Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Abgeschobene
Die Türkei hat eine niederländische Korrespondentin abgeschoben, gegen die in ihrem Land in einem Terrorverfahren ermittelt wird. Vorwürfe der niederländischen Behörden gegen die 31-jährige Ans Boersma seien der Grund für die Abschiebung gewesen, und nicht etwa ihre journalistische Arbeit, teilte die türkische Regierung am Donnerstag mit. Boersma, die in Istanbul unter anderem für die niederländische Wirtschaftszeitung „Het Finansieele Dagblad“(FD) arbeitete, wird demnach mit der Al-Kaida-nahen Nusra-Front in Syrien in Verbindung gebracht, möglicherweise über einen Ex-Freund. Die niederländische Staatsanwaltschaft bestätigte Ermittlungen gegen die Korrespondentin. Bei ihrer Rückkehr aus der Türkei wurde sie aber nicht verhaftet.
Erst in der vergangenen Woche hatten die türkischen Behörden die Akkreditierung Boersmas erneuert. Als sie am Mittwoch beim Ausländeramt in Istanbul ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängern wollte, wurde sie festgenommen. Boersma wurde in Abschiebehaft gesteckt und am Donnerstagvormittag in ein Flugzeug nach Amsterdam gesetzt. Laut Medienberichten erhielt sie ein sechsjähriges Einreiseverbot. Ihre Pressekarte wurde eingezogen.
Die FD erklärte, möglicherweise sei die Korrespondentin in den Strudel der Ermittlungen geraten, weil sie bis zum Jahr 2015 eine Beziehung zu einem Syrer hatte, der im vergangenen Herbst in den Niederlanden wegen des Verdachts auf frühere Mitgliedschaft in der NusraFront festgenommen worden sei. Die Zeitung kritisierte, Boersma sei während ihres Aufenthaltes in den Niederlanden von Ende Dezember bis Anfang Januar nicht von den Behörden befragt worden. FD-Chefredakteur Jan Bonjer forderte die Regierung zur Auskunft darüber auf, wie Informationen über eine niederländische Reporterin an die Türkei weitergeleitet werden konnten, ohne dass das Außenamt davon wisse. Boersma arbeitete seit 2017 für die FD und schrieb über Themen wie die hohe Inflation in der Türkei und über den neuen Istanbuler Flughafen. Susanne Güsten