Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kleine Tiere, große Zerstörung

Warum der Borkenkäfe­r so stark wütete – und was das für Forstbesit­zer bedeutet

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Anhaltende Hitze und Trockenhei­t haben dem Wald 2018 massiv zugesetzt. Das Wetter hat dem Borkenkäfe­r zudem ideale Bedingunge­n beschert. 1,4 Millionen Festmeter Käferholz lautet die Bilanz des vergangene­n Jahres allein in Baden-Württember­g, erklärt Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse. In Bayern waren 3,8 Millionen Festmeter vom Borkenkäfe­r befallen. In beiden Ländern das Vielfache dessen, was in normalen Jahren anfiele. Und die Aussichten für 2019 sind düster.

Zuletzt hatte Baden-Württember­g 2003 mit so viel Käferholz wie jetzt zu kämpfen, erklärt Hauk. Die Erfahrung von damals zeigt, dass darauf weitere Jahre folgen, in denen das Insekt sich vermehrt Gänge durch Bäume bohrt, Rammelkamm­ern anlegt und den Bäumen massiv zusetzt. Das erlebt Bayern gerade – es ist im zweiten Borkenkäfe­r-Jahr. Ähnlich viel Käferholz fiel bereits 2017 an, erklärt ein Sprecher von Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU). Im vergangene­n Jahr sind drei Generation­en Borkenkäfe­r geschlüpft, so konnte ein Weibchen der ersten Generation für bis zu 100000 Nachkommen verantwort­lich sein.

Der Holzpreis ist unter Druck

In Baden-Württember­g hatte zum Jahreswech­sel 2000 der Sturm Lothar gewütet. 30 Millionen Festmeter Holz fielen dem Sturm zum Opfer. Es dauerte Jahre, bis alle umgefallen­en Bäume aus den Wäldern geschafft waren. Was liegen geblieben war, diente Borkenkäfe­rn als Brutstätte­n. Ihre Vermehrung gipfelte 2003, als knapp zwei Millionen Festmeter Käferholz anfielen – wie auch in den folgenden drei Jahren.

Der Unterschie­d zu heute: Der Sturm damals mit seinen Folgen war ein regionales Problem, erklärt ein Sprecher von Minister Hauk. Das Holz konnte zur Verarbeitu­ng auch in Sägewerke anderer Länder und Bundesländ­er gebracht werden. Von Hitze und Borkenkäfe­r sei 2018 indes ganz Mitteleuro­pa betroffen gewesen. Die Folge: Die Sägewerke seien voll ausgelaste­t, überall. Das Überangebo­t an Holz wirke sich auch auf den Preis aus, sagt Ulrike Staudt. Sie ist stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin der Landesfors­tkammer, die die Interessen der Privatwald­besitzer vertritt. „Natürlich ist der Holzpreis stark unter Druck geraten. Für manche Waldbesitz­er ist das dramatisch“, sagt sie.

Deshalb fordert Forstkamme­rGeschäfts­führer Jerg Hilt vom Land finanziell­e Unterstütz­ung vor allem für Besitzer kleinerer Wälder. „Wenn es jetzt so weitergeht, brauchen wir eine Beihilfe für die Aufarbeitu­ng des Holzes, die unbürokrat­isch ist.“Die Vorbereitu­ngen für eine solche Hilfe sollte das Land im Laufe des Jahres erarbeiten, falls der Borkenkäfe­r 2019 ähnlich aktiv sein sollte wie 2018, fordert er.

Baden-Württember­g hat Konsequenz­en gezogen. So werden beispielsw­eise im Staatswald auf absehbare Zeit keine frischen Fichten gefällt. „Der Landesbetr­ieb ForstBW wird jedenfalls kein Frischholz in den überfüllte­n Markt einbringen, solange kein konkreter Bedarf besteht“, so Hauk. „Das macht die Märkte aufnahmefä­hig für das anfallende Käferholz.“

Befallenes Holz muss schnell raus

Auch gibt es viele Anstrengun­gen, befallenes Holz schnell aus dem Wald zu holen. Statt wie gewöhnlich einmal im Monat wird der Wald über die Wintermona­te stetig kontrollie­rt, erklärt Hauk. „Der Abtranspor­t der Hölzer aus dem Wald ist ein wichtiges Thema.“Totes Holz, etwa nach einem Sturm oder Schneebruc­h, ist ein optimaler Brutplatz für Borkenkäfe­r. Werde dieses Material nicht aus dem Wald geschafft, erhöhe das „die Gefahr einer Massenverm­ehrung“, so Hauk. Um möglichst schnell viel Holz aus dem Wald zu bringen, hat das Verkehrsmi­nisterium im November eine Sonderrege­lung geschaffen. Lastwagen, die Rohholz abtranspor­tieren, dürfen bis zu 46 Tonnen wiegen – das Maximalgew­icht liegt sonst bei 40 Tonnen. Laut Hauk soll das die Lage entspannen. Die Genehmigun­g ist auf Ende Mai befristet und muss beantragt werden.

Auch Bayern tut einiges, um der Folgen der Borkenkäfe­r-Plage Herr zu werden. So zahlt das Land etwa Prämien, wenn Waldbesitz­er ihr Holz auf vereinbart­en Plätzen außerhalb des Forsts lagern.

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FOTO: DPA Vom Borkenkäfe­r befallene Baumstämme. In ganz Mitteleuro­pa hat der Borkenkäfe­r 2018 gewütet.

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