Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stefan Mitrenga verewigt die legendäre Goschamari­e

Der Radiomoder­ator schreibt seinen ersten Roman, und Taldorf bekommt damit seinen ersten Krimi

- Von Harald Ruppert

RAVENSBURG - Eine legendäre Taldorferi­n kommt zu späten Ehren: Maria Fugel, besser bekannt als „Goschamari­e“. Die Wirtin der Wirtschaft „Zur Traube“gibt dem ersten Krimi von Stefan Mitrenga ihren Namen: „Goschamari­e. Alte Geschichte­n - neue Freunde“.

Stefan Mitrenga hat sich als Radiomoder­ator und ehemaliger Sprecher der Volleyball­spiele in der Friedrichs­hafener ZF-Arena einen Namen gemacht. Seit 20 Jahren lebt er in Dürnast, einem Teilort von Taldorf. Zu kurz, um die Goschamari­e noch persönlich gekannt zu haben. Sie starb schon in den 1990er-Jahren. „Aber die Geschichte­n über die Goschamari­e werden in Taldorf immer noch von jedem erzählt“, sagt Mitrenga.

In seinem Taldorf-Krimi ersetzt ihr Lokal „Zur Traube“den Marktplatz. In der gestopft vollen Gaststube kommen die Taldorfer zusammen und verzehrten in rauchgesch­wängerter Luft riesige Portionen Schweinebr­aten mit Spätzle, dazu ein Bier. Herzensgut ist die Goschamari­e. Wer mit ihr bekannt ist, kriegt immer einen Platz. Aber Auswärtige können schon mal böse auflaufen. Vor allem, wenn sie zur Bierflasch­e auch ein Glas verlangen: „So a feiner Pinkel!“Gläser mecht er hon! Und i schtand nochher wieder a Stund beim Schpiala!“, schimpft die Goschamari­e im Roman. Da bekommt man einen plastische­n Eindruck, wie dieses Taldorfer Original so tickte, das „ein bisschen wie die Witwe Bolte“aussah, wie Mitrenga erzählt. Ihm ist wichtig, dass der Leser auch mal lachen kann. Das merkt man seinem Buch auf jeder Seite an.

Mit Walter steht die Goschamari­e auf gutem Fuß. Der verwitwete Zeitungsau­sträger des Dorfs, mit 92 Kilo ein wenig zu rund für seine Größe, gerät unversehen­s in einen Kriminalfa­ll. Der herzkranke Pfarrer Sailer wird tot aufgefunde­n - mit einer extremen Überdosis Koffein im Blut. Zuvor hatte er die alten Aufzeichnu­ngen studiert, die kürzlich auf dem Speicher des alten Arzthauses in Dürnast gefunden worden waren. Stieß er auf ein dunkles Geheimnis und wurde deshalb aus dem Weg geräumt? 250 Exemplare seines im Eigenverla­g veröffentl­ichten Romans hat Stefan Mitrenga schon verkauft – nur durch Mundpropag­anda. Hat sich so mancher Taldorfer bei der Lektüre erkannt? „Natürlich“, sagt Mitrenga. „Ich musste deshalb auch schon mehr als ein Bier ausgeben.“Viele Charaktere seien aber wirklich frei erfunden. „Zum Beispiel Pfarrer Sailer. Viele sagen mir aber, damit sei doch der frühere Pfarrer Beisswange­r gemeint. Dabei kannte ich den gar nicht.“Mitrengas 360 Seiten starke Geschichte ist gemächlich erzählt und lässt sich viel Zeit zur Entfaltung der Figuren. Zu ihnen zählen auch der Hund Balu, die Katzen Kitty und Eglon oder der Igel Seppi. Sie tappen nicht nur über die Straßen und Wiesen von Taldorf, sondern sind ausgesproc­hen sprachbega­bt. „Diesen Kniff mit den redenden Tieren habe ich bei den Krimis von Rita Mae Brown abgeschaut“, gesteht Mitrenga. „Sie lockern das Ganze stark auf. Eine Geschichte nur über Dorfbewohn­er wäre mir auch zu öde gewesen.“Für gewisse Vorahnung sind die instinktbe­gabten Tiere auch empfänglic­her als die Menschen um sie herum. Wie sagt doch Eglon, der dicke Kater, als sein Herrchen Pfarrer Sailer kurz vor seinem Tod in den alten Büchern blättert: „Manche Geheimniss­e sollten auch geheim bleiben.“

Von der Wirtschaft „Zur Traube“ist in Taldorf heute nichts mehr übrig. Sie wurde abgerissen und an gleicher Stelle ein Wohnhaus gebaut. Aber das alte Bänkchen oberhalb des Dorfes, mit bestem Blick auf den Platz, auf dem früher die Wirtschaft stand, gibt es immer noch – und hat es auf den Buchumschl­ag geschafft. Vielleicht wird Stefan Mitrenga hier öfter mal sitzen, wenn er sich Gedanken um seinen zweiten Taldorf-Krimi macht. Mit dem Schreiben hat er bereits begonnen. „Ich weiß, wo ich mit der Geschichte hinwill, aber auf direktem Weg komme ich dort nicht an“, sagt er. „Ich bin beim Schreiben wie ein Grundschül­er, der auf seinem Heimweg noch einen Abstecher in den Wald macht.“Das klingt nach einem weiteren gemächlich­en Taldorf-Krimi, der die Lektüre lohnen wird.

Stefan Mitrengas Taldorf-Krimi „Alte Geschichte­n – neue Freunde“hat 360 Seiten und kostet 14,99 Euro. Erhältlich ist es in der Bäckerei „B 33 Frischeläd­le“in Bavendorf, im Buchhandel unter ISBN 978-3-7467-7862. und bei Amazon (auch als E-Book).

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FOTO: TINA MITRENGA Die alte Sitzbank bei der inzwischen abgerissen­en Wirtschaft der Goschamari­e steht noch. Hier präsentier­t Stefan Mitrenga seinen Taldorf-Krimi.

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