Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwischen Ratlosigke­it und Angst

Bundestag debattiert Brexit und hofft: Ein solches Chaos darf es bei uns nie geben

- Von Sabine Lennartz

BERLIN – Die Ratlosigke­it in Berlin ist groß. Was ist, wenn die Briten keine Regelung finden? „Die Wahrschein­lichkeit für einen ungeordnet­en Brexit ist gestiegen“, sagt Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). Zwei Tage nach dem Scheitern des Brexit-Vertrags im britischen Unterhaus hat der deutsche Bundestag das Gesetz zur Regelung des ÜbergangsZ­eitraums beschlosse­n. Das ist jetzt eigentlich schon erledigt, denn es sieht eine Regelung nach einem vertragsge­mäßen Brexit vor.

Doch nach wie vor wolle man alles daran setzen, einen geordneten Ausstieg zu erreichen, so Maas, auch wenn die Chancen dafür schlecht stünden. „Wir wissen seit Dienstag nur, was die Briten nicht wollen“, so Maas. Der Ball liege jetzt in London und die Briten müssten jetzt klar sagen, für welchen Weg sie sich entscheide­n. „Die Zeit der Spielchen ist vorbei“, warnt Maas. Man habe zwei Jahre lang intensiv verhandelt, „wir waren kreativ, wir waren flexibel“. Und er kann sich kaum vorstellen, dass das Paket noch einmal aufgeschnü­rt wird. Wichtig sei, dass jetzt die Einigkeit der 27 europäisch­en Staaten beibehalte­n werde. Entgegenko­mmen deutete Maas nur für eine Fristverlä­ngerung an.

Maas betonte aber im Bundestag auch, dass Deutschlan­d auf alle Szenarien vorbereite­t sei, dass man auch Planungen für einen ungeregelt­en Brexit habe, dass Schäden von Firmen abgewendet werden müssten, dass man Auswirkung­en auf die Rentenund Krankenver­sicherung, auf Zollbeamte und die Zulassung von Medikament­en im Auge habe. „Wir sind vorbereite­t, aber wissen, dass ein ungeregelt­er Brexit uns allen schaden wird.“

Berater der EU-Kommission sind derzeit in europäisch­en Hauptstädt­en unterwegs, um auf ein mögliches Chaos vorzuberei­ten. Flugzeuge müssten wegen fehlender Fluglizenz­en womöglich am Boden bleiben, Waren würden am Zoll feststecke­n und Reisende in Grenzkontr­ollen viel Zeit verlieren.

Während der AfD-Politiker Martin Hebner begrüßte, dass mit dem Brexit „die Götterdämm­erung“begonnen habe, drückten alle anderen Redner in der Debatte ihre Sorgen aus. Von einem „Drama ohne absehbarem Ende“sprach die CDU-Politikeri­n Katja Leikert. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff forderte, jetzt den harten Brexit vorzuberei­ten. Die Grüne Franziska Brantner sprach von einem tragischen Moment. „Es ist nicht möglich, das jetzige Paket aufzuschnü­ren“, so Brantner, während Bundeskanz­lerin Merkel zustimmend nickte. Aber bei einem Verbleib der Briten in der EUZollunio­n „wären wir die letzten, die das ablehnten“, so Brantner.

Der CSU-Abgeordnet­e Florian Hahn, meinte, die Briten hätten noch bis zum 29. März Zeit, das Ruder herumzurei­ßen. Die Hoffnung sterbe zuletzt. Eines aber sei sicher: „Ein solches Chaos darf es bei uns nie geben“.

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