Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Das Rathaus ist mein Wohnzimmer“
Roland Haug spricht über seine Arbeit als Bürgermeister in Ebersbach-Musbach und seine Ziele
EBERSBACH-MUSBACH - Rund 1400 Bürger können am Sonntag, 13. Januar, bei der Bürgermeisterwahl in Ebersbach-Musbach ein Kreuz machen. Auf dem Wahlzettel wird nur der Name von Amtsinhaber Roland Haug stehen. Was der 48-Jährige in den nächsten acht Jahren umsetzen will, erzählt er im Interview mit Dirk Thannheimer und Julia Freyda.
Bei der Kandidatenvorstellung vor acht Jahren nannten Sie als Vorhaben für die zweite Amtszeit unter anderem die Ausweisung von Gewerbeflächen und die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs. Wie ist es bei den Themen gelaufen?
Wir konnten Gewerbeflächen erweitern, sodass Betriebe umsiedeln konnten oder sich neue angesiedelt haben. Jetzt gibt es schon wieder neue Gedanken für Erweiterungen. Die Realisierung ist aber vor allem an die Verfügbarkeit der Grundstücke geknüpft. Der öffentliche Nahverkehr ist ein spannendes und sicher schwieriges Thema. Wir haben jetzt eine Kooperation mit dem Aulendorfer Bürgerbus, der in Ebersbach, Geigelbach und Ried hält. Wir hoffen, dass dieses Angebot genutzt wird und es noch weitere Haltestellen in der Folge dann geben kann, geben wird. Fahrdienste gibt es aber vor allem auch über unsere funktionierende Nachbarschaftshilfe – und wenn es sein darf, dann schon auch mal über unser Rathausteam.
Was sind Ihre drei wichtigsten Ziele für die voraussichtliche dritte Amtszeit?
Der weitere Ausbau des Glasfaserund Gasleitungsnetzes auch als wichtiger Standortfaktor. Das Interesse bei den Bürgern ist riesig, aber es sind auch enorme Distanzen zurückzulegen bis alles durchdacht und baulich realisiert ist. Das klar mit dem Ziel, eine flächendeckende Vernetzung zu erreichen. Wir fahren deswegen zweigleisig: mit der Thüga und mit dem Zweckverband Breitbandversorgung. Ein weiteres großes Thema ist die Nahversorgung. Den Dorfladen gibt es leider nicht mehr. Ich sehe ihn nicht nur als Einkaufsmöglichkeit, sondern auch als sozialen Treffpunkt. Derzeit gibt es ein mobiles Angebot, wo es Lebensmittel, Backwaren und bald voraussichtlich auch Obst, Gemüse und Wurstwaren gibt. Drittes Ziel von natürlich noch weiteren ist ein Dorfplatz. Durch den Umzug des Kindergartens haben wir am Rathaus die Möglichkeit einen zentralen und barrierefreien Platz in der Ortsmitte zu schaffen; einsehbar und multifunktional. Und Dauerthema ist die Grundschule sowie die Kinderbetreuung.
Die Grundschule ist einzügig und hat 64 Schüler. Haben Sie Angst, dass so kleine Schulen geschlossen werden?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben eine sehr gute freiwillige, verlässliche Ganztagesbetreuung. Solange wir dieses Qualitätsmerkmal haben, mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Und inhaltlich passt es im Schulbetrieb genauso.
Favorisieren Sie bei der Nahversorgung eine zentrale Versorgung oder eine mobile?
Mit dem Deissenhof in Boos und dem Getränkemarkt in Musbach haben wir zwei zentrale Angebote. Sehr willkommen wäre mir ein Café oder wie im ehemaligen Dorfladen eine Möglichkeit für einen Treffpunkt mit Produkten zur Grundversorgung. Das steht und fällt aber mit dem Betreiber – und der fehlt noch. Wir können niemanden zwingen das Angebot zu nutzen.
Ein Wahlversprechen von der ersten Kandidatur im Jahr 2003 haben Sie bislang nicht eingehalten: Der Umzug nach Ebersbach-Musbach. Wie steht es darum?
Es hatte damals nicht geklappt
die zugesagte Wohnung ist erst jetzt fertig. Das war schon bei der Wahl vor acht Jahren kein Thema mehr. Das Rathaus ist mein Wohnzimmer, dort bin ich auch bis spätabends und samstags. Ich denke, wenn ich nicht in der Gemeinde präsent wäre, würden die Bürger das anders sehen.
Im Mai wird auch der Ravensburger Kreistag neu gewählt. Werden Sie kandidieren?
Jetzt ist erst einmal der Sonntag für mich das Wichtigste. Dann heißt es Schritt für Schritt weitergehen. Die Arbeit im Kreistag macht mir jedenfalls Spaß.
Wenn nur der Amtsinhaber kandidiert, dann ist die Wahlbeteiligung oft sehr niedrig. Haben Sie sich da eine Messlatte gesetzt?
Über eine Zahl habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich hoffe einfach, dass die Wähler ihr Vertrauen in mich und meine Arbeit durch ihre Stimmabgabe dokumentieren und so auch über die Weiterentwicklung der Gemeinde mitentscheiden.
Im vergangenen Jahr hatten Sie einen schweren Unfall mit dem Rad. Wie hat Sie dieses Ereignis persönlich geprägt?
Man wird geerdet. Ich war mit dem Rad unterwegs und mir hat ein Wildtier die Vorfahrt genommen, beim Zusammenstoß und durch das Überschlagen erlitt ich einige Knochenbrüche, die Lunge kriegte dadurch etwas mit ab und ich lag zehn Tage lang auf der Intensivstation. Ich bin bis heute in Behandlung und noch nicht zu 100 Prozent wieder fit. Mein großes Glück ist, dass ich einen Helm getragen habe. Daher kann ich auch nur an alle Radfahrer appellieren, immer mit Helm zu fahren.
Haben Sie die Rathausgeschäfte in der Zeit ruhen lassen?
Ich habe mir Arbeit ins Krankenhaus bringen lassen und so gut es ging fortgesetzt. Die repräsentativen Termine habe ich zwangsweise reduziert und sie wurden mit den Stellvertretern gut überbrückt.
Neben dem Hauptamt in Ebersbach sind Sie seit 2014 ehrenamtlicher Bürgermeister in Hoßkirch. Wie gut lassen sich diese Ämter im Bürgermeisteralltag vereinbaren?
Es sind natürlich mehr Sitzungen und Termine. Es erfordert ein gutes Zeitmanagement und eine klare Arbeitsstruktur. Ich sehe es aber nicht als Last, sondern als Befriedigung, die Arbeit bewältigt zu bekommen und verschiedene Vorhaben anzugehen. Jede Gemeinde wird für sich behandelt, verwaltet und gestaltet. Nach den ersten fünf Amtsjahren hätte ich mir den zweiten Posten noch nicht zugetraut, aber mittlerweile habe ich Erfahrungen und Routine. Außerdem gibt es natürlich auch Synergieeffekte.
Als Bürgermeister von Hoßkirch steht eine mögliche Falschaussage von Ihnen vor Gericht im Raum. Möchten Sie sich dazu äußern?
Jetzt ist die Wahl in Ebersbach-Musbach, eine wichtige dazu. Und darauf konzentriere ich mich.
Wie gehen Sie mit den Vorwürfen als exponierte Person wie ein Bürgermeister persönlich damit um?
Wer ein öffentliches Amt bekleidet, muss immer mit Vorwürfen rechnen. Natürlich macht es betroffen, was ja menschlich ist; alles andere wäre unnatürlich. Aber ich messe mich an meiner geleisteten Arbeit und an der Zustimmung durch die Bürgerinnen und Bürger.