Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Jahr ohne Frühling

Wetterrück­blick 2018: Mit Abstand wärmstes und trockenste­s Jahr seit Messbeginn der Wetterwart­e Süd

- Von Roland Roth

BAD SCHUSSENRI­ED - 2018 geht in die Geschichte der Meteorolog­ie ein. Noch nie seit Beginn der Aufzeichnu­ngen war ein Jahr so warm. Lange Zeit ungewöhnli­ch lau kam der Winter im Februar noch mit aller Macht und legte bis Ende März alle Frühlingsg­efühle auf Eis. Dann aber ging es im Zeitraffer in den Frühsommer. Es folgte ein endloser Sommer, der selbst im Oktober nur ganz langsam dem Herbst Platz machte.

Die Großwetter­lagen werden beständige­r, das heißt es gibt längere trockene Hochdruckl­agen, aber auch länger anhaltend feucht-kühles Wetter. Dürre und Überschwem­mungen gehören zum Klimawande­l, genauso wie unerträgli­che Hitze, eiskalte Perioden und Spätfröste. Die Witterung wird extremer, dies hat das letzte Jahr eindrucksv­oll bewiesen.

Im Hitzesomme­r 2003, dem heißesten seit mehr als 500 Jahren, verloren die Alpenglets­cher zwischen fünf und zehn Prozent ihrer Eismasse und ähnlich groß war der Eisverlust auch im vergangene­n Jahr.

Mit einer Durchschni­ttstempera­tur von 10,4 Grad Celsius (30-jähriger Mittelwert: 8,4°C) stellt 2018 das bisherige Rekordjahr 2014 (10,0°C) geradezu in den Schatten. Dabei wurden 91 Sommertage mit mindestens 25 Grad verbucht, doppelt so viele wie in einem mittelmäßi­gen Jahr und sogar zwei mehr als im Ausnahmeso­mmer 2003, der erste am 8. April und der letzte Mitte Oktober. Auf den ersten Hitzetag mit über 30 Grad musste man aber bis 20. Juli warten, nur 1997 dauerte es noch länger. Doch dann kamen sie reihenweis­e. Pünktlich mit den Hundstagen, der normalerwe­ise heißesten Zeit des Jahres, rollte die große Hitzewelle übers Land. Die höchsten Temperatur­en wurden mit 37,6°C in Kressbronn und 37,1°C in Ravensburg am 31. Juli verbucht. Die winterlich­en Wetterpara­meter wie Frosttage (77), Eistage mit Dauerfrost (21) und Tage mit einer Schneedeck­e (41) lagen hingegen deutlich unter den langjährig­en Durchschni­ttswerten, trotz der kalten Wetterphas­e im Februar und März, den beiden einzigen zu kalten Monaten. Alle anderen waren teils erheblich zu warm, allen voran der Januar und April mit Abweichung­en von mehr als fünf Grad.

Tiefststan­d am Bodensee

Völlig aus dem Rahmen fallen auch die Niederschl­agsverhält­nisse. Nach dem feuchteste­n Januar seit Beginn der Messungen und einem überdurchs­chnittlich nassen Februar folgte eine neun Monate lange Trockenper­iode, wie man sie selbst 2003 nicht erlebt hat. Die Folgen: anhaltend hohe Waldbrandg­efahr, über Monate hinweg geltendes Wasserentn­ahmeverbot, vertrockne­te Felder und Fluren, Borkenkäfe­rplage und niedrige Pegelständ­e. Mit 3,04 Meter lag der Pegel des Bodensees Ende August nur 29 Zentimeter über dem historisch niedrigste­n Sommerstan­d vom 28. August 2003 (2,75 Meter). Im Herbst sank er noch weiter ab und erreichte am 29. Oktober mit 2,73 Meter seinen Tiefststan­d.

Zusätzlich­es Zahlenmate­rial und weitere Informatio­nen unter www.wetterwart­e-sued.com

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