Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mobilfunkm­asten vom Staat

Parteien finden Gefallen an einer öffentlich­en Breitband-Infrastruk­turgesells­chaft

- Von Hannes Koch

BERLIN - Auf dem Land und in kleinen Dörfern ist der Zugang zum Internet oft schwierig. Bei der stationäre­n Anbindung über Erdkabel sieht es etwas besser aus. Will man allerdings per Smartphone Daten mobil herunterla­den, zeigt der Bildschirm nicht selten: kein Empfang. Die Bundesregi­erung weiß, dass es so nicht weitergeht. Doch Politikeri­nnen und Politiker des Bundestage­s machen nun zusätzlich Dampf. Neuerdings ist auch aus der Union die Forderung zu hören, eine neue staatliche Firma solle Mobilfunkm­asten bauen.

„Bis Mitte diesen Jahres müssen wir ein vollständi­ges und bundesweit­es Mobilfunkk­onzept erarbeiten“, sagte kürzlich Ulrich Lange (CSU), Vizefrakti­onschef im Bundestag. „Dazu gehört mit Sicherheit auch die Errichtung einer Mobilfunki­nfrastrukt­urgesellsc­haft.“

Jens Zimmermann, Digitalpol­itiker der SPD, ist erfreut. Er erklärte, man solle „zweigleisi­g fahren“. Die Bundesnetz­agentur müsse die privaten Netzanbiet­er dazu anhalten, eine möglichst flächendec­kende Infrastruk­tur aufzubauen. „Um die Lücken zu schließen, kann aber auch eine staatliche Gesellscha­ft sinnvoll sein“, so Zimmermann. Das dürfe freilich nicht dazu führen, dass die öffentlich­e Hand auf diesen Kosten sitzen bleibe. „Die Privaten sollten sich daran beteiligen.“

Die Grünen haben bereits im vergangene­n Oktober einen Antrag in den Bundestag eingebrach­t, in dem sie unter anderem eine neue „Breitband-Infrastruk­turgesells­chaft“fordern. „Diese soll sich um den zügigen Ausbau des Glasfasern­etzes ebenso kümmern, wie um die Lücken beim Mobilfunk“, sagte die grüne Abgeordnet­e Margit Stumpp, die unter anderem den Ostalbkrei­s vertritt. Das Startkapit­al soll der Verkauf der in Bundeshand verblieben­en TelekomAkt­ien an die öffentlich­e KfW-Bank liefern.

Zwei klassen telekommun­ikation

Seit der Privatisie­rung der 1990er Jahre sind überwiegen­d private Anbieter dafür zuständig, das Fest- und Mobilfunkn­etz zu pflegen und auszudehne­n. Diese haben vor allem ein Interesse daran, dichtbesie­delte Gebiete und große Städte zu versorgen, weil sie dort mehr Geld verdienen. Obwohl ihnen die Bundesnetz­agentur auch Vorschrift­en für ländliche Gegenden macht, klappt die Versorgung dort oft nicht – ein Grund, warum sich Kommunen und Landkreise mitunter selbst als Bauherren betätigen. In Bayern und Baden-Württember­g gibt es Programme, mit denen die Landesregi­erungen ihre Gemeinden finanziell unterstütz­en.

Das reiche jedoch nicht, sagt Stumpp auch aus eigener Erfahrung als Kreisrätin im Landkreis Heidenheim. „Trotz der Zuschüsse fehlt manchen Kommunen das Geld, um selbst digitale Infrastruk­tur auszubauen.“Außerdem sei die Rechtslage so komplizier­t, dass sie die Rathäuser kleiner Gemeinden überforder­e. Eine neue staatliche Gesellscha­ft bringe Vorteile, so Stumpp. Ökonom Tomaso Duso vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung in Berlin (DIW) ist dagegen skeptisch. Er bezweifelt, dass es einem öffentlich­en Unternehme­n schneller als privaten Anbietern gelingt, das Mobilfunkn­etz zu ergänzen. „Die zusätzlich­e Verwaltung verkompliz­iert die Prozesse unnötig“, so Duso.

„Wir sollten keine neue Bundespost schaffen“, sagte Nick Kriegeskot­te vom Verband der digitalen Wirtschaft (Bitkom). Er plädiert dafür, erstmal „die Förderprog­ramme wirken zu lassen“, mit denen Bundesländ­er den Ausbau beschleuni­gen.

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FOTO: DPA Eine 5G-Antenne auf einem Testgeländ­e in Neuss (NRW): Kritiker warnen vor einer „neuen Bundespost“, sollte der Staat in den Aufbau der Infrastruk­tur für Mobilfunkn­etze einsteigen.

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