Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Welche Gefahren der Winter bringt
Bäume stürzen um, glatte Straßen und verspätete Busse.
KREIS RAVENSBURG - Es sollte eigentlich ein schöner Nachmittagsspaziergang nach dem Wintereinbruch vom Wochenende werden, doch dann bekommen die beiden Frauen, die in der Nähe von Vogt eine Runde durch die Schneelandschaft gehen, einen gehörigen Schrecken: Gerade sind sie am Waldrand unterwegs, als sie ein lautes Krachen hören. Unmittelbar darauf rutscht von einem Nadelbaum eine Schneelawine herunter und landet wenige Meter von den Spaziergängerinnen entfernt auf dem Waldboden. „Da haben wir realisiert, wie gefährlich es derzeit im Wald sein kann und haben unseren Spaziergang auf anderen Wegen fortgesetzt“, berichten sie.
Achtung vor Schneebruch im Wald
Spazierengehen im Wald ist derzeit besonders gefährlich, vor allem in den schneereichen Gebieten. Da herrscht sogar Lebensgefahr, wie der Leiter des Kreisforstamtes Marijan Gogic sagt. „Wenn ein Ast mit Schnee von einem Baum bricht, kann das einen Schädel zertrümmern“, erklärt er. Erhöhte Schneebruchgefahr besteht hauptsächlich im östlichen Landkreis Ravensburg – alles in Richtung Allgäu. Sprich: Waldburg, Wolfegg, Vogt und auch die Großräume Wangen, Leutkirch und Isny, wo besonders viel Schnee liegt. Teilweise liege dort Schnee zwischen 40 und 60 Zentimetern hoch. Im Wald könne auch spontan ein Baum umfallen, wenn ein Baum unter der Schneelast zusammenbricht. Im westlichen Landkreis Ravensburg gebe es keine größeren Probleme.
Alle sechs bis sieben Jahre gebe es solche Extremsituationen wie dieser Tage, auch wenn sie keine Besonderheit darstellten. Entscheidend sei, ob viel nasser Schnee oder Pulverschnee falle. Bei nassem Schnee, wie er zurzeit vom Himmel fällt, sei besondere Vorsicht geboten, weil dieser schwer ist und bei Bäumen zu Schneebruch führen kann. Dabei gebe es auch einen Unterschied zwischen Nadel- und Laubbäumen, weiß der Experte: „Bei Laubbäumen gibt es kein großes Problem, weil sie im Winter keine Blätter tragen. Nadelbäume dagegen haben mehr Oberfläche und sind durch Schnee mehr belastet.“Übrigens: Warnschilder sind vor den Waldwegen nicht angebracht, weil das nicht zu leisten sei, so Gogic. Wer trotzdem in einen Wald geht und dabei verletzt wird, tut das auf eigene Gefahr.
Eingeschneit im Lauratal
Fast eingeschneit waren in den vergangenen Tagen die Anwohner im Lauratal zwischen Schlier und Weingarten. „Man kommt mit dem Schneeschippen kaum hinterher“, sagt Claudia Urban vom dortigen Geflügelhof. Von Sonntagabend bis Montagmorgen musste die Straße durchs Lauratal wegen Schneebruchs gesperrt werden. Für manche Kinder, die dort wohnen, war so auch der Weg in die Schule versperrt. Die Straße durchs Lauratal werde bei starken Schneefällen immer wieder mal gesperrt, sagt Claudia Urban, „aber wir werden leider nicht informiert, wir sehen dann beim Rausfahren halt das Schild“.
Straßensperrungen im Landkreis
Gesperrt werden musste auch die Bundesstraße 32 zwischen Blitzenreute und Staig – eine Hauptverkehrsachse durch den Landkreis. Von Dienstagabend, 22 Uhr, bis Mittwochvormittag, gegen 11 Uhr, sperrte die Straßenmeisterei die Blitzenreuter Steige wegen Schneebruchs. „Ein Baum ist auf die Strecke gefallen und musste entfernt werden. Weil es einige Bäume sogar entwurzelt hat, wurde der ganze Abschnitt vorsichtshalber auch gesperrt“, so eine Polizeisprecherin auf SZ-Nachfrage. Auch die Feuerwehr war im Einsatz, um die Straße wieder freizuräumen. Wegen glatter Straßen hat es auf einigen Landstraßen Unfälle gegeben. Vor allem Lastwagen hatten es schwer mit dem Durchkommen.
Ansonsten kam der Landkreis Ravensburg fast ohne Straßensperrungen aus. Kein Durchkommen gibt es zurzeit noch auf der Kreisstraße 8014 im Eisenharzer Wald in der Gemeinde Argenbühl. Laut Angaben des Landratsamtes bleibt auch diese Straße witterungsbedingt bis auf Weiteres gesperrt. Über Straßensperrungen entscheiden die Polizei und die Straßenmeistereien. Meistens ist drohender Schneebruch der Hauptgrund für eine Straßensperrung. „Der Winter 2018/2019 stellt hier bislang keine Besonderheit dar. Es kommt immer wieder vor, dass Straßenabschnitte temporär gesperrt werden müssen“, so Corinna Aumann, Sprecherin das Landratsamtes.
Von 6 bis 22 Uhr wird geräumt
Die Zuständigkeit für den Winterdienst im Landkreis Ravensburg ist auf verschiedene Schultern verteilt. Für die Autobahnen sind die Autobahnmeistereien, für Bundes-, Landesund Kreisstraßen das Straßenbauamt im Landratsamt und für Gemeindestraßen die Gemeinden verantwortlich. Grundsätzlich werden wichtige Straßen für den überörtlichen Verkehr, mit starkem Berufsverkehr und mit Linienbusverkehr laut Informationen der Kreisbehörde täglich von 6 bis 22 Uhr geräumt und gestreut.
Wer dieser Tage in Ravensburg oder Weingarten mit dem Bus unterwegs ist, spürt wenig bis keine Einschränkungen wegen Schneefall. Auch Peter Hagmann vom gleichnamigen Verkehrsbetrieb, der unter anderem die Busstrecken nach Bodnegg, Wolpertswende und Mochenwangen bedient, meldet wenig Verkehrsbehinderungen. Anders sieht das bei den Bussen aus, die nach Wolfegg, Vogt oder Waldburg fahren, wo die Schneemassen um einiges größer sind: „Der gesamte Verkehr wird langsamer, deshalb gibt es auch bei den Bussen Verspätungen“, sagt Busuntermehmer Bernd Grabherr aus Waldburg. In den Gemeinden des östlichen Landkreis gebe es „super Räumdienste“, lobt Grabherr. Nur bei der Räumung von Bushaltestellen gebe es große Unterschiede zwischen den Gemeinden. „Da wäre es aus unserer Sicht toll, wenn die Fahrgäste nicht drei Tage lang über Schneehaufen steigen müssten.“Am Montag sei die Lage grenzwertig gewesen, „da hätten wir fast ein paar Schulbuslinien
„Wir hätten fast ein paar Schulbuslinien einstellen müssen.“Bernd Grabherr, Busunternehmer
einstellen müssen“, so Bernd Grabherr. Grund seien durch Schneelast herabhängende Äste gewesen: „Die Busse haben heutzutage alle Technik auf dem Dach, die darf nicht beschädigt werden.“Auch Blitzeis könne die Busse zum Stehenbleiben zwingen. „Da muss der Fahrer aus Sicherheitsgründen so lange an einer Haltestelle warten, bis der Räumdienst da war.“
„Sehr sportlich“war die Situation wegen der B-32-Sperrung auch für Busfahrer, die am Mittwochvormittag in Blitzenreute unterwegs waren, wie Stefan Leinweber von der RAB berichtet. Durch die Umleitung mussten die Busse eine sehr steile Strecke passieren. Auch auf der Straße durch den Altdorfer Wald seien Busse der RAB am vergangenen Dienstag stecken geblieben, weil quer stehende Autos die Fahrbahn blockierten, so Leinweber. Wenige Verzögerungen gebe es bislang auf den Linien von Ravensburg Richtung Wangen und Isny, da die Bundesstraße recht gut geräumt werde.