Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Welche Symptome und Strukturen sind gemeint?“
Fünf katholische Kirchengemeinderäte fordern grundlegende Veränderungen. Wurde in den Räten abgestimmt? Worüber wurde abgestimmt? Mit welchen Mehrheiten wurde beschlossen? Von grundlegenden Veränderungen, von Kernforderungen ist zu lesen: Öffnung des Priesteramtes für alle und Abschaffung des Pflichtzölibates. Nichts Neues. Aber Gottes Mühlen mahlen eben langsam. Außerdem ist fraglich, ob sich an der Glaubenskrise etwas änderte, wenn in der katholischen Kirche auch Frauen den Ton mitbestimmten oder gar angäben. Die Kirchengemeinderäte wollen nicht an Symptomen herumdoktern, sondern Strukturen überdenken. Das taten schon viele. Leider wird selten gesagt, welche Symptome und welche Strukturen gemeint sind.
Es gebe keinerlei persönliche Schuldeingeständnisse, wird gesagt: Richtig? Sollte jeder, der persönlich schuldig geworden ist, seine Schuld an die große Glocke hängen? Die Kirchengemeinderäte erwarten Übernahme politischer Verantwortung. Erwarten sie den Rücktritt von Bischöfen, Äbten, Kardinälen, des Papstes? Sie weigern sich, ein Kommunikationsdefizit aus Rottenburg hinzunehmen. Wie werden sie auf die zu erwartende freundliche, belanglose Antwort des Bischofs reagieren? Mit Kirchenaustritt? Mit lauter Demo vor dem Bischofssitz? Die Glaubwürdigkeit der Kirche sei schwer beschädigt, schreiben die Kirchengemeinderäte. Was verstehen sie unter „Kirche“? Kommen ihnen beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses erst Zweifel, weil ein paar (gemessen an vielen) Gottesdiener sündhaft handelten? Seien wir dankbar und erfreut, dass bei uns Missbrauchsfälle „derzeit nicht bekannt“sind, was weniger mit höherer Moral oberschwäbischer Gottesdiener als mit dem Fehlen katholischer Kloster- und Sängerinternate zusammenhängen dürfte, in denen Mitarbeiter leicht in Verruf geraten können, was in unserer sensationshungrigen Gesellschaft lustvoll und gierig aufgegriffen wird.
Albert Hagn, Ravensburg
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