Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
40-Jähriger muss für 12 Jahre ins Gefängnis
Mann wollte seine Sex-Gespielin vergewaltigen und danach ermorden
RAVENSBURG/BAD SCHUSSENRIED - Trotz neuerlicher Beweisaufnahme kurz vor Ende des Prozesses hat die Große Schwurgerichtskammer am Landgericht Ravensburg nun das Urteil gegen einen 40-Jährigen Mann gefällt: Er wurde zu 12 Jahren und drei Monaten Haft mit Unterbringung in Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Mann hatte im vergangenen Jahr seine Sex-Gespielin erst vergewaltigt und anschließend zu ermorden versucht.
Das Urteil gegen den 40-jährigen Metzgergehilfen war bereits für den 2. Januar erwartet worden, als am siebten Prozesstag die beiden Verteidiger nach den Plädoyers einen Hilfsbeweisantrag stellten: Die frühere Therapeutin des alkoholabhängigen Mannes aus dem Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Bad Schussenried solle noch im Zeugenstand gehört werden. Das Gericht gab dem nach kurzer Beratung statt und lud sowohl jene Therapeutin als auch den psychiatrischen Sachverständigen noch einmal vor die Kammer. Der hatte dem Angeklagten in seinem Gutachten zuvor eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie ein „negativ-aggressiv geprägtes Frauenbild“bescheinigt. Diese Einschätzung hätte die Therapeutin, die in den Jahren 2012 bis 2014 mit dem Mann zu tun hatte, wohl relativieren sollen.
Nachdem es „Verwicklungen mit der bisherigen Therapeutin gab“(er hatte sich in eine Liebesbeziehung zu ihr hineingedacht), habe der Angeklagte ihr gleich zu Beginn ihrer Therapie gesagt: „In Wirklichkeit bin ich ein Drecksack. Ich muss mich total zwingen, ein guter Mensch zu sein“. In der Folge habe sie ihn jedoch als „extrem pflichtbewusst und verlässlich“erlebt – in der Therapie wie auch am Arbeitsplatz, in einer Metzgerei. Angst vor ihm habe sie nie gehabt. „Weicher“sei er geworden, „zugänglicher“, beschrieb die Psychologin den Angeklagten, den sie als „zwanghaft, zutiefst einsam und in Folge von Unsicherheit auch als abschätzig“kennengelernt habe. Der Zugang zu seinen und den Gefühlen anderer fehle ihm, beschrieb sie. Nach der Entlassung aus der stationären Obhut im April 2014 habe er jedoch keine Hilfsangebote mehr wahrgenommen. Die vom Gutachter gestellte Diagnose einer „dissozialen Persönlichkeitsstörung“konnte sie nicht entkräften.
Wie das Gericht in seiner Urteilsbegründung am späten Dienstagnachmittag erklärte, habe sich das Tatgeschehen genau wie von Polizei und Staatsanwaltschaft eruiert und von Zeugen bestätigt abgespielt: Nach einvernehmlichem Sex mit der 39-jährigen Geschädigten, die dafür 850 Euro erhalten sollte, wollte der Angetrunkene die Frau mit der Faust zu penetrieren. Nachdem sie sich zur Wehr setzte, versuchte er die Frau mit einem Handyladekabel zu erdrosseln. Aus dem Notruf, den die Frau aus dem Zimmer ihrer schlafenden Kinder absetzte und dessen Aufzeichnung vor Gericht auch abgespielt wurde, gehe deutlich ihre Todesangst hervor. In der Absicht, die vorangegangene versuchte Vergewaltigung mit gefährlicher Körperverletzung zu vertuschen und dem Wissen, dass die Polizei informiert ist, stach der Angeklagte mit einer Bastelschere fast 40 Mal auf Oberkörper und Kopf der Frau ein.
Dadurch sah das Gericht das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht gegeben. Außerdem habe ihn das Opfer durch die Ablehnung der Sexpraktik in Wut und Aggressivität versetzt. „Sie wollten die Frau bestrafen, sie hatten den Vernichtungswillen“, konstatierte Richter Maier in seiner Urteilsbegründung. Der Blick auf die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten, seine Suchtproblematik und auf seine gesamten Vorstrafen („Richter Maier: „Man blickt in einen anthrazitfarbenen bis schwarzen Raum“) lasse nach sorgfältiger Abwägung nur die Sicherheitsverwahrung zu. Zum Schutz der Allgemeinheit.
„Dem Angeklagten ist alles klar, er weiß, dass er gefährlich ist“, so fasste Richter Maier zusammen, was die Aussage der Psychologin noch einmal verdeutlicht hatte. Eine Besserung sei nicht erwartbar, alle abgeschlossenen Therapien seien ergebnislos gewesen. Den Urteilsspruch nahm der Angeklagte, der sich den ganzen Prozess über weder zu seiner Person noch zur Tat äußerte, regungslos hin. Seine Pflichtverteidigerin kündigte unmittelbar danach an, in Berufung gehen zu wollen. Das als Nebenklägerin aufgetretene Opfer sagte: „Ich bin froh, dass es zu Ende ist. Jetzt kann ich neu beginnen“. Sie hat eine Traumatherapie in Aussicht, um das Erlebte zu verarbeiten.
„In Wirklichkeit bin ich ein Drecksack. Ich muss mich total zwingen, ein guter Mensch zu sein.“Das soll der Angeklagte über sich selbst zu seiner Therapeutin am ZfP Schussenried gesagt haben.