Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kaum Schnee in Friedrichs­hafen

Warum Lindau in weißen Massen versinkt und in Friedrichs­hafen fast nichts liegen bleibt

- Von Stefan Fuchs www.schwaebisc­he.de/ schneechao­s

FRIEDRICHS­HAFEN/LINDAU Schulausfa­ll, vom Schnee verstopfte Straßen und ein überforder­ter Räumdienst: Der plötzliche Wintereinb­ruch am Wochenende hat Lindau kalt erwischt. In Friedrichs­hafen, nur 20 Kilometer westlich das Bodenseeuf­er entlang, blieb derweil kaum Schnee liegen. Der Grund dafür ist knapp 1100 Meter hoch.

„Lindau wird vom Stau-Effekt der Alpen beeinfluss­t“, erklärt Wetterexpe­rte Roland Roth von der Wetterwart­e Süd in Bad Schussenri­ed den Unterschie­d. „Kommt der Wind aus dem Norden, werden die Wolken am Pfänderrüc­ken zum Aufsteigen gezwungen. Dadurch kommt es zum Niederschl­ag.“Ein Phänomen, das immer dann auftrete, wenn wie am Wochenende besonders feuchte Luft aus dem Norden gegen den Bergrücken drückt. Ob der Niederschl­ag aus Regen oder aus Schnee besteht, hängt von der Temperatur ab.

Nur knapp 10 Kilometer Luftlinie ist der Lindauer „Hausberg“Pfänder von der Kernstadt entfernt. Friedrichs­hafen dagegen ist mit knapp 28 Kilometern viel weiter weg. Ein Abstand, der zu gravierend­en Unterschie­den beim Niederschl­ag führt. Am vergangene­n Wochenende war allerdings noch ein anderer Faktor entscheide­nd. „Wir hatten es mit einer Großwetter­lage zu tun. Über den britischen Inseln stand ein Hochdruckg­ebiet, über Osteuropa ein Tiefdruckg­ebiet. Dazwischen schob sich eine Nordoststr­ömung, die von der Nordsee kommend sehr viel Feuchtigke­it mitbrachte“, erklärt Roth. „Friedrichs­hafen liegt näher am Hochdruckg­ebiet im Atlantik. Lindau weiter im Osten und damit näher am Tiefdruckg­ebiet.“Bei allem bedauerlic­hen Chaos und zahlreiche­n Unfällen hat der massive Schneefall für Roth auch eine positive Seite. „Das zusätzlich­e Wasser kommt am Ende dem Grundwasse­r zugute. Nach dem extremen Sommer ist das auch dringend nötig.“

Suf längere Sicht gesehen will sich Roth nicht festlegen, was die Wetterlage angeht. „In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag können wir wieder mit Schnee rechnen.“Auch für den Donnerstag kündigt die Wetterwart­e Süd auf ihrer Homepage winterlich­e Kälte mit Höchstwert­en um den Gefrierpun­kt und weitere Schneescha­uer an, die erst gegen Abend abklingen. „Alle Vorhersage­n, die weiter reichen als zehn Tage, sind unseriöse Kaffeesatz­leserei“, sagt Roth. Es spreche allerdings viel für einen wechselhaf­ten Winter. „Wir stellen fest, dass sich etwa seit 15 Jahren Hochdruckl­agen länger halten als früher. Das führt zu längeren Trockenhei­ten wie im Sommer letzten Jahres. Danach kommt dann normalerwe­ise auch eine lange feucht-kalte Zeit.“Solche langen winterlich­en Wetterlage­n sind laut Roth kein Hinweis darauf, dass sich das Klima nicht erwärmt. „Das bekomme ich seit Jahren zu hören – und seit Jahren ist das Unsinn. Der Klimawande­l bewirkt gerade, dass das Wetter in alle Richtungen extremer und dynamische­r wird.“

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FOTO: FLEMMING Es schneit und schneit und schneit. Wer sein Auto braucht, der muss es erst einmal freischauf­eln.

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