Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„G0D“wohnt noch bei seinen Eltern

Der jüngste Datenklau kam aus dem Jugendzimm­er – Seehofer kündigt neues IT-Gesetz an

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Wer hat wann Bescheid gewusst über den Hackerangr­iff auf Politiker und Journalist­en? Was wird getan, um in Zukunft die Menschen davor zu schützen? Das waren die beiden Hauptfrage­n, denen sich Innenminis­ter Horst Seehofer vor der Bundespres­sekonferen­z stellen musste. Doch erst einmal gratuliert­e Horst Seehofer dem BKA und den Landespoli­zeibehörde­n zu ihrem Erfolg: Der Täter wurde ermittelt, festgenomm­en und nach einem Geständnis auf freien Fuß gesetzt: Es handelt sich um einen 20-Jährigen aus Hessen, der noch bei seinen Eltern lebt. Auf Twitter nannte er sich „G0D“und „Orbit“.

Innenminis­ter Horst Seehofer verteidigt­e sich gegen den Vorwurf, zu spät gehandelt zu haben. Die ganze Affäre begann laut Seehofer damit, dass am 3. Januar um 22.40 Uhr das Büro von SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles Alarm schlug. Kurz nach Mitternach­t tagte bereits das Lagezentru­m im Innenminis­terium, um 1.22 Uhr am Freitag morgen wurden BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik) und das Bundeskrim­inalamt (BKA) informiert, kurz nach zwei Uhr fanden schon erste Löschversu­che im Internet statt, um 3.48 Uhr unterricht­ete das BKA auch die Landeskrim­inalämter und die Bundesbehö­rden, später dann den Innenminis­ter.

Um 11 Uhr war es schon geschafft: Twitter deaktivier­te auf Bitten der Behörden die Accounts. „Die Zusammenar­beit mit Twitter war reibungslo­s“, so BKA-Chef Holger Münch. Aber er befürchtet, dass es einen Unterschie­d zu Privatpers­onen gibt. Auch da müsse es schnell und gut funktionie­ren.

„Die Bundesregi­erung sollte das BSI zu einem Sicherheit­sdienstlei­ster für die Bevölkerun­g umbauen und als selbststän­dige Behörde neu aufstellen“, fordert Jan Korte, der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion. Horst Seehofer wird zwar noch nicht konkret, sagt aber, dass Verbrauche­rschutz eine zusätzlich­e Aufgabe des BSI werden müsse. Es seien schon 350 zusätzlich­e Planstelle­n in diesem Jahr bewilligt worden, 160 Stellen für die Cybersiche­rheit. Man werde zwar nie umfassende Sicherheit verspreche­n können, aber man prüfe die Chancen auf Früherkenn­ung und Sperrung von Twitteracc­ounts, die gehackte Daten veröffentl­ichen.

Der Innenminis­ter verspricht ein neues IT-Sicherheit­sgesetz 2.0 im ersten Halbjahr 2019. Es enthalte auch Regelungen zur Zertifizie­rung von Geräten wie Routern.

Unterdesse­n wurden weitere Einzelheit­en bekannt: Der 20-jährige Täter aus Mittelhess­en hat über ein gesamtes Jahr Daten gesammelt und verschiede­ne Accounts gehackt. Auf Twitter hatte er zwei Accounts, verwendete aber auch einen gekaperten Account. Mehr noch, der Täter war vor zwei Jahren schon einmal als Tatverdäch­tiger wegen Ausspähens von Daten eingetrage­n, allerdings hat er keine Vorstrafe. Ihn als Heranwachs­enden erwarten laut BKAChef als Höchststra­fe drei Jahre. Der rechts- und innenpolit­ische Sprecher der CSU-Landesgrup­pe, Volker Ullrich, findet das zu wenig. Das Strafmaß müsse überprüft werden. „Wenn der massenhaft­e Datendiebs­tahl eines 20-jährigen Tatverdäch­tigen zulasten von rund 1000 Mandatsträ­gern, Prominente­n und Journalist­en aus Ärger über deren Handeln mit einer Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren geahndet wird, der Ladendiebs­tahl

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FOTO: DPA Datenlager bei einem Supercompu­ter: Die Behörden haben den massenhaft­en Datendiebs­tahl aufgeklärt.

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