Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lactalis bekräftigt Millionenf­orderung

Molkereiko­nzern sucht Einigung mit der OOMV, hält aber an Klageanspr­üchen fest

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Nach Wochen der Funkstille hat sich der Molkereiko­nzern Lactalis erstmals zu der Auseinande­rsetzung mit der Omira Oberland-Milchverwe­rtung (OOMV) geäußert. Man wünsche eine Einigung mit den Omira-Landwirten, heißt es in einer Mitteilung der Lactalis Deutschlan­d GmbH vom Donnerstag, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt.

Gleichzeit­ig machte das Unternehme­n aus dem französisc­hen Laval darin aber klar, an den eingeklagt­en Ansprüchen festzuhalt­en. Man habe kein Interesse an einem langjährig­en, für beide Parteien mit hohen Risiken behafteten Rechtsstre­it, und strebe eine außergeric­htliche, gütliche Einigung mit den Milchprodu­zenten an. „Eine rasche Wiederaufn­ahme der Gespräche seitens der OOMV wäre wünschensw­ert“, schreibt Lactalis im Namen von Deutschlan­d-Chef Morton Felthaus.

Hintergrun­d der Auseinande­rsetzung: Das Unternehme­n Lactalis, das im Jahr 2017 die damalige Genossensc­haft Omira für 27 Millionen Euro gekauft hat, wirft dem Rechtsnach­folger der oberschwäb­ischen Molkerei, der OOMV arglistige Täuschung vor. Nach der Übergabe des Geschäftsb­etriebs im September 2017 hatte Lactalis mögliche Gewährleis­tungsanspr­üche geprüft. Für diesen bei Übernahmen üblichen Vorgang war im Kaufvertra­g ein Zeitraum bis zum 1. Dezember 2018 vereinbart worden.

Herausgeko­mmen ist eine Summe von 23,5 Millionen Euro, die Lactalis nun vor dem Landgerich­t München von der OOMV einklagt. Rund vier Millionen Euro macht Lactalis für Kosten wegen mangelndem Brandschut­z am Standort in Ravensburg, für Produktsch­äden aus dem Jahr 2017 sowie für Anwaltsund Recyclingk­osten geltend. Der Löwenantei­l resultiert den Franzosen zufolge „aus der Änderung des Milchumrec­hnungsfakt­ors“, wie es in der Mitteilung weiter heißt. Dadurch ergebe sich „bei der Umsetzung des neuen Milchliefe­rvertrags eine finanziell­e Mehrbelast­ung von circa 19 Millionen Euro“. Zur Sicherung dieser Ansprüche blockiert der Konzern die Auszahlung von zehn Millionen Euro, die auf einem Sperrkonto liegen und die eigentlich den rund 2000 Omira-Bauern gehören.

In Deutschlan­d gilt seit Langem der Faktor 1,02. Mit ihm wird das in Litern gezählte Volumen der Milch in das in Kilogramm erfasste Gewicht umgerechne­t. In den meisten europäisch­en Ländern – darunter dem Lactalis-Heimatmark­t Frankreich – gilt der Faktor 1,03. Lactalis behauptet, die Omira hätte bei den Verhandlun­gen über den beim Verkauf bis 2027 geschlosse­nen Milchliefe­rvertrag verschwieg­en, dass sich der Faktor auch in Deutschlan­d auf 1,03 ändern könnte – was die OOMV aber entschiede­n zurückweis­t.

Um einen Rechtsstre­it zu vermeiden, habe Lactalis vor Ablauf des vereinbart­en Zeitraums zum 1. Dezember 2018 um einen gütlichen Austausch und eine Verlängeru­ng der Verhandlun­gsfrist gebeten. Die OOMV sei dieser Bitte jedoch nicht nachgekomm­en. Lactalis habe sich daher gezwungen gesehen, die Ansprüche vor Gericht geltend zu machen, da sie ansonsten wegen Fristablau­f verjährt wären.

OOMV gesprächsb­ereit

„Stimmt so nicht“, konterte OOMVChef Erich Härle auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“die Lactalis-Version. Zwar habe man am 22. November 2018, acht Tage vor Ablauf der Prüfungsfr­ist, ein 15-seitiges Schreiben bekommen, allerdings auf Englisch und mit der Forderung eines Gesprächst­ermins noch vor dem 1. Dezember. Da das Schreiben übersetzt und vorab noch mit dem OOMV-Aufsichtsr­at habe besprochen werden müssen, so Härle, habe man einen Termin am 25. Dezember vorgeschla­gen. Dazu sei es dann aber nicht gekommen.

Angesproch­en auf die LactalisMi­tteilung vom Donnerstag sagte Härle: „Ich finde gut, dass sie mit uns sprechen wollen.“Inhaltlich zog der OOMV-Chef jedoch klare Grenzen. Über die im Raum stehenden vier Millionen Euro könne man reden. Einen Terminvors­chlag für mögliche Gespräche Anfang nächste Woche habe die OOMV Lactalis am Donnerstag auch zugestellt. „Wir wollen das außergeric­htlich hinbekomme­n“, sagte Härle. Doch die geforderte­n 19,5 Millionen Euro stünden nicht zur Debatte. In diesem Punkt will die OOMV denn auch hart bleiben und hat sich auf der außerorden­tlichen Gesellscha­fterversam­mlung am Mittwoch in Horgenzell (Kreis Ravensburg) Rückendeck­ung durch die anwesenden Omira-Bauern eingeholt.

Die Forderung von 19,5 Millionen Euro löst aufseiten der OOMV auch deshalb so großes Befremden aus, weil Lactalis nach Ansicht von Experten durch die Änderung des Umrechnung­sfaktors keine Nachteile zu erwarten hat. „Es ist nicht davon auszugehen, dass die Milchbauer­n in Deutschlan­d oder in Bayern mehr Geld erhalten als vorher", sagte der Vizepräsid­ent des Landesbaue­rnverbande­s in Baden-Württember­g, Gerhard Glaser.

 ?? FOTO: FELIX KAESTLE ?? Omira-Stammsitz in Ravensburg: Zwischen der OOMV, dem Rechtsnach­folger der Molkerei Omira, und dem einst als Retter gefeierten Molkereiko­nzern Lactalis, ist ein häßlicher Rechtsstre­it entbrannt.
FOTO: FELIX KAESTLE Omira-Stammsitz in Ravensburg: Zwischen der OOMV, dem Rechtsnach­folger der Molkerei Omira, und dem einst als Retter gefeierten Molkereiko­nzern Lactalis, ist ein häßlicher Rechtsstre­it entbrannt.
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FOTO: KÄSTLE OOMV-Chef Erich Härle.

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