Eine Vorgehensw­eise, die keineswegs neu ist.

Und es stimmt auch, dass es führende AfD-Funktionär­e waren und sind, die mit geschichts­politische­n Wenden, mit Ehrerbietu­ng für Wehrmachts­soldaten, mit Verunglimp­fung von Migranten, mit NPD-Sprüchen oder mit dem Wunsch, missliebig­e Politiker aus dem Land zu weisen, das Klima im Land vergiften. Wer das nicht glaubt, kann sich im Internet eine Höcke-, Gauland- oder Weidel-Rede anhören.

So treffen sich Verächtlic­hmacher des politische­n Systems mit den politische­n Gewalttäte­rn an einem sehr gefährlich­en Punkt. Verbale Gewalt und physische schaukeln sich gegenseiti­g hoch. Die Gewalttäte­r, ob sie nun aus der linken Ecke kommen oder nicht, spielen am Ende das Spiel der rechten Populisten. Der Staat erscheint als hilflos, die Demokratie als überholt. Und die Gefahr, dass nun das Gewaltmono­pol des Staates vollständi­g infrage gestellt wird, ist durchaus real. Auch deshalb gehören die Attentäter von Bremen hinter Schloss und Riegel.

politik@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany