Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kein Doping, kein Coup
Sauerstoff-Affäre: Luitz-Sieg von Beaver Creek aberkannt
THUN (dpa/SID) - Einen Monat nach dem Coup von Beaver Creek ist Stefan Luitz seinen ersten Weltcupsieg wieder los. Der Skirennfahrer aus Bolsterlang wurde vom Weltverband FIS nachträglich für das Rennen disqualifiziert, weil er zwischen den zwei Riesenslalom-Durchgängen regelwidrig Sauerstoff über eine Flasche inhaliert hatte. Der 26-jährige Allgäuer hatte bei einer Anhörung noch auf Nachsicht für den Lapsus am 2. Dezember gehofft, doch die AntiDoping-Kommission entschied sich für (s)eine nachträgliche Streichung aus der Ergebnisliste. In der offiziellen Ergebnisliste taucht bei Luitz seit Donnerstagmittag nun der Eintrag „DSQ2“auf: im zweiten Lauf disqualifiziert. Den Kampf um den ersten Karrieresieg will Luitz aber noch nicht aufgeben.
Seine Anwältin Anne Jakob tendiert nämlich dazu, in der komplizierten Angelegenheit den Sportgerichtshof CAS für ein Grundsatzurteil anzurufen. Dafür hat sie bis 31. Januar Zeit. „Es handelt sich immerhin um eine unserer Ansicht nach rechtswidrige Benachteiligung des Athleten, ohne eigenes Verschulden und ohne, dass er sich einen Leistungsvorteil verschafft hat“, sagte Jakob. Stefan Luitz selbst äußerte sich zunächst nicht zur FIS-Entscheidung.
Jakob hat beim CAS bereits einen Antrag auf einstweilige Aussetzung der Disqualifikation gestellt. Damit soll erreicht werden, dass Luitz die 100 Punkte für Platz eins in Beaver Creek behält und in der Startreihenfolge für den nächsten Riesenslalom in Adelboden am Samstag nicht weit nach hinten rutscht. „Wir haben vollstes Verständnis für die weiteren Schritte, die Stefan Luitz jetzt gehen möchte“, sagte der Sprecher des Deutschen Skiverbandes, Ralph Eder.
In dem ganzen Fall gibt es quasi keine Gewinner: Luitz sieht sich als Opfer, weil der DSV die Inhalation von Flaschen-Sauerstoff in Beaver Creek als erlaubt eingeschätzt hatte. Der Verband beteuert, von medizinischen Experten falsch beraten worden zu sein. Selbst der ursprünglich zweitplatzierte Österreicher Marcel Hirscher, dem die FIS den ersten Rang noch am Donnerstag zugestand, fühlt sich nicht wohl mit einem Erfolg am grünen Tisch, wie er zuletzt mehrfach gesagt hatte.
Auch der Weltverband hätte sich das Urteil offenbar gern erspart. Die FIS „bedauert, dass die Disqualifikation den ersten Weltcup-Sieg des Athleten betrifft“, heißt es in der ausführlichen Erklärung der Anti-DopingKammer. Doch habe man „keine Wahl gehabt“. Laut FIS ist es verboten, wissenschaftliches oder medizinisches Equipment an den Wettkampfort zu bringen. Die FIS bewertet das Vergehen des Deutschen als Verletzung von Punkt 2.12 des Anti-Doping-Reglements, aber nicht als Dopingfall. Im Reglement der Welt-Anti-DopingAgentur (WADA) ist der Gebrauch von Sauerstoff erlaubt. Die FIS hat ihr Regelwerk nicht dem der WADA angepasst. „Es geht auch darum, ob die Regel so Bestand haben kann oder im Sinne aller Athleten korrigiert werden muss“, sagte Luitz-Anwältin Jakob zu ihren Überlegungen, den CAS in Lausanne einzuschalten.
Für Stefan Luitz aber geht es parallel dazu darum, sich auf den Sport zu konzentrieren. Die Sauerstoff-Affäre hatte ihn schon im Dezember arg belastet und um gute Rennen gebracht. Zuletzt zeigte seine Formkurve aber wieder deutlich nach oben.